Susanne Eisenmann reagiert auf Elternbeiräte (Update)
Unterzeichnerin übt weiter Kritik - Die Verantwortung den Schulen zugeschoben?

Von Sophia Stoye
Wiesloch. Ende Januar brachten die Elternbeiratsvorstände der Wieslocher Schulen in einem offenen Brief an Kultusministerin Susanne Eisenmann scharfe Kritik zum Ausdruck: Zu wenig Geld werde in die Bildung und Digitalisierung der Schulen investiert, zu kurzfristig kommen die neuen Corona-Vorgaben und die Hygienekonzepte für Präsenzunterricht seien nicht ausgereift. Inzwischen, rund einen Monat nach Absenden des Briefes, reagierte Kultusministerin Eisenmann mit einem Antwortschreiben.
"Wir haben zwar nicht mit einer konkreten Antwort gerechnet, aber das Antwortschreiben geht nicht wirklich auf unsere Anliegen ein", bemängelte Martina Messer, Gesamtelternbeiratsvorsitzende und Unterzeichnerin des Briefs. Darin hatte sie im Namen der Wieslocher Eltern unter anderem vorausschauende Richtlinien für den Rest des Schuljahres gefordert, wie zum Beispiel die Anzahl an Klassenarbeiten und anderen Lehrstandskontrollen auf ein tragbares Maß zu begrenzen oder umsetzbare und kontrollierbare Qualitätsstandards für Fernunterricht einzuführen.
Eisenmann griff diesen Kritikpunkt in ihrem Antwortschreiben auf und erklärte, dass für das Schuljahr 2020/21 nur das sogenannte Kerncurriculum des Bildungsplans verpflichtend ist. Dieses sei auf drei Viertel der Unterrichtszeit ausgelegt und beinhalte die baden-württembergischen Bildungsstandards. Das restliche Viertel der Unterrichtszeit nutzen die Schulen für ihre Schwerpunktsetzungen. Laut der Kultusministerin ist dies für das laufende Schuljahr nicht verpflichtend. Zudem wies Eisenmann auf verbindliche Leitlinien und Qualitätskriterien für das digitale Lernen hin, die sie zu Beginn dieses Schuljahres festgelegt habe.
Weiterhin hatten die Elternbeiräte betont, dass es für alle Schülerinnen und Schüler technische Leihgeräte geben müsste und auch die Lehrkräfte mit entsprechenden Endgeräten ausgestatten sein müssten, um professionell Online-Unterricht geben zu können. Zudem dürfe man die Lehrer nicht noch zusätzlich mit der Betreuung der schulischen Netzwerke belasten. "Für die Lehrkräfte des Landes habe ich im Bereich der Digitalisierung Qualifizierungsmaßnahmen eingeführt", antwortete Eisenmann. Im Zuge dessen würden "eine Fülle von Fortbildungs- und Unterstützungsangeboten für die Schulen und Lehrkräfte zur Unterrichtsgestaltung" angeboten werden.
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Außerdem verwies die Kultusministerin auf die bereits vorhandene Unterstützung von Schülerinnen und Schülern, die über keine digitale Ausstattung oder Anbindung verfügen. "Dafür hat das Land den Anteil aus dem Bundesprogramm verdoppelt, sodass hierfür 130 Millionen Euro zur Verfügung stehen, für die die Kommunen und Schulen in freier Trägerschaft nun unbürokratisch ohne Antragsverfahren rund 300.000 Endgeräte beschaffen können und konnten", so Eisenmann. "Mir ist bewusst, dass viele Gelder für die Digitalisierung bereitgestellt wurden, aber dennoch wird die Verantwortung auf die Kommunen und Schulträger abgewälzt", äußerte sich hingegen Messer.
"Insgesamt zeigen uns zahlreiche positive Rückmeldungen der Schulen, dass die Landeslösung von Moodle bei gleichzeitig hohen Nutzerzahlen sehr stabil läuft", ging Eisenmann auf die Kritik an der vom Land betreuten digitalen Lernplattform ein. Zudem optimiere man kontinuierlich die Software, mit welcher die Server betrieben werden, und passe die technischen Kapazitäten fortlaufend an den Bedarf an. Diesen Eindruck konnte Messer nicht bestätigen: "Ich höre noch immer von meinem Sohn oder Bekannten, dass Schüler mal aus der Videokonferenz rausfliegen oder Lehrer sich nicht trauen, die Schüler im Unterricht mit Video zuzulassen, weil die Plattform sonst Probleme hat."
Auf die Forderung der Eltern nach Luftreinigern für Klassenräume verwies die Kultusministerin auf entsprechende Fördergelder, die für eine solche Anschaffung eingesetzt werden können. Einen der zentralen Kritikpunkte, dass die Vorgaben des Ministeriums zu kurzfristig und kompliziert kommuniziert werden und den Schulen kaum Zeit gelassen werde, alles vorschriftsgemäß umzusetzen, ließ Eisenmann unkommentiert.
"Wir erwarten nicht, dass auf alles eingegangen wird, und es ist ja auch schwierig, jede Schule individuell zu berücksichtigen, aber es braucht einen übergeordneten Rahmen", äußerte sich Messer. Man könne nicht die Verantwortung den Schulen zuschieben.
Update: Mittwoch, 3. März 2021, 19.13 Uhr
Eltern kritisieren Ministerium für Schulpolitik in der Pandemie
Offener Brief der Gesamtelternbeiratsvorsitzenden - "Das Kultusministerium lässt Schulen alleine"
Von Sophia Stoye

Wiesloch. "Die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerschaft und die Eltern wollen nicht länger Opfer wahlpolitischer Plänkeleien sein. Sie verlangen, dass das Recht auf Bildung ernstgenommen wird", heißt es in einem offenen Brief an Kultusministerin Susanne Eisenmann. Scharfe Kritik wird darin am Verhalten des Ministeriums während der Pandemie geäußert, unterzeichnet wurde er von der Gesamtelternbeiratsvorsitzenden der Wieslocher Schulen Martina Messer.
Im Namen aller Eltern, deren Kinder eine Schule in Trägerschaft der Stadt besuchen, kritisiert Messer das Verhalten des Kultusministeriums als unzuverlässig und planlos: "Monatelang hatte das Kultusministerium Zeit, sich auf den zweiten Lockdown einzustellen. Jeder, der den Pandemieverlauf aufmerksam verfolgt hat, wusste, dass dieser erneute Lockdown kommen wird. Die Frage war nicht ob, sondern wann. Doch was tut das Kultusministerium, um sich auf die Situation vorzubereiten – nichts", schreibt Messer.
Das Resultat sei ein katastrophaler virtueller Unterrichtsbeginn am 11. Januar gewesen, bei dem die vom Ministerium empfohlene Lernplattform "Moodle" abgestürzt sei. Seit Sommer habe man Zeit gehabt, sich auf dieses Szenario einzustellen, so Messer. Man hätte Server-Kapazitäten testen oder Lehrer im Online-Unterricht fortbilden können, aber nichts davon sei geschehen. "Auch im Dezember, als absehbar war, dass der Präsenzunterricht im Januar nicht aufgenommen wird, wurden die letzten Tage vergeudet, statt dem System einen Stresstest zu unterziehen", kritisiert die Gesamtelternbeiratsvorsitzende. Aber trotz des Wissens um diese fehlenden Kapazitäten – wie laut Messer in einem Schreiben an die Schulleitungen Anfang Januar eingeräumt wurde – habe man "alle Schulen Baden-Württembergs sehenden Auges in das Chaos rennen" lassen.
"Wir sind schon durch den ersten Lockdown mit viel Durcheinander gegangen, im zweiten Lockdown wurde dann schon mehr geregelt", berichtet der Elternbeiratsvorsitzende des Ottheinrich-Gymnasiums Dirk Bodenstein im RNZ-Gespräch. "Umso größer war dann die Enttäuschung, dass am 11. Januar Moodle völlig überlastet war", so Bodenstein weiter, auf dessen Initiative – gemeinsam mit seinem Stellvertreter Richard Bremer – der offene Brief entstand.
"Wir haben gemerkt, dass egal, was wir als Schule machen, es schon an den Basics scheitert", berichtet Bodenstein. Viele Eltern, die weniger Kontakt mit den Schulleitungen haben, seien schnell wütend auf die Schulen geworden. "Aber die können nichts dafür, weil sie sich nur an die Vorgaben halten", erklärt der Elternbeiratsvorsitzende. Viel eher sei das Problem, dass neue Vorgaben viel zu kurzfristig bekannt gemacht werden. "Dann kommt teilweise ein Brief, der 20 bis 22 Seiten lang ist und in so einem Beamtendeutsch geschrieben ist, dass kein Mensch etwas versteht", kritisiert Bodenstein.
Die Schulen seien dann mit der Umsetzung der Vorgaben, die oft innerhalb weniger Tage erfolgen muss, alleingelassen. Bis die jeweiligen Informationen schließlich an die einzelnen Eltern weitergegeben werden, vergehe noch einmal mehr Zeit. Zudem hapere es auch an der technischen Ausstattung: "Die Lehrer trauen sich nicht, alle Schüler mit Video in die Online-Stunde reinzuholen, weil das System sonst überlastet ist", berichtet Martina Messer im RNZ-Gespräch. Am Geld könne es ihr zufolge nicht liegen, in dieser Pandemie sei schon viel Geld zur Rettung verschiedenster Branchen ausgegeben worden.
"Für einen Bereich wurde allerdings viel zu wenig Geld investiert – unsere Zukunft", schildert sie im offenen Brief und fordert im Namen der Elternschaft Leihgeräte und Dienstrechner für alle Schüler und Lehrer, den Ausbau der Kapazitäten der Landesserver, Entlastung für die Lehrkräfte, die die schulischen Netzwerke betreiben, und eine weniger kurzfristige Kommunikation von Informationen. Außerdem müsse das Kultusministerium schon jetzt vorausschauende Richtlinien für den Rest des Schuljahres bekannt geben, Messer nennt als Beispiel, die Anzahl an Klassenarbeiten auf ein tragbares Maß zu begrenzen.
Zudem müssten auch Konzepte für einen möglichen Präsenzunterricht erstellt werden: Im offenen Brief werden die Anschaffung von Luftreinigern für die Klassenräume, die Anbringung von Plexiglastrennwänden zwischen den Schulbänken oder die Eruierung von Alternativkonzepten wie beispielsweise die Auslagerung in größere (öffentliche) Räumlichkeiten vorgeschlagen.
"Das Ende der Pandemie wird an den Schulen nicht das Ende der pandemiebedingten Probleme sein", äußert sich Messer im offenen Brief. Man müsse auch langfristige Optionen definieren, um die coronabedingten Versäumnisse der Schüler aufzuholen. "Bisher gab es vom Kultusministerium immer nur Reaktionen auf die Pandemie, wir wünschen uns auch mal Aktionen", fasst Bodenstein zusammen.