Ein Haushalt für die Nach-Corona-Zeit
OB Würzner brachte seinen Haushaltsentwurf mit einer Rekordverschuldung und 194 Millionen Euro Investitionen ein.

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Für Finanzbürgermeister Hans-Jürgen Heiß ist es der siebte und letzte Doppelhaushalt, für den er verantwortlich zeichnet. Und er formuliert es am Ende seiner Dienstzeit ganz diplomatisch: "Man hätte sich günstigere Voraussetzungen vorstellen können." Anders ausgedrückt: Aufgrund der Corona-Krise steigt die Verschuldung der Stadt Heidelberg auf ein Rekordniveau, die Reserven werden bis 2024 aufgebraucht sein. Und doch betont Heiß auch: "Es gibt viel schlimmere Folgen der Pandemie." Am Donnerstag brachte Oberbürgermeister Eckart Würzner seinen Doppelhaushalt in den Gemeinderat ein.
Die zweite Welle und ihre Folgen für die Städte hatte in den kommunalen Finanzverwaltungen kaum jemand auf dem Schirm. So ging es auch Heiß: "Es war nicht abzusehen, dass Bund und Land keine ähnlichen Rettungsschirme wie im letzten Jahr mehr auflegen werden", sagte er. Die Ausfälle an Gewerbesteuereinnahmen würden nach allem Anschein nicht kompensiert. Während der Bund dies bereits ablehnte, muss auf Landesebene erst einmal eine Regierung gebildet werden. Heiß fordert Nachbesserungen: "Wir brauchen dringend weitere Hilfen von Bund und Land."
Erstmals lebt Heidelberg über seine Verhältnisse: Die laufenden Ausgaben übersteigen die Einnahmen bei Weitem. Nicht nur die Gewerbesteuereinnahmen sind eingebrochen, die Stadt nimmt auch weniger Gebühren und Entgelte ein und bekommt aufgrund der gesunkenen Einnahmen aus der Einkommenssteuer auch geringere Schlüsselzuweisungen vom Land: Nur noch 1400 Euro gibt es pro Einwohner, früher waren es mal über 1500. Die Konsequenz: Allein um die laufenden Personalkosten, Sozialausgaben und Dienstleistungen zu finanzieren, muss die Stadt Kassenkredite in Höhe von 20 Millionen Euro aufnehmen, was man mit dem Dispo eines Privathaushalts vergleichen kann.
Einsparpotenzial gibt es bei den Investitionen. 17 Projekte, die für den kommenden Doppelhaushalt vorgesehen waren, hat der Gemeinderat bereits im letzten Jahr auf die Jahre ab 2023 verschoben. Das neue Turnzentrum in Kirchheim mit 4,4 Millionen Euro und der Ausbau des Sirenennetzes sollen aber auf Wunsch der Stadträte jetzt schon kommen, auch wenn die Stadt diese Projekte verschieben wollte. Dennoch: Auch wenn 75 Prozent der Investitionen in Höhe von 194 Millionen Euro über Kredite finanziert werden müssen, hält Heiß dies für vertretbar: "Wir haben eine günstige Situation auf dem Kapitalmarkt." Damit spricht der Finanzbürgermeister die niedrigen Zinsen an. Und: "Wir sind ein wichtiger Konjunkturmotor."
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Oberbürgermeister Eckart Würzner skizzierte in seiner Haushaltsrede die Schwerpunkte seiner Arbeit für die kommenden zwei Jahre. "Wir müssen uns jetzt auf die Zeit nach Corona vorbereiten." Auf keinen Fall will er an den Sozialleistungen sparen. Im Gegenteil: Im sozialen Bereich will die Stadt für freie Träger im Jahr 2021 Zuschüsse von 145 Millionen Euro geben, in 2022 sollen es sogar 154 Millionen sein. Insgesamt macht das ein Plus von 20 Millionen Euro. Auch der Einsatz für den Klimaschutz und die nachhaltige Mobilität sind Würzner wichtig. "Der Doppelhaushalt wird ein richtiger Spagat. Wir dürfen aber nicht zu viel sparen, um den sozialen Frieden nicht zu gefährden."
Auch für die Schulsanierung sieht der Haushaltsplanentwurf 21,9 Millionen Euro vor. Für die Digitalisierung sind allein 7,4 Millionen Euro eingeplant. Hier ärgern sich Würzner und Heiß, dass immer mehr Landesaufgaben auf die Kommunen abgewälzt werden: So stellt zwar das Land die Hardware, doch für die Betreuung musste die Stadt zehn Personalstellen schaffen.
Sichtlich gerührt von seiner letzten Haushaltsrede warb Heiß dafür, in der künftigen Kommunalpolitik noch mehr Prioritäten zu setzen. "Lieb Gewonnenes muss hinterfragt werden."
Info: Unter www.heidelberg.de/haushalt kann jeder Anregungen geben.