So sieht die künstlerische Arbeit von Natascha Gangl aus
Interview mit der Dramatikerin - "Ich hoffe auf mehr bunte Formenvielfalt"

Von Volker Oesterreich
Heidelberg. Herzstück des Heidelberger Stückemarkts sind von Jahr zu Jahr die Autorenwettbewerbe. Außerdem freut sich das Publikum auf Gastspiele aus großen Häusern und Bühnen mit besonderem Profil. Auch diesmal sollte es so sein, doch dann kam die Corona-Krise. Das Festival fällt aus, aber trotzdem werden die sechs für Heidelberg ausgewählten neuen Bühnenstücke vorgestellt: nicht live vor Publikum, sondern als szenische Lesungen im Online-Portal www.nachtkritik.de
Zum Glück gehen die eingeladenen Dramatikerinnen und Dramatiker nicht leer aus, alle erhalten gleichberechtigt ein Preisgeld in Höhe von 2000 Euro. Ermöglicht hat das der Mäzen Manfred Lautenschläger, der gemeinsam mit dem Heidelberger Theater dafür eintritt, freie Künstler während der Corona-Krise zu fördern. Die RNZ hat mit allen Autoren E-Mail-Interviews geführt. Heute gibt Natascha Gangl einen Einblick in ihre künstlerische Arbeit.
Hintergrund
> Natascha Gangl wurde 1986 geboren. Sie schreibt Theatertexte, Prosa, Essays und erarbeitet szenische Installationen, Hörstücke oder Live-Klangcomics, in denen sie die Grenze zwischen Sprache und Musik, verstehbarem und erfahrbarem Sinn auslotet. 2013/4 war sie
> Natascha Gangl wurde 1986 geboren. Sie schreibt Theatertexte, Prosa, Essays und erarbeitet szenische Installationen, Hörstücke oder Live-Klangcomics, in denen sie die Grenze zwischen Sprache und Musik, verstehbarem und erfahrbarem Sinn auslotet. 2013/4 war sie Hausautorin am Staatstheater Mainz. Ihre Arbeiten wurden mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet.
Frau Gangl, wie entstehen Ihre Stücke?
Ganz unterschiedlich, im Fall von "Menschen im Wald" war es der Versuch, mich an hörbaren Spaltungen von Haltungen abzuarbeiten. Dazu gab es drei Impulse, die mich nicht losgelassen haben: ein Heimatroman meiner Großmutter, Ernst Jüngers "Der Waldgang", das H. C. Strache als Lieblingsbuch reklamierte, und das Bedürfnis, endlich eine Forschung über regionales Sprechen bzw. Dialekt auf Theaterbühnen zu beginnen.
Auch interessant
Was erzählen die Figuren von "Menschen im Wald" dem Publikum?
Ich demontiere hier einen klassischen Heimatroman-Plot: Eine Außenseiterin verzieht sich vom Dorf in den geliebten Wald und muss bald festzustellen, dass der Ort des Trostes die einzige mögliche Einnahmequelle ist. – Was hoffentlich übrig bleibt, sind drei wilde Frauen auf einer Bühne, die die gängige Rhetorik von "Mensch und Natur" anständig auseinandergenommen und geöffnet haben.
Wie gut kann man dramatisches Schreiben an Hochschulen lernen?
Das kommt wohl auf die Hochschule, Lehrende und Student*innen an und besonders auf glückliche Konstellationen. Ich habe am FORUM TEXT teilgenommen, gemeinsam haben sich da Blick und Gehör für Texte verfeinert, wir konnten viel praktisch mit Performer*innen und Regisseur*innen erproben – das war gut!
Kämen für Sie Drehbücher für TV-Produktionen, Serien oder Streaming-Angebote als Alternative zu Theaterstücken in Frage?
Ja klar, wenn die Mut zu und Lust auf Sprach- und Sprechexperimenten haben! Ich hoffe auf mehr bunte Formenvielfalt.
Wie werkgetreu muss eine Uraufführung sein?
Ich mag Kollaborationen. Meine Methode in der Textarbeit für Theater ist ein bisschen "Bauhaus", ich begreife gerade meine Theatertexte als Kästen mit verschiedenen Text-Modulen. Am liebsten stelle ich konkret für ein Team, eine Fassung zusammen, montiere Textblöcke aneinander, streiche und ergänze, und kann dann auch gut abgeben. Bei "Menschen im Wald" z. B. gibt es eine Urfassung der Texte in Baumform, die voneinander losgelöst und neu verbunden werden können.
Info: Die Beiträge der sechs Stückemarkt-Autoren werden ab nächstem Wochenende auf der Online-Plattform www.nachtkritik.de vorgestellt.



