Heidelbergs Dächer haben Potenzial
Die Photovoltaik-Anlagen sollen weiter ausgebaut werden. Die Energiegenossenschaft und die Stadt unterstützen bei der Finanzierung.

Von Julia Schulte
Heidelberg. Für seine Pressekonferenz hatte sich Oberbürgermeister Eckart Würzner einen eher ungewöhnlichen Ort ausgesucht: mitten im Handschuhsheimer Feld, in einer Halle des Landwirtschaftsbetriebs "Weigolds Beerenhof". Grund für diese unübliche Ortswahl war, dass auf dem Dach der Halle anschaulich zu sehen ist, wie es Heidelberg schaffen möchte, klimaneutral zu werden: durch die Nutzung erneuerbarer Energien. Oder genauer gesagt: durch die Förderung von Photovoltaik-Anlagen auf Dach- und Fassadenflächen.
"Die Weigolds hatten hier eine großartige Idee", sagte Würzner, denn das Errichten von Solaranlagen auf Flurflächen stehe immer in Konkurrenz zum landwirtschaftlichen Anbau – "und gerade bei den hochwertigen Böden, die wir hier haben, sollte die landwirtschaftliche Nutzung bevorzugt werden", so der OB.
Die Photovoltaik-Anlage auf dem Hallendach der Familie Weigold ist eine von 130 Anlagen, die nach Angaben der Stadt 2021 neu installiert wurden und zusammen eine Leistung von zwei Megawatt erzeugen. Das entspricht dem jährlichen Bedarf von 960 Zwei-Personen-Haushalten und einer Einsparung von über 1000 Tonnen klimaschädlichem Kohlendioxid. Die Stadt hat die Anlagen durch komplementäre Förderungen mit über 200.000 Euro unterstützt. Die Anlage der Weigolds hat eine Spitzenleistung von 91,2 Kilowatt. Über 530 Quadratmeter erstrecken sich die Module auf dem Hallendach – ein großes und teures Projekt, wie auch Würzner betonte.
Gerade die Kosten waren es, die die Weigolds zunächst zweifeln ließen. Der Betrieb ist auf den geschützten Anbau von Beeren spezialisiert, wodurch im Sommer viel Strom für die Kühlung verbraucht wird. "Seit letztem Frühling sind die Stromkosten erheblich gestiegen und ich habe dann ein Angebot für eine Solaranlage auf dem Dach eingeholt – und mich erst mal erschreckt", so Hermann Weigold. Denn hätte die Familie die Anlage selbst finanziert, hätte sie sich erst in etwa 20 Jahren rentiert, "und da will ich eigentlich schon in Rente sein und meine Kinder werden den Hof wohl nicht übernehmen", so Weigold.
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Die Lösung war dann die Errichtung der Anlage durch die Heidelberger Energiegenossenschaft (HEG) mit zusätzlicher Förderung durch die Stadt. Die HEG wurde 2010 mit dem Ziel gegründet, den Ausbau erneuerbarer Energien in der Region voranzutreiben, und hat inzwischen 1000 Mitglieder. Sie plant, finanziert und errichtet Solaranlagen. Die Weigolds erhalten so Strom zum Vorzugspreis, während der nicht vor Ort genutzte Strom in das örtliche Netz eingespeist wird.
"Ich kann bislang nur Positives berichten", sagte Weigold. Vor allem die Kooperation mit der HEG lobte er: "Wir mussten uns um nichts kümmern." Sein Unternehmen würde durch die Anlage weiter die eigene Nachhaltigkeit voranbringen und zudem einen Beitrag für die Allgemeinheit leisten, sagte der Landwirt. Genau darum geht es auch der HEG: Vorstand Andreas Gißler erklärte, dass die Photovoltaik-Anlage auf dem Hallendach der Weigolds eigentlich nicht so wirtschaftlich sei, da der Stromverbrauch vor Ort vergleichsweise gering sei. Außerdem habe man zuerst das eher dünne Stromnetz im Feld ausbauen müssen. "Aber es geht uns nicht um die Wirtschaftlichkeit, sondern darum, viel zu erzeugen. Bei der Energiewende müssen einfach alle mitmachen", so Gißler.
Sabine Lachenicht, Leiterin des Umweltamts, sagte, sie gehe davon aus, dass die Dächer der Heidelberger Höfe noch ein Potenzial von 16 Megawatt bergen. Generell lohne sich die Installation auf allen Dächern aufgrund der steigenden Strompreise und die Stadt biete den Bürgern daher eine kostenlose Solarberatung. Zusätzlich soll das Potenzial der Dächer der Uni-Gebäude genutzt werden. "Bis 2025 soll die Sonnenergie in Heidelberg um zusätzliche 25 Megawatt ausgebaut werden", sagte Würzner.