Ausstellung "Unruhe und Architektur" in der Sammlung Prinzhorn
Die derzeitige Ausstellung findet anlässlich der Zwischenpräsentation der Internationalen Bauausstellung statt

Johann Knopf Architekturzeichnung "Alles auf dem alten Hof Großvater Reinhard aus Wünschelmichelbach" entstand vor dem Juni 1910. Foto: Sammlung Prinzhorn
Von Heide Seele
Heidelberg. Es ist erstaunlich, wie reichhaltig die berühmte Kollektion der Sammlung Prinzhorn ist. Dieser umfangreiche Fundus ermöglicht immer wieder aufs Neue Ausstellungen, die unter unterschiedlichen Gesichtspunkten entsprechend fruchtbare Erkenntnisse vermitteln. Diesmal werden "Unruhe und Architektur" auf ebenso harmonische wie originelle Weise kombiniert, und diese stringente wie zugleich locker kombinierte Zusammenstellung verleiht dem Projekt Spannung.
Dass Architektur aus unserem Leben nicht wegzudenken ist, kann zwar als Binsenweisheit gelten, ist aber dennoch einer Hinterfragung wert. Wie intensiv sich Gebautes auf den Menschen auswirken kann, hatte schon der Berliner Maler Zille betont, als er behauptete, man könne einen Menschen mit einer Wohnung erschlagen wie mit einer Axt. Befasst man sich mit dem Leben einstiger Insassen in psychiatrischen Anstalten, so ergeben sich dabei manche Übereinstimmungen. Denn nicht immer diente der Aufenthalt dem Wohl der Patienten.
Die derzeitige Ausstellung der Sammlung Prinzhorn, bei deren Vorbesichtigung Jochen Tröger vom Freundeskreis und Direktor Thomas Roeske einführende Worte sprachen, findet anlässlich der Zwischenpräsentation der Internationalen Bauausstellung Heidelberg (IBA) statt und ist mit Unterstützung von Stephen Craig (IBA-Kuratorium) und Cark Zillich (IBA-Kurator) entstanden. Auf gewohnt kundige Weise hat Ingrid van Beyme die Präsentation kuratiert.
Allein durch die geschickte Hängung der 150 Papierarbeiten und Gemälde, von denen einige noch nie zu sehen waren, werden die Gedanken der Besucher in bestimmte Richtungen gelenkt. So macht sie unter anderem auf ähnliche Erfahrungen der ihrem Schicksal hilflos Ausgelieferten und Parallelen hinsichtlich ihrer künstlerischen Aufarbeitung aufmerksam. Der Rundgang beschert auch dem mit der berühmten Kollektion gut Vertrauten neue Erkenntnisse und dient dazu dem Abbau von (zum Teil immer noch virulenten) Vorurteilen gegenüber psychisch Kranken. Es gibt auch einige bekannte Darstellungen, die inzwischen fast zu Ikonen der Sammlung Prinzhorn geadelt wurden wie etwa Josef Forsters "Mann ohne Schwerkraft", der zum Logo avancierte.
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Wie stark die Wirkung von Architektur auf unser Leben ist, wird nachdrücklich akzentuiert. Baumotive bilden daher verständlicherweise einen gewichtigen Schwerpunkt, sei es bei erwähntem Forster oder bei den Bildern im Kabinett, die von Patienten aus Heidelberg stammen. So wurde zum Beispiel der Klinikgarten als Malmotiv gewählt, und ein Johann Friedrich hielt für die Nachwelt fest, dass in seinem Schlafsaal einst acht Personen lagen. Traurige Impressionen dokumentieren die einstige Heidelberger "Irrenanlage", und sieht man in einer Darstellung von Joseph Schneller, wie sadistisch in den Heimen mit den Menschen umgegangen wurde, lässt sich nachvollziehen, wie mühsam der Weg zu ihrer angemessenen Unterbringung gewesen ist. Wie schon so oft bei den Ausstellungen in der Sammlung Prinzhorn vermittelt daher auch diese Veranstaltung viele neue Einblicke, etwa am Beispiel von Johann Heinrich Grebing, der von den Nazis umgebracht wurde. Gut, dass an diese Verbrechen wieder erinnert wird.
Info: Sammlung Prinzhorn Heidelberg, Voßstraße 2, bis 26. August. Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag 11-17 Uhr, Mittwoch 11-20 Uhr.



