Wie läuft der Fernunterricht in den Grundschulen?
Die Vorgehensweise ist von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich. Dazu kommen gemischte Meinungen in der Elternschaft.

Von Sophia Stoye
Region Wiesloch/Walldorf. Vergangenen Montag begann für die Schüler der Region wieder der Unterricht. Während die Jugendlichen größtenteils online unterrichtet werden, ist das bei Kindern in der Grundschule nur bedingt möglich. Manche von ihnen müssen persönlich betreut werden, können noch nicht mit der Technik umgehen oder haben Probleme, sich lange zu konzentrieren. Zudem ist es oft abhängig von Lehrer, Schule und Ausstattung, wie tiefgehend das Unterrichtsangebot sein kann. Nicht nur für die Kinder selbst eine Herausforderung, sondern auch für die Eltern eine schwierige Situation. Die RNZ hat sich nach einer Woche "Homeschooling" bei Eltern von Grundschulkindern in der Region umgehört:
Manfred Wolf, Elternbeiratsvorsitzender der Waldschule in Walldorf, ist zufrieden: "In jeder Klasse gibt es bei uns Online-Unterricht – natürlich nicht überall im selben Umfang." Zudem habe die zweite Klasse seines Sohnes täglich eine Online-Sprechstunde. Kritik äußert Wolf hingegen in Bezug auf die technische Ausstattung: "Bei der Vereinheitlichung der Endgeräte und der einzelnen Lernplattformen besteht noch Luft nach oben. Das ist aber kein Problem der Schule, sondern der Politik." Denn viele Lehrkräfte sowie Schüler würden für den Fernunterricht private und somit unterschiedliche Endgerät nutzen, die Schulen außerdem abweichende Lernplattformen. "Das Kultusministerium muss da einen anderen Plan haben, denn Bildungsgerechtigkeit heißt, dass alle die gleichen Startvoraussetzungen haben", sagt der Elternbeiratsvorsitzende.
Was den Umfang des Online-Unterrichts und die Zufriedenheit der Eltern angeht, kann Wolf aber nur bedingt für die gesamte Elternschaft sprechen, da er bisher noch keine umfassende Rückmeldung erhalten habe. "Aber man muss das ganze individuell sehen: Nicht jede Klassenstufe braucht gleich viel Online-Unterricht und es ist auch abhängig vom Lehrer, wie viele Stunden er beispielsweise hat", berichtet Wolf. Deshalb sei das schwierig für alle zu beurteilen, zumal hinter dem Online-Unterricht auch viel Arbeit stecke, die man nicht sieht.
"Ich würde mir wünschen, dass manche Lehrer aktiver sind", kritisiert hingegen Annette Wilhelm, Mutter eines Viertklässlers an der Mannaberg-Schule. Für ihren Sohn habe sie vergangenen Montag ein Lernpaket an der Schule abgeholt, was den Unterricht der Woche abdecken sollte. Neben zwei Mal in der Woche Online-Matheunterricht habe Wilhelms Sohn nur einmal eine Stunde lang die Möglichkeit bekommen, persönlich Fragen zu stellen, "aber das ist von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich", berichtet die Mutter: Während in anderen Klassen täglich eine Online-Sprechstunde angeboten werde, habe eine Lehrerin ihres Sohnes Online-Angebote bisher weitestgehend ausgeschlossen. Die Begründung: Ihr Sohn brauche ihren Laptop für seinen Unterricht. "Diese Lehrerin wurde inzwischen mit einem Endgerät ausgestattet, mal schauen, wie es dann nächste Woche wird", so Wilhelm.
"Wir fühlen uns als Eltern alleingelassen", berichtet die dreifache, berufstätige Mutter weiter. Ihr Mann sei im Homeoffice und erkläre teilweise parallel zu seiner Arbeit Mathe-Hausaufgaben. Neben ihrem Sohn an der Mannabergschule hat Wilhelm noch ein Kind im Kindergarten und eins auf dem Gymnasium in Östringen. "Es ist wichtig, dass man die Kinder auch abholt", so die Mutter. Wenn es als Präsenzunterricht nicht möglich sei, dann zumindest über ein Videogespräch. Denn ihrer Erfahrung nach funktioniere es nicht, wenn man junge Kinder alleine stundenlang an den Schreibtisch setze, um Aufgaben zu erledigen.
Ähnlich und doch anders schildert Marie-Louise Weik, Vorsitzende des Elternbeirats der Grundschule in Rettigheim, die Situation. Zwei ihrer vier Kinder besuchen die zweite und vierte Klasse der Schule. Auch für sie wurde jeweils ein Lernpaket zusammengestellt. Kritik an Umfang oder Vorgehensweise der Lehrer äußert die vierfache Mutter nicht. "Wir waren uns in einer Runde mit dem Schulleiter einig, dass richtiger Online-Unterricht in der Grundschule schwierig ist."
"Deshalb stellt die Lehrerin meiner Tochter in der zweiten Klasse Videos online, in denen sie die neuen Themen erklärt", berichtet sie weiter. Die müssen die Kinder dann anschauen, bevor sie neