Das sind die aktuellen Projekte in Obrigheim
Drei Baugebiete, zwei Sanierungen und eine Wahl: Die 1250-Jahr-Feier hat man in der Gemeinde schon fest im Blick. Hier ist mehr als nur ein Neckarfest geplant.

Von Peter Lahr
Obrigheim. Voller Tatendrang präsentiert Obrigheims Bürgermeister Achim Walter die aktuellen Projekte der Neckargemeinde.
Herr Walter, vermissen Sie den ausgefallenen Neujahrsempfang?
Wie letztes Jahr haben wir die für den Neujahrsempfang zusammengestellte Präsentation auf die Homepage der Gemeinde gestellt. Aber ohne persönliche Erklärungen ist es anonymer und hat einen anderen Stil. Dennoch wollen wir zeigen, was trotz Corona möglich war.

In welchen Bereichen trafen Sie die Einschränkungen besonders hart?
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Wir hatten früher in Obrigheim, Asbach und Mörtelstein ein reichhaltiges Vereinsleben. Das ist nun sehr eingeschränkt. Die Vereine bemühen sich zwar nach Kräften, und wir als Gemeinde schicken regelmäßig die aktuellen Regularien an die Vorstände. Spannend wird es aber nach Corona werden. Dann wird sich zeigen, inwiefern es gelingt, die Vereine wieder nach vorn zu bringen. Ich bin überzeugt, dass ein Großteil wieder durchstarten kann.
Welche großen Vereine sind aktiv?
Der SV Germania Obrigheim ist der größte Verein neben dem FC Asbach und dem SV Mörtelstein. In Obrigheim gibt es aber nicht nur Gewichtheben, auch Handball, Turnen und Tischtennis bilden neben anderen Sparten den hiesigen Amateursport ab. Die Gewichtheber sind nahezu alle Amateursportler, agieren aber schon seit über 30 Jahren sehr erfolgreich auf Bundesligaebene. Derzeit sind wir Tabellenführer in der 1. Bundesliga.
Wir tun uns derzeit mit den Corona-Bedingungen besonders schwer, weil die Einnahmen bei den Wettkämpfen die sportartbedingten Aufwendungen tragen müssen. Mindestens ebenso schwer haben es die musischen Vereine, Sänger und Kirchenchöre. Da macht sich auch der höhere Altersdurchschnitt bemerkbar. Dennoch wollen wir positiv ins neue Jahr reingehen, denn die Vereine tragen das Gemeindeleben, sie sind wichtig für das kulturelle Leben vor Ort.
Ein großes Thema wirft bereits für 2023 seine Schatten voraus ...
Wir haben für die 1250-Jahrfeier bereits einen runden Tisch mit den Vereinen gegründet. Da auch Neckarzimmern und Neckarelz im Lorscher Codex erwähnt wurden, wollen wir am 24./25. Juni 2023 ein gemeinsames Neckarfest feiern. Darüber hinaus soll in Obrigheim das ganze Jubiläumsjahr über etwas stattfinden. Wir haben schon relativ viele Ideen. Verstärkt wollen wir die Vereine mit einbinden, aber auch engagierte Bürger sind willkommen.
Auch die beiden Städtepartnerschaften mit dem französischen Chantepie (Metropol Rennes) und dem slowenischen Krsko sollen wiederbelebt werden. Wir möchten ein Festwochenende im Juli veranstalten, dazu den Weihnachts- und Kiliansmarkt verstärken. 2023 haben wir auch die Neckar-Odenwald-Tage in Obrigheim, der Arbeitskreis Heimatpflege soll hier tagen und wenn es klappt, wird es einen Naturparkmarkt geben. Auch die Kindergärten und Schulen werden sich beteiligen, eventuell auch die Gewerbetreibenden. Da die 1200-Jahrfeier 1973 ausfiel, wollen wir eine Ortschronik herausgeben.
In Obrigheim gibt es gleich mehrere Bauprojekte. Wie ist da der Status quo?

Der evangelische Kindergarten wurde saniert und erweitert. Der dürfte im Sommer eröffnet werden. Trotz Materialmangel gelang es uns, mit der Bauzeit halbwegs hinzukommen. Jedes Jahr sanieren wir ein, zwei Straßen – wenn nötig inklusive Kanalsanierung. Wir waren nach Aglasterhausen eine der ersten Kreisgemeinden, die Glasfasern verlegen. In einem Jahr sollten dann das Leitungsnetz und die Hausanschlüsse einsatzfähig sein.
Drei Baugebiete sind im Gespräch. Wo sollen neue Häuser entstehen?
In Asbach plant ein privater Entwickler am Baugebiet Lücke und Berg sechs Wohnhäuser. Ebenfalls in Asbach wollen wir beim Baugebiet Hofäcker weiterkommen. 21 Bauplätze sollen entstehen, das Verfahren läuft schon und ist auf einem guten Weg. Relativ groß wird das Baugebiet Münchberg, hier könnten auf sieben Hektar 160 bis 180 Wohneinheiten entstehen. Bei der Projektgröße haben wir uns bewusst für eine frühzeitige Bürgerbeteiligung entschieden. Es gab bereits eine gut besuchte Infoveranstaltung in der Neckarhalle.
