Die Elsenz braucht in Hoffenheim mehr Platz
Für den Hochwasserschutz soll sie verlegt und aufgeweitet werden. Dafür muss wohl manches weichen.

Von Julian Buchner
Sinsheim-Hoffenheim. Verlegt, verbreitert, naturnaher und vor allem sicherer für Hoffenheim soll sie werden. Bei den Gesprächen um die Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Elsenz wurde die Diskussion eröffnet und gefachsimpelt über Geotechnik, Renaturierung und Umweltschutz. In Zeiten von Abstandsgeboten kamen rund 70 Zuhörer in die Mehrzweckhalle. Deren Interesse war enorm, es gab zahlreiche Wortmeldungen, auch kritischer Art.
Die meisten Rückfragen und Kommentare gab es bei der zweistündigen Dialog-Veranstaltung zur Errichtung eines Rückhaltebeckens bei den "Erlenwiesen". An der Gemarkungsgrenze, rechts der Bundesstraße 45 Richtung Zuzenhausen, sollen 29 Hektar Fläche Einstaumöglichkeit entstehen – das entspricht gut 40 Fußballfeldern. "Gehalten von einem 3,3 Meter hohen Damm und geflutet wird sie erst bei zehnjährlichem Hochwasser", berichtet Holger Lauer vom Büro "Wald & Corbe", das die Gemeinden und deren Zweckverband schon seit Ende der 1990er-Jahre berät. Die Fläche sei weiterhin landwirtschaftlich nutzbar und "bei Flutschäden werden die betroffenen Landwirte entschädigt", erklärt der Ingenieur aus Hügelsheim.

Von einigen Baustellen spricht sein Kollege Fabian Knapp aus der Stuttgarter Niederlassung des Beratungsbüros. Gemeint sind bauliche Maßnahmen im Inneren von Hoffenheim aufgrund der aktuellen Situation. "Es ist zu eng", meint Knapp. Seinen Computerberechnungen zufolge würden die Häuser östlich der Ortsdurchfahrt in Teilen bis zu einem Meter unter Wasser stehen, wenn ein hundertjährliches Hochwasser kommt.
Als nötige Gegenmaßnahmen nennt Knapp eine Reihe von Bauprojekten: Begonnen am südlichsten Punkt bei der "Großen Minke", soll die Elsenz verlegt werden. Der alte Kanal wird verfüllt und ein breiterer entstehe nebenan. Von einem "dynamischen und naturnahen Gewässerverlauf", spricht Knapp. Es soll Kiesplätze für Fische und einen kurvenreichen Flussverlauf geben.
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Im zweiten Abschnitt, zwischen dem Sportplatz und der Brücke Eschelbacher Straße, soll die Elsenz rechtsseitig aufgeweitet werden. Ein Carport und eine überbaute Garage müssen dafür verschwinden, mehrere Kleingärten vermutlich "komplett weg", sagt Knapp und denkt zeitgleich über eine Ausgleichsfläche für die Betroffenen nach. Von einer Umsiedlung ist die Rede. Verlegt werden muss der Elsenzsteg, eine Überführung für Radfahrer und Fußgänger. "Die würden wir dann aber auch gleich breiter machen", kündigt Projektingenieur Knapp an.
Im dritten Bereich, zwischen der Brücke Eschelbacher Straße und dem Ortsausgang Richtung Zuzenhausen soll die Elsenz auf der linken Seite aufgeweitet werden. Kleingärten an der Birkigstraße müssen den ersten Plänen nach entweder ganz entfernt oder verkleinert werden. Auch hier denkt man über eine Umsiedlung oder eine Entschädigung nach.
Naturnah und erlebbar gemacht werden soll die Elsenz mit einem kleinen Park. Die Planer von "Wald & Corbe" stellten bei der Bürgerinformationsveranstaltung eine halbrunde Freizeitanlage mit Sitzsteinen vor. Eine begrünte Mittelinsel an der Elsenz und Zugang zum Wasser soll es geben, "mit Zufahrt über die Birkigstraße", stellt sich der Stuttgarter Planer vor.
Das positive Ziel der hauptsächlichen Verbreiterung des Flusses wäre ein um 30 Zentimeter abgesenkter Wasserspiegel und, so geht es aus den Unterlagen hervor, dass die Elsenz nicht mehr ostwärts – also Richtung Bebauung – über die Ufer treten kann. Lediglich mehrere Felder entlang der Bahnlinie zwischen Traubengraben und Balzfeldergraben würden geflutet. "Die sind natürlicherweise dafür da", konstatiert Knapp, und "das kommt auch nur bei hundertjährlichem Hochwasser vor."
Das Hochwasser könnte dann nahezu spurlos durch Hoffenheim ziehen. Bei ihren Berechnungen wurden auch ein "Klimazuschlag" sowie weitere 30 Zentimeter Sicherheitszuschlag inkludiert.
Dass die Planungen noch nicht konkret sind und der Austausch mit Anwohnern im Fokus stünde, darauf weißt Gerold Werner vom Zweckverband Hochwasserschutz Elsenz/Schwarzbach hin. "Im kommenden Jahr werden wir Gespräche führen und Pläne anpassen bis wir 2023 das Genehmigungsverfahren ins Auge fassen", erklärt Geschäftsführer Werner und versucht, manch kritischer Stimme an diesem Abend entgegenzuwirken. Mit etwas Glück könnte mit dem Bau schon Ende 2023 begonnen werden.
Dass es auch Gegner der Baumaßnahmen geben wird, dessen ist sich Werner sicher. "Aber", weist der Chef des Zweckverbandes hin, zu dem rund 20 umliegende Gemeinden gehören, "gehandelt werden muss, denn das nächste Hochwasser kommt bestimmt."