Sammlung Prinzhorn zeigt Humor aus der Psychiatrie
Es ist die erste Kooperation des Heidelberger Museum Sammlung Prinzhorn mit dem Musée Hôpital Sainte-Anne Paris.

Von Matthias Roth
Heidelberg. Vielen vergeht das Lachen, wenn sie an die Psychiatrie denken, auch wenn man die "Anstalt" selbst nur von außen kennt. Dennoch, das zeigt unter anderem die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg, haben viele Patienten - vor allem in früheren Zeiten - ihren Aufenthalt im "Irrenhaus" offenbar nur mit Humor ertragen. Einem Humor, der oft bissig war. Die jetzige Ausstellung im Prinzhorn Museum zeigt das auf eindrucksvolle Weise: Sie trägt den Titel "Wahnsinnig komisch - Follement drôle" und wird am heutigen Mittwochnachmittag eröffnet.
Dass der Titel (wie auch der dazu erschienene Katalog) zweisprachig ist, hat einen Grund: Diese Schau ist die erste Zusammenarbeit mit dem Musée d’Art et d’Histoire de l’Hôpital Sainte-Anne in Paris, wo diese Ausstellung bereits gezeigt wurde. Der Psychoanalytiker und Autor Jean Delay war hier als Arzt tätig, aber diese Klinik ist auch wegen berühmter Patienten bekannt: die Bildhauerin Camille Claudel und die Dichter Antonin Artaud und Paul Celan waren hier zeitweise in Behandlung.
Rund 150 Zeichnungen, Gouachen, Aquarelle und Collagen sind zu sehen, sie stammen aus beiden Sammlungen, wobei das Pariser Konvolut erst ab 1950 zusammengetragen wurde, also rund ein halbes Jahrhundert nach den Heidelberger Schätzen. Dabei ist auffallend, dass die Themen sehr ähnlich sind: Karikaturen, Groteskes, Schlüpfrig-Obszönes, Komisch-Närrisches, Sozial- und Psychiatriekritisches sowie tierische Satiren finden sich in beiden Sammlungen. Die Ausstellung ist daher auch in diese Kategorien gegliedert und stellt Arbeiten aus Paris und Heidelberg jeweils gegenüber. Nur einige wenige Großformate aus Paris können hier aufgrund des geringeren Platzes nicht präsentiert werden, ebenso sind einige lichtempfindliche Heidelberger Stücke nicht nach Paris gereist.
"Humor ist, wenn man trotzdem lacht", das sei der Motor vieler Psychiatriepatienten zu allen Zeiten gewesen, so Thomas Röske vor der Presse. Daneben sei Humor auch immer eine "Bewältigungsstrategie" in der eigenen Situation. Medizinisch gesehen seien scharfer Witz und beißende Groteske auch Merkmale der Schizophrenie.
Auch interessant
Einige Werke nehmen Bezug auf die Zeitgeschichte, den Klerus oder die eigene schmerzliche Situation und setzen diese in komische Szenen um. Die meisten aber drücken Spott gegenüber behandelnden Ärzten, der Klinik oder dem politischen System aus. So zeichnete Alois Marty seinen Psychiater als Pfeife rauchenden Affen hinter Gittern, und Maurice Blin karikiert zwischen 1946 und 1980 mit geübtem Strich nicht nur Jeanne d’Arc mit Schnapsnase und schielend, sondern auch die Geistlichkeit, die der Fleischeslust nicht abgeneigt ist.
Einen Weg zur großformatigen Malerei fand Caroline Macdonald (geboren 1952), die ab 1980 zahlreiche Malkurse im Sainte-Anne-Hôpital besuchte und großes Talent zeigt. Aus ihrer Serie mit Porträts der Französischen Revolution ist in Heidelberg ein beeindruckendes Beispiel zu sehen: "Docteur Guillotine" (1989), eine rund 150 mal 150 cm große Gouache auf Papier, die den Erfinder der "humanen" Tötungsmaschine als Hund karikiert. Ein besonderes Augenmerk verdient auch das Werk von Erich Spießbach (1901-56), dem ein eigener Katalog gewidmet ist und der sich intensiv mit der Dummheit seiner Zeitgenossen befasste: "Alles ist möglich", schrieb er, "aber das Dümmste ist am wahrscheinlichsten." Ein Satz, der bis heute nicht zu widerlegen ist.
Info: Museum Prinzhorn Heidelberg, bis 23. Januar. Eröffnung am 8. September, 13-21 Uhr.