Nun werden die Anregungen und Bedenken zusammengefasst, die Fachbehörden hinzugezogen und schließlich wägt der Gemeinderat ab, wie der Aufstellungsbeschluss aussieht. Dann wird die Öffentlichkeit ein zweites Mal einbezogen. Das Baugebiet liegt in der Nähe der alten Tennisplätze und des Schützenhauses und wird derzeit als Wiese, Acker und Obstbaumbestand genutzt. Von den alten Bäumen wollen wir einige ins Bebauungskonzept einbeziehen. Ein Regenwasserrückhaltebecken sowie ein Lärmgutachten gehören ebenso zu den Vorarbeiten. Später wollen wir die Bauplätze zeitlich getaktet auf den Markt bringen.
Wie steht Obrigheim finanziell da?
Ein neues Baugebiet belastet zunächst einmal den Haushalt, aber wir haben einen Vorteil, denn wir verfügen über gewisse Rücklagen. Zuerst aber wird unser Haushalt negativ sein. 2019/20 hatten wir zwei sehr gute Jahre, was den zweijährig gesetzten Finanzausgleich nun belastet. Wir haben 2021/22 jeweils einen wesentlich schlechteren Haushalt, den wir durch Rücklagen ausgleichen können.
Wie kommen Sie mit dem Kameralistik-Prinzip Doppik zurecht?
Unser Kämmerei-Team hat es sehr gut umgesetzt, wofür ich dankbar bin. Die Mitarbeiter haben zum Teil ihre Arbeitszeit aufgestockt und enormen Einsatz eingebracht. Es hat dann hervorragend geklappt. Auch der Gemeinderat hat sich mittlerweile arrangiert. Wir müssen stets den Ausgleich schaffen. Im Ergebnishaushalt haben wir zwölf Millionen Euro Rücklagen, die werden aber stark runtergehen. Es kommen schwierigere Zeiten. Auf der anderen Seite ist es ja genau so gedacht: Wenn die Gemeinde zum Beispiel ein Gebäude neu baut, verliert sie sukzessive im Lauf der Zeit wieder an Wert. Unsere größten Kostenblöcke bestehen im Unterhalt älterer Gebäude. Die müssen wir in Schuss halten, um den Wert zu erhalten.
Auch die Gemeinschaftsschule?
Hier gehen wir dieses Jahr die Renovierung und Ausgestaltung an. Die zweizügige Gemeinschaftsschule wurde 2014/2015 beantragt und läuft seit dem Schuljahr 2017/18, optional ist eine Ganztagsgrundschule wählbar. Momentan ist der Gemeinderat dabei, über den Standort eines weiteren Gebäudes zu entscheiden, dann wird der Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Das wird sich sicher über drei Jahre hinziehen, bis es steht.
Gibt es weitere Baumaßnahmen?
Die Neckarhalle muss in absehbarer Zeit saniert werden. Etwas zäh gestaltet sich die Situation am Asbach, der renaturiert werden soll – inklusive Hochwasserschutz. Aber wir sind auf einem guten Weg. Auch am Heiligenbach ist einiges geplant. Die Verdohlung soll leistungsfähiger werden.
Wie sieht es in Obrigheim mit Angeboten für die Jugend aus?
Wir hatten ein Jugendhaus, das musste der Kindergarten-Erweiterung weichen. Da sich der Tennisverein aufgelöst hat, wird das alte Vereinsheim nun mit neuem Leben erfüllt und als Jugendhaus genutzt. Die beiden alten Tennisplätze sollen zur Spiel- und Sportstätte umgestaltet werden. Eine Gemeindemitarbeiterin betreut die Jugendlichen freitagnachmittags und nach Bedarf. Vor Corona lief das Jugendhaus am alten Standort zwar besser, aber die Ausnutzung läuft meist in Wellenbewegungen. Wir versuchen kontinuierlich, der Jugend etwas zu bieten. Auch sorgen wir regelmäßig für neue Spielgeräte auf den Spielplätzen.
Auf der anderen Seite stehen die Senioren. Was bietet Obrigheim ihnen?
Erst kürzlich hat sich wieder der Seniorenbeirat getroffen. Vor Corona hat die Gemeinde regelmäßig einen Seniorennachmittag und zwei Seniorenausflüge im Jahr angeboten. Da man im Moment keine Fahrt planen kann, wollen wir im Sommer ein Grillfest im Freien organisieren. Auch die Gemeinderatsfraktionen bringen sich hier ein. Daneben gestalteten auch beide christliche Kirchen und das DRK Asbach regelmäßige Seniorenangebote. Das Seniorenheim ist seit ein paar Jahren in Betrieb und wird gut angenommen. Bis zur Pandemie bestanden auch gut Kontakte – etwa zu den Kindergärten und Schulen. Die mussten jetzt erst einmal runtergefahren werden.
Wie weit sind Sie in Obrigheim mit dem digitalen Rathaus bereits gekommen?
Seit Januar gibt es ein neues, elektronisches Ratsinformationssystem, das die Handreichung auf Papier ersetzt. Angestrebt wird eine Verlinkung auf die Gemeindehomepage, um auch die Bevölkerung digital zu informieren.
Im Oktober steht die Bürgermeisterwahl in Obrigheim an. Sie kandidieren für eine zweite Amtszeit?
Die letzten acht Jahre sind relativ schnell vergangen. Ich möchte auf alle Fälle wieder antreten, noch viel bewegen. Besonders reizt es mich, das bald frei werdende Kernkraftwerkgelände neu zu gestalten. Obrigheim verfügt über Potenzial, was Bau- und Gewerbegebiete angeht. Das interkommunale Gewerbegebiet Techno hatte zunächst Anlaufschwierigkeiten, läuft jetzt aber prima.
Als Vater von drei schulpflichtigen Kindern sind für mich die Themen Schulbildung und Kinderbetreuung ganz wichtig. Demnächst bekommen wir sogar einen Bauernhof-Kindergarten. Ich habe noch viele Ideen, auch wenn das Projekt Bürgerbus derzeit schwierig umzusetzen ist. Bürgermeister zu sein ist für mich ein Traumberuf, deshalb habe ich mich vor acht Jahren hier beworben. Bei allem kritischen Hinterfragen fühle ich mich vom Gemeinderat mitgetragen.
Ich mag auch das persönliche Gespräch, sei es bei einer goldenen Hochzeit oder mit jüngeren Leuten im Ort. Da lernt man auch immer was und sammelt neue Ideen. Die Herausforderung, Bandbreite und die große Verantwortung als Bürgermeister hat ihre schönen und ihre schwierigen Seiten. Das hat sich erst letzte Woche bei den Ereignissen auf unserem Schulcampus gezeigt.
Die Bevölkerung, die Eltern und die Kinder erwarten in Krisenzeiten zurecht, dass die Polizei, die Rettungs- und Sozialeinrichtungen, die Schule und die Gemeindeverwaltung auch in einer solchen Situation den Überblick behalten und sie zu einem guten Ende führen.
Was macht eigentlich Birgit Siebig
Ob Ratsinformationssystem oder die auf dem Weg befindliche E-Akte: Erste Ansprechpartnerin ist die Digitallotsin Birgit Siebig, die auch im Bürgerbüro für viele das erste "Gesicht" des Rathauses darstellt.

"Ich habe den digitalen Wandel voll miterlebt, aus einer Kartei wurde eine Datei", erinnert sich die gelernte Verwaltungsfachangestellte an ihre Ausbildung, die 1985 im Obrigheimer Rathaus begann. Alle Ämter und Stationen hat sie dort durchlaufen. Anfangs war Siebig im Grundbuchamt, dann im Rechnungsamt tätig. "Nach den Kindern" ging sie ins Meldeamt – das heutige Bürgerbüro.
Ganz bewusst heiße das Rathaus Rathaus, denn die Menschen könnten sich hier auch Rat holen. Gerade Neubürger hätten eine ganze Palette von Fragen. Ob der Schulbesuch für den Nachwuchs oder der Rentenantrag, Birgit Siebig weiß Bescheid. Im Moment seien Führerscheine ein Brennpunktthema, auch hier geht es ja um ein digitales Thema. Mit Leichtigkeit gelingt ihr ein Spagat zwischen Alt und Neu. Ob Archiv oder Digitalisierung, sie findet beides interessant.
Auch wenn seit Januar Bauanträge digital gestellt werden können, gibt Siebig zu bedenken, dass vieles noch in den Anfängen stecke. Sie muss es wissen, arbeitet sie doch bereits seit Jahren "an der Schnittstelle zwischen Rathaus-Mitarbeitern und den externen Firmen". Um auf dem Laufenden zu bleiben, besucht sie regelmäßig Schulungen und vernetzt sich mit anderen Gemeinden, man müsse das Rad ja nicht mehrmals neu erfinden.
"Neue Dinge zu entwickeln, ist für mich interessant", beschreibt Siebig ihre Motivation. "Man muss mit der Zeit gehen, das Verstaubte ablegen." Wie wichtig das Digitale sei, habe man an Corona gesehen. Offenheit für Neuerungen sieht sie als Grundvoraussetzung für ihre Tätigkeit an; das Erfassenkönnen von kompakten Vorgängen und logisches Denken seien ebenfalls von Vorteil.
Gleichwohl fühlt sich die gebürtige Obrigheimerin auch nach 25 Jahren an einem anderen Wohnort noch mit den Leuten vor Ort verwurzelt. Vielleicht kommt daher auch ihr Faible für die Vergangenheit. "Ich suche schon auch gerne im Archiv alte Dinge raus", kommentiert sie die analoge Seite ihre Tätigkeit.