23 ukrainische Kinder in Jugendherberge eingezogen
Stadt und Kreis arbeiten zusammen. OB Just betont die "humanitäte Verantwortung"

Von Philipp Weber
Weinheim. Die frühere Jugendherberge füllt sich: Weitere Kinder und Betreuer aus der Ukraine sind am Dienstag in dem eigens ertüchtigten Herbergsbau in der Breslauer Straße angekommen. Das teilten der Rhein-Neckar-Kreis und die Stadt Weinheim in einer gemeinsamen Presseerklärung mit. Der Mitteilung zufolge handelt es sich um 23 Kinder und 19 Erwachsene. Bereits vergangene Woche waren 26 Kinder und 13 Begleitende eingezogen.
Bei den am Dienstag angekommenen Minderjährigen und Erwachsenen handele es sich um Kinder aus Pflegefamilien, die mit ihren Betreuern angereist sind. Sie stammten aus dem Osten und dem Süden der Ukraine, so Susanne Uhrig, Sprecherin des Rhein-Neckar-Kreises, auf RNZ-Anfrage. Diese Kinder und Betreuer gehören also nicht zu der Einrichtung, aus der die Geflüchteten des Transfers von vergangener Woche stammen. Deren Aufnahme hat offenbar funktioniert.
"Wir sind sehr froh, dass wir die erste Gruppe von Kindern gut aufnehmen konnten. Das wurde im Zusammenspiel zwischen der Stadt und dem Kreis sehr effektiv und im Sinne der Kinder organisiert", betont Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just: "Jetzt haben wir die Sicherheit, dass es auch bei der nächsten Gruppe zu schaffen ist. Unsere humanitäre Verantwortung wird angesichts eines immer grausamer geführten Krieges größer", so der OB.
Damit sind im Moment etwa 80 geflüchtete Menschen in der früheren Jugendherberge angekommen, die Gesamtkapazität beträgt 130 Betten. Dabei sei jedoch zu beachten, dass bei der Zuteilung der Betten und Zimmer Rücksicht auf die jeweiligen Familienverbände genommen werden muss, so Kreissprecherin Uhrig. Dies führt dazu, dass die volle Kapazität nicht ausgenutzt wird.
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Landrat Stefan Dallinger ging lobend auf die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Weinheim ein. Die "kommunale Familie" arbeite Hand in Hand zusammen. "Wir haben keine Sekunde gezögert, als aus der Ukraine die Anfrage kam, ob wir eine weitere Gruppe Kinder und Jugendlicher samt ihrer Bezugspersonen aufnehmen könnten", so Dallinger. Während man auf Bundesebene noch über ein gesondertes Verteilverfahren für solche Gruppen diskutiere, sei man auf kommunaler Ebene in Vorleistung getreten. Man habe Tempo gemacht und einen sicheren Aufenthaltsort für die Geflüchteten geschaffen. Wie bereits mehrfach berichtet, kam dabei allerdings auch Unterstützung aus der Bürgerschaft: So halfen Weinheimer Handwerksbetriebe bei der Überholung der eigentlich zum Abriss vorgesehenen Herberge. Ehrenamtliche bezogen die Betten mit gespendeter Bettwäsche und legten Willkommensgeschenke für die Kinder bereit. Freiwillige Helfer und ortsansässige Friseure organisierten darüber hinaus eine Fahrt in einen Friseursalon, wo sich die ukrainischen Kinder nach langer Zeit endlich wieder die Haare schneiden lassen konnten.
"Die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die helfen wollen, ist sehr groß", bestätigt Kreissprecherin Uhrig. Die Behörden bitten die Hilfsbereiten trotzdem darum, sich zurückzuhalten und den zum Teil offenbar stark unter den Eindrücken von Krieg und Flucht stehenden Kindern und Jugendlichen Zeit zum Ankommen zu geben. Das hatten der Kreis, die Stadt und eine der Initiatorinnen des ersten Transfers bereits vergangene Woche erklärt.
In Sulzbach sind der dortige Bürgersaal und die Schulturnhalle weiterhin so eingerichtet, dass Flüchtlinge aus der Ukraine rasch aufgenommen werden können. Ansonsten sind die Räume noch leer. In der Kreissporthalle bei den Berufsschulen leben dagegen bereits geflüchtete Menschen. Die Gesamtkapazität dieser Halle liegt bei 200 Betten. Derzeit sind nicht alle Plätze belegt.
Update: Mittwoch, 13. April 2022, 08.56 Uhr
Weinheim. (RNZ) Weitere 23 Kinder und 19 Erwachsene sind in der Jugendherberge Weinheim untergebracht. Das teilt der Rhein-Neckar-Kreis mit.
Nachdem die Stadt Weinheim und der Rhein-Neckar-Kreis bereits in der vergangenen Woche 26 Kinder mit 13 Begleitern aus der Ukraine aufgenommen hatte, konnten am Dienstag in der Jugendherberge weitere 23 Kinder und 19 Erwachsene einziehen.
"Wir haben keine Sekunde gezögert, als aus der Ukraine die Anfrage kam, ob wir eine weitere Gruppe ukrainischer Kinder und Jugendlicher samt ihrer Bezugspersonen aufnehmen könnten", so Landrat Stefan Dallinger. Während man auf Bundesebene noch über ein gesondertes Verteilverfahren für solche Gruppen diskutiere, sei man auf kommunaler Ebene in Vorleistung getreten und habe für die Geflüchteten schnell einen sicheren Aufenthaltsort geschaffen.
"Unsere humanitäre Verantwortung wird angesichts eines immer grausamer geführten Krieges immer größer", sagt Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just.
Update: Dienstag, 12. April 2022, 11.55 Uhr
Helfer bringen Jugendherberge wieder ans Netz
Von Günther Grosch
Weinheim. Es ist eine noch nie da gewesene, aber beispielhafte Gemeinschaftsaktion der Stadt Weinheim, des Rhein-Neckar-Kreises, des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) sowie eines halben Dutzends örtlicher Handwerksunternehmen: Innerhalb kürzester Frist wollen sie 130 ukrainischen Waisenkindern und Betreuern eine Unterkunft bieten.
Über einen privaten Kontakt war vor gut zwei Wochen bekannt geworden, dass ein Waisenhaus in Kiew dringend einen Fluchtort sucht. Mit der seit gut zwei Jahren leer stehenden Jugendherberge in der Weststadt sehe man sich in der Lage, Kindern und Betreuern kurzfristig ein Dach über dem Kopf und geeignete Wohnräume zur Verfügung zu stellen, war man sich aufseiten des Rathauses, des Jugendherbergswerks und des Landratsamts rasch einig.
Der Haken an der Sache: Die Technik des unbewohnten Hauses, das abgerissen und bis 2025 durch einen Neubau ersetzt werden soll, muss nach dem langen Leerstand wieder auf Vordermann gebracht werden. Die Wasserpumpen haben sich durch den Stillstand festgefressen, die Gaszuleitungen zum Brenner weisen undichte Stellen auf, die elektrische Schaltschrankregelung muss ausgetauscht werden – und auch die Elektrik insgesamt entspricht nicht mehr den aktuellen Erfordernissen: Das verdeutlichte Michael Seehaus, Haustechniker der Stadt, als die Verwaltungs- und Pressevertreter sich am Dienstag zum Rundgang durch die 35 Drei- und Vierbettzimmer, fünf Gemeinschaftsräume sowie neun separaten Zimmer für die Betreuer trafen.

Die Weinheimer Unternehmen Kadel (Gas- und Wasser-Installation) und Amend (Elektro), die Rippenweierer Schreinerei Schmidt-Weidenthaler sowie die Reinigung Weidler sprangen den Stadtwerken und dem Baubetriebshof bei. Dafür musste der eine oder andere freilich andere Arbeiten erst einmal zurückstellen. "Alle Beteiligten haben äußerst pragmatisch agiert", lobte Oberbürgermeister Manuel Just die Helfer und nicht zuletzt das Jugendherbergswerk.
Das DJH habe sich in keinem Augenblick daran gestört, dass die Stadt Weinheim das Vorhaben in die Hand nahm, obwohl sich die Jugendherberge gar nicht in kommunalem Eigentum befindet. "Wir sehen uns zum einen in der Rolle des Vernetzers und tragen zum anderen bei der Beseitigung der Sicherheitsmängel die Verantwortung für die Hardware, also die Ertüchtigung des Gebäudes. Der Rhein-Neckar-Kreis übernimmt anschließend den Betrieb, also die Software", so Just. Dass es "nicht unbedingt einfach" gewesen sei, die Jugendherberge wieder "ans Netz zu nehmen", verhehlte er nicht. Umso höher sei allen Beteiligten ihr Engagement anzurechnen: "Alle haben ohne großes Abwägen einen wertvollen Beitrag geleistet."

Von wo genau und wann die jungen Menschen im Alter zwischen zwei und 16 Jahren in Weinheim ankommen, wusste OB Just nicht zu sagen: "Da befinden wir uns noch im Blindflug." Sollten sie noch vor der Bezugsfertigkeit des Gebäudes – voraussichtlich Ende dieser Woche sind die Arbeiten fertig – eintreffen, werden sie vorübergehend im Bürgersaal und in der Turnhalle der Carl-Orff-Grundschule in Sulzbach untergebracht. Ihre großzügige Hilfe sagten zudem ein im Ruhestand befindlicher Weinheimer Kinderarzt und zwei Kinderpsychologen sowie die Mitglieder des Arbeitskreises Asyl zu.
Gesichert ist gleichfalls die Verpflegung der Flüchtlinge durch die im Haus vorhandene Küche. Als Alternativen stehen die Mensabetriebe der benachbarten Zweiburgenschule sowie des Dienstleistungsgebäudes der Sparkasse bereit. Und auch Gastronom und Caterer Rolf Pflästerer von der Burg Windeck hat sich als Koch angeboten.
Allerdings, das machte Just sehr deutlich, wolle man zunächst einmal "sensibel in den Personenkreis hineinhören", sich also zunächst nicht allzu heftig in den laufenden Betrieb des Waisenhauses einmischen. "Sie sollen ihre Arbeit möglichst in der Weise fortsetzen, wie es alle von daheim gewohnt sind. Vor allem aber sollen sie von sich aus artikulieren, was sie gebrauchen können oder woran es ihnen mangelt."
Aus diesem Grund gilt auch Justs wie Seehaus’ dringender Appell an alle Bürger, vorläufig bitte keine Kartons mit Spielsachen oder Kleidung zu spenden. Sollte sich ein entsprechender Bedarf herausstellen, werde man die Öffentlichkeit darüber informieren.