Heidelbergs Sammlung Prinzhorn

Ihr seelisches Leiden inspirierte sie

Heidelbergs Sammlung Prinzhorn zeigt mit der Schau "Extraordinaire!" bisher unbekannte Werke aus der Schweiz

11.10.2018 UPDATE: 12.10.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 27 Sekunden

Karl M. (1886-1942), "Pour la Réclame!" Sammlung Königsfelden. Foto: PDAG, Windisch

Von Heide Seele

Heidelberg. Diesmal sind es Schweizer Psychiatriepatienten, die in einer so anregenden wie nachdenklich stimmenden Ausstellung im Fokus stehen. Die Heidelberger Sammlung Prinzhorn bietet dazu wieder üppig vorhandenes Anschauungsmaterial. Mit dem gewohnten Sachverstand widmet sich die Ausstellung den Arbeiten der zu Recht als Künstler etikettierten Personen. Sie lebten um 1900 in psychiatrischen Einrichtungen. Zu ihrer kreativen Beschäftigung wurden sie einst durch ihre seelischen Leiden inspiriert.

Die Wanderausstellung "Extraordinaire!", die in der Voßstraße 2 gezeigt wird, gestattet wertvolle Einblicke in das engagierte Schaffen psychisch kranker Menschen, und einige dieser expressiven wie auch anrührend-privat erscheinenden Arbeiten dokumentieren zugleich das oft tragisch geprägte Leben der Patienten. Dass ihre künstlerische Arbeit ein wichtiges Ventil für sie darstellte, erscheint gesichert. Schließlich gab es seinerzeit schon zahlreiche sensible Ärzte, die, von der Heilkraft einer kreativen Beschäftigung überzeugt, diese als Therapie einzusetzen wussten. Das traf nicht nur auf Hans Prinzhorn zu. Katrin Luchsinger, die Kuratorin, hatte ihre Wanderausstellung zuerst in ihrer Schweizer Heimat gezeigt. Sie ist auch Mitherausgeberin des dickleibigen Katalogs, den sie gemeinsam mit Helen Hirsch und dem Prinzhorn-Chef Thomas Röske zusammenstellte. Stefan Hohenadl vom hiesigen Kulturamt hob die Förderung der Stadt mit jährlich 30.000 Euro hervor. Er hatte einst selbst in der zum Uni-Klinikum gehörenden Sammlung gearbeitet und konnte nun aus der Insider-Perspekive heraus Einblicke in die geplanten Erweiterungen geben.

Das Klinikum hat dem Museum Büros im Nachbargebäude zur Verfügung gestellt, so dass die Büroräume im Museum selbst frei geworden sind - u.a. für das Graphische Kabinett (siehe rechts). In die anderen Räume wird 2019 die neue Dauerausstellung einziehen. Eine neue Klimaanlage für die hinzukommenden Ausstellungsräume finanziert das Land Baden-Württemberg. Für eine große bauliche Erweiterung der Sammlung Prinzhorn werden noch Sponsoren gesucht.

Ingrid van Beyme unterstrich schließlich den hohen Stellenwert der aktuellen Ausstellung, die das fast dramatisch klingende Motto "Extraordinaire!" trägt. Viele Arbeiten sind aus weiblicher Hand. Besonderes Augenmerk kommt dem Psychiater Morgenthaler zu, der das Pflegepersonal in den Anstalten ausbildete. Zahlreiche historische Aufnahmen dokumentieren das Leben in den psychiatrischen Einrichtungen, aus denen manche Insassen mit Hilfe eines selbst gefertigten Dietrichs entkommen wollten.

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Einige Zeichnungen wirken wie Karikaturen, andere muten nahezu gespenstisch an und strahlen damit eine sinistre Atmosphäre aus. Man sollte sich diese Ausstellung nicht entgehen lassen.

Info: Sammlung Prinzhorn, Voßstraße 2 in Heidelberg-Bergheim. Bis zum 20. Januar.

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