Bad Rappenau

Krebsbachtalbahn wird doch reaktiviert und Bürgerentscheid ist vom Tisch

Der Gemeinderat Bad Rappenau hat sich nun doch für den regelmäßigen Bahnverkehr der Krebsbachtalbahn ausgesprochen.

29.10.2022 UPDATE: 28.10.2022 12:30 Uhr 3 Minuten, 12 Sekunden
Vor 13 Jahren stillgelegt, soll die Krebsbachtalbahn für den Linienverkehr reaktiviert werden. Vorgesehen ist auch ein Lückenschluss zwischen Obergimpern und Babstadt. Im zweiten Anlauf hat nun auch der Gemeinderat in Bad Rappenau dem 60 Millionen Euro teuren Vorhaben zugestimmt. Symbolfoto: Falk-Stéphane Dezort

Von Falk-Stéphane Dezort

Bad Rappenau. Die Krebsbachtalbahn wird zwischen Bad Rappenau und Neckarbischofsheim reaktiviert: Im zweiten Anlauf hat sich der Gemeinderat am Donnerstag vor zahlreichen Zuhörern nun also doch für das Großprojekt ausgesprochen – mit 21 Ja- und zwölf Nein-Stimmen.

Vor der Abstimmung hatte das Bad Rappenauer Gremium mehrheitlich einen Antrag der Freien Wähler abgelehnt. Die Fraktion wollte, dass der Tagesordnungspunkt zur Bahnreaktivierung auf einen Zeitpunkt nach dem für den 29. Januar 2023 geplanten Bürgerentscheid vertagt wird. "Jetzt gebietet es der Respekt gegenüber unseren Bürgern, diese nun auch darüber abstimmen zu lassen und das Ergebnis abzuwarten. Es besteht keinerlei Notwendigkeit, jetzt vorschnell unsere Bürger zu übergehen", betonte Freie-Wähler-Sprecher Rüdiger Winter in seiner Stellungnahmen den Antrag.

"Sie tun sich alle schwer mit der Entscheidung", entgegnete Oberbürgermeister Sebastian Frei. "Doch wir haben hier einen guten Kompromiss, der dem einen und dem anderen etwas abverlangt." Denn anders als im vergangenen Mai, als sich das Gremium noch mit 17 Nein- zu 14 Ja-Stimmen gegen das Projekt ausgesprochen hatte, sah der neuerliche Beschlussvorschlag nun auch vor, die Verwaltung damit zu beauftragen, mit Bund, Bahn und Land Gespräche zur Realisierung der Bahnunterführung "Hinter dem Schloss" wieder aufzunehmen.

Die mit der Reaktivierung einhergehenden häufigeren Schließzeiten an den Bahnübergängen in der Kernstadt, an denen es bereits im Berufsverkehr zu massigen Staus kommt, waren ein gewichtiges Gegenargument. Die Vorzeichen, eine solche Unterführung genehmigt und bezahlt zu bekommen, haben sich in den vergangenen Monaten allerdings gebessert: Laut Eisenbahnkreuzungsgesetz sind die Kostenträger einer Unterführung der Bund, die Bahn und das Land. "Ich bin zutiefst überzeugt: Wenn wir die Unterführung gefördert bekommen wollen, dann geht das nur über Mehrverkehr an den Kreuzungen. Wir haben jetzt die Chance, die beiden Projekte auf den Weg zu bringen", betonte der OB und riet von einer Zustimmung zum Freie-Wähler-Antrag ab. Denn beim Bürgerentscheid würden die Einwohner der Kurstadt über die Ratsvorlage aus dem vergangenen Mai abstimmen – also ohne den Punkt Unterführung. Keine Mehrheit bekam auch ein zweiter Antrag der Freien Wähler, der darauf abzielte, die Unterführung nicht an andere Themen wie die Bahn-Reaktivierung zu verknüpfen.

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Vor allem mit den Stimmen aus der CDU-Fraktion, die sich im Mai noch geschlossen gegen das Großprojekt ausgesprochen hatte, erzielte das Gremium nun doch die Mehrheit. Fraktionssprecherin Anne Silke Köhler war zuvor in ihrer Stellungnahme nochmals auf die Gegenargumente und Fragen eingegangen, beispielsweise den Flächenverbrauch beim Lückenschluss zwischen Obergimpern und Babstadt oder, dass in dem Gutachten, das dem Projekt zugrunde liegt, keine Alternativen zur Schiene geprüft wurden.

Zudem habe man in den vergangenen Monaten auf Fragen "überspitzt zusammengefasst" nur zwei Antworten erhalten: "Nämlich dass die Menschen einfach lieber Bahn als Bus fahren, und zum anderen, und das ist die zweite Antwort auf all unsere Fragen, es schlichtweg eine politische Entscheidung ist." Wenn man dann nach den ganzen Debatten, Telefonaten und Gesprächen zur Erkenntnis gelange, "dass die zwei Antworten nicht mit sachlichen Argumenten entkräftet" werden können, man für die Verbesserung des ÖPNV an einem Strang ziehen müsse und der "Gemeinderat oder die Stadt keine neue Buslinie oder gar ein neues Verkehrskonzept umsetzen kann", dann "kann man sich überlegen, ob es sinnvoll ist, weiter auf den eigenen sachlichen Entscheidungen zu beharren oder ob man nach vorne schaut und prüft, ob sich durch die Krebsbachtalbahn andere Vorteile für die Stadt erreichen lassen".

Diesen Vorteil sieht Köhler in der Möglichkeit, dass mithilfe der Bahn auch die Unterführung, die ein Herzensprojekt der CDU sei, umgesetzt werden kann. "Eine schrankenfreie Anfahrt für unsere Feuerwehr und den Rettungsdienst ist elementar lebenswichtig." Aufgrund der guten Vorzeichen müsse man "die Gelegenheit beim Schopfe packen". Köhler teilte die Ansicht der Verwaltung, dass ohne Bahn und weitere Schließzeiten eine Notwendigkeit einer geförderten Unterführung nur schwer begründbar ist. "Unterm Strich betrachtet, könnte Bad Rappenau im besten Fall eine neue Bahnverbindung nach Waibstadt und Meckesheim zusammen mit einer Unterführung für rund drei Millionen Euro Eigenanteil erhalten. Sachlich betrachtet ergeben sich beim Kompromiss also viele Vorteile, verbunden mit einem überschaubaren Kostenaufwand."

In die gleiche Kerbe schlug auch SPD-Fraktionsvorsitzende Gundi Störner. "Dieser Vorschlag stellt eine umfassende Chance dar, jetzt in Bad Rappenau etwas Grundlegendes zu gestalten. Wir haben als Gremium die Chance, den Status quo nachhaltig zu optimieren." Man habe nun die Möglichkeit, drei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. "So eine Chance kommt nicht alle Tage."

Und auch Klaus Ries-Müller, Fraktionssprecher der ÖDP, sprach sich für den Kompromiss aus, obwohl sich er und seine Mitstreiter immer gegen eine Unterführung eingesetzt haben: "Wir werden die Kröte Bahnunterführung schlucken, damit die Krebsbachtalbahn sicher auf die Schiene kommt." Eine Vertagung kam für ihn nicht infrage, zumal man damit auch für den "sicheren Tod der Bahnunterführung" sorgen würde. "Wer heute dagegen stimmt, der soll sich in Zukunft bloß nicht mehr über den schlechten ÖPNV aufregen", sagte Ries-Müller.

Bereits vor einigen Monaten hatten sowohl der Rhein-Neckar-Kreis und der Landkreis Heilbronn als auch der Gemeinderat in Neckarbischofsheim mehrheitlich für das Gemeinschaftsvorhaben gestimmt. Dementsprechend groß dürfte dort die Freude über die jetzige Entscheidung aus Bad Rappenau gewesen sein.

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