Rhein-Neckar

Kreisräte kämpfen für die Krebsbachtalbahn

Die Strecke soll für den Linienverkehr reaktiviert werden. Der Hauptprofiteur wäre Neckarbischofsheim. Macht Bad Rappenau mit?

19.07.2022 UPDATE: 19.07.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 54 Sekunden
Der historische „Rote Flitzer“ verkehrt seit dem Ende des Linienverkehrs als Touristenattraktion, hier bei Siegelsbach. Foto: Armin Guzy

Von Alexander Albrecht

Rhein-Neckar. Der Kreistag beschäftigt sich bei seiner Sitzung an diesem Dienstag (14 Uhr) unter anderem mit der Krebsbachtalbahn. Vor 13 Jahren stillgelegt, soll sie für den Linienverkehr reaktiviert werden. Die RNZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist die Krebsbachtalbahn? Die Stichbahn zweigt bei Waibstadt (Bernau) und nahe Neckarbischofsheim von der Schwarzbachtalbahn (Meckesheim-Neckarelz) ab und verläuft knapp 17 Kilometer entlang des Krebsbachs durch fünf Gemeinden und drei Landkreise bis nach Hüffenhardt. Dazwischen passiert sie den Neckarbischofsheimer Ortsteil Untergimpern, das zu Bad Rappenau gehörende Obergimpern sowie die Gemeinde Siegelsbach.

Worum geht es bei der aktuellen Diskussion? Die "Rote Flitzer" genannten historischen Bahnen verkehren weitgehend eingleisig, die Strecke ist nicht elektrifiziert. Der Grund: Der Linienverkehr ist bereits im Juli 2009 eingestellt worden. Seither dient die Krebsbachtalbahn nur noch touristischen Zwecken. Das soll sich ändern. Die Krebsbachtalbahn soll elektrifiziert und reaktiviert werden. Außerdem soll ein neuer, 2,7 Kilometer langer Gleisabschnitt zwischen Obergimpern und Bad Rappenau-Babstadt samt neuem Haltepunkt gebaut werden.

Wie soll das gehen? Grundlage ist eine 2018 von den Landkreisen Rhein-Neckar, Neckar-Odenwald und Heilbronn in Auftrag gegebene Kosten-Nutzen-Untersuchung. Damit die Investitionen förderfähig sind, müsste die Stadtbahnlinie durch das Krebsbachtal bis Meckesheim verlängert werden und damit auf der Schwarzbachtalbahn einen Teil der heutigen S-Bahn-Fahrten ersetzen. In Meckesheim gibt es auch einen Anschluss an den Regionalexpress. Das Land würde demnach die Betriebskosten für die reaktivierte Strecke zu 100 Prozent übernehmen. Für den Abschnitt Obergimpern-Hüffenhardt hat eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hingegen eine geringe Nachfrage belegt, daher soll die Teilstrecke stillgelegt werden.

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Was hätte der Rhein-Neckar-Kreis von der Reaktivierung? Ein besseres regionales Verkehrsnetz im Kraichgau. So gebe es zwischen Meckesheim und Waibstadt einen durchgängigen 20-/40-Minuten-Takt mit zwei Fahrtmöglichkeiten pro Richtung und Stunde. Hauptprofiteur wäre Neckarbischofsheim, das dann sowohl in Richtung Heidelberg als auch in Richtung Heilbronn direkt an das Schienennetz angebunden wäre. Bei der derzeitigen Streckenführung haben mehr als die Hälfte der Berufstätigen im Einzugsbereich der Krebsbachtalbahn keine Möglichkeit, mit dem öffentlichen Nahverkehr an ihren Arbeitsplatz in Heilbronn zu kommen, nennen Befürworter des Projekts ein weiteres Argument.

Gäbe es auch Verlierer? Ja. Verschlechtern würde sich das Angebot auf der Mischverkehrsstrecke (S-Bahn und Stadtbahn) Waibstadt (Bernau)-Aglasterhausen von einem 30-Minuten-Takt in den Hauptverkehrszeiten zu einem Stundentakt. Dasselbe Schicksal würde den Helmstadt-Bargenern in Richtung Aglasterhausen drohen. Deshalb macht der Rhein-Neckar-Kreis sein Engagement davon abhängig, dass der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) die Nachteile ausgleicht oder das Land einen Busverkehr in dieser Region finanziert.

Warum ist Bad Rappenau ausgeschert? Der Gemeinderat der Kurstadt hatte knapp gegen die Reaktivierung der Krebsbachtalbahn votiert. Kritiker des Projekts machten unter anderem die hohen Investitionskosten von etwa drei Millionen Euro dafür verantwortlich und befürchteten, dass der für Bad Rappenau errechnete Anteil mit Blick auf Inflation und Preissteigerungen noch stark ansteigt. Die gewünschte Verbesserung des Nahverkehrs könne auch durch eine Veränderung der Buslinie und einer Taktverdichtung erreicht werden, hieß es. Damit ist das Thema aber noch nicht vom Tisch. Initiatoren eines Bürgerbegehrens für einen Linienverkehr auf der Strecke haben nach eigenen Angaben die erforderliche Zahl an Unterschriften gesammelt, um das Verfahren auf den Weg zu bringen.

Was würde das Projekt kosten und wie hoch wäre der Anteil für den Rhein-Neckar-Kreis? Nach einer vorläufigen Prognose würden sich die Planungs- und Baukosten für die Reaktivierung und Elektrifizierung sowie Erweiterung der Krebsbachtalbahn auf rund 61,2 Millionen Euro belaufen. Der Rhein-Neckar-Kreis und der Kreis Heilbronn wollen den nach Abzug von Zuschüssen fälligen Anteil von 9,4 Millionen Euro zu 53 beziehungsweise 47 Prozent tragen. Der Rhein-Neckar-Kreis müsste demnach innerhalb von acht Jahren knapp über fünf Millionen Euro bezahlen, wovon Neckarbischofsheim 2,6 Millionen Euro übernehmen will.

Was sagen die Kreisräte? Es gilt bei der Sitzung in Schriesheim eine breite Mehrheit für das Projekt als gesichert. "Wir sehen die Pläne durchweg positiv, auch wenn man natürlich noch abwarten muss, wie es in Bad Rappenau weitergeht", sagt John Ehret von den Freien Wählern. Frank Werner (CDU) nimmt den SPNV mit Blick auf die Situation in Helmstadt-Bargen in die Pflicht, dadurch würde das Projekt auch insgesamt an Akzeptanz gewinnen. Für Claudia Felden (FDP) ist die Reaktivierung ein Garant dafür, dass der ländliche Raum nicht abgehängt wird, und Stefan Geißler von den Grünen meint: "Schienengebundener Nahverkehr ist immer attraktiver als Busse."

Es gibt also keine Bedenken? Doch. Ralf Göck (SPD) würde es den Kraichgauern gönnen, dämpft jedoch die Erwartungen. "Wir müssen schon klarmachen, dass das Projekt nicht im nächsten Jahr kommt." Sorgen bereiten ihm zudem die Kosten. Göck kann sich nicht vorstellen, dass es bei den mehr als 61 Millionen Euro bleibt. "Das können am Ende vielleicht auch hundert Millionen Euro werden."

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