Starke Farben verwendet Bernhard Bukowski bei seinem "Schwan". Foto: Hentschel
Von Ingeborg Salomon
Heidelberg. Wann unsere Vorfahren angefangen haben, in Felszeichnungen und Höhlenmalereien Tiere darzustellen, wissen wir. Warum sie es taten, wissen wir nicht so genau, vielleicht waren sie genauso fasziniert von ihren Mitgeschöpfen, wie viele Menschen das heute auch sind. Besonders Vögel als Symbole der Freiheit, der Kraft und der Schnelligkeit haben Künstler immer wieder inspiriert; auch in der Sammlung Hassbecker im Heidelberger Haus Cajeth finden sich viele Bilder zu diesem Thema. "Kopf und Vogel" heißt auch die neue Ausstellung, und der Untertitel verrät, worum es geht: "beschwingt, beflügelt, behütet".
"Im Frühjahr gab es im Kunsthaus Kannen bei Münster, ebenfalls ein Kunstmuseum für Art brut und Outsider Art, eine große Ausstellung zu diesem Thema. Wir hatten 30 Bilder von Pellegrino Vignali dafür ausgeliehen", erläutert Kuratorin Karin Mysz. Das Publikum sei so begeistert gewesen, dass "Kopf und Vogel" nun im Haus Cajeth gezeigt wird, die Hängung ist zugeschnitten auf die besonderen Räumlichkeiten des Barockpalais. Gleich im Treppenhaus sehen den Besucher geheimnisvolle Mischwesen an, gemalt von Anselme Boix-Vives. Sie scheinen nicht von dieser Welt zu sein, verstehen sich aber offenbar prächtig mit den Kopffüßlern und den seltsamen Vogelmenschen, die Egon Hassbecker auf Bretter gemalt hat. Gezeigt wird auch das Vignali-Tablett, dass der 2013 verstorbene Sammler mit Kopf und Schlangenvogel verziert hat.
Beim Rundgang sieht sich der Besucher immer wieder Auge in Auge mit verschiedenen Vögeln. Manche wirken wie Kinderzeichnungen mit ihren klaren Linien und kräftigen Farben. Wolfgang Brandl beispielsweise beobachtet sehr genau, seine Eule dreht dem Betrachter den Kopf zu, ihr Blick ist fragend. In unmittelbarer Nachbarschaft zu Brandls Bildern hängen Pflanzendarstellungen von Werner Streppel, schließlich brauchen Vögel ein Zuhause. In Streppels Bäumen und Büschen würden sie sich bestimmt wohlfühlen, sind doch alle gut verwurzelt in Töpfen oder in der Natur. Bei beiden Künstlern fällt auf, dass sie ihre Objekte zunächst mit dicken schwarzen Linien skizzieren, um sie dann mit leuchtenden Farben auszufüllen.
Ähnlich arbeitet auch Bernhard Bukowski, der über 20 Jahre in der Paulinenpflege in Winnenden gelebt hat, wo er 2016 auch gestorben ist. Mit liebevollem Blick hat er seine Tiere angesehen; so wird der Schwan von zwei Jungen begleitet, alle scheinen direkt auf den Betrachter zuzuschwimmen. Wer regelmäßig ins Haus Cajeth geht, wird sich freuen, einen alten Bekannten zu treffen, dem ein eigener Raum in der Ausstellung gewidmet ist. Ohne Pellegrino Vignali geht auch bei "Kopf und Vogel" gar nichts, erinnern seine Bilder doch stark an Höhlenmalereien und Felsbilder.
Sein "Assyrer" und "Der kleine Cesare" sind in sich ruhende Gestalten, deren Bedeutung sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Egon Hassbecker hat den Analphabeten Pellegrino in seinem Dorf in der Nähe von Canossa im Apennin oft besucht. "Obwohl Pellegrino durchaus gesprächig war, wollte er zu seinen Bildern nichts sagen. Einzig auf die Frage von Egon Hassbecker nach der Art Tupferei, die auf vielen seiner Bilder wiederkehrt, hat er sich geäußert. Das sei das tanzende Leben, was noch nicht fertig sei", zitiert Karin Mysz den Künstler.
Bei der Vernissage am Freitag wartet auf die Besucher eine besondere Überraschung. Studierende des Internationalen Studienzentrums der Universität haben unter Anleitung ihrer Dozentin Ellen Althaus-Rojas kurze Geschichten von Zugvögeln geschrieben, die vorgelesen werden. Außerdem hat die Publizistin Regina Keil-Sagawe ein kleines ABC der Vogelsprache zusammengestellt, das ebenfalls vorgetragen wird.
Info: Die Ausstellung "Kopf und Vogel" wird am Freitag, 24. November, um 19 Uhr im Museum Haus Cajeth eröffnet, sie ist bis 17. Februar zu sehen. Geöffnet ist Montag bis Samstag von 11 bis 17 Uhr.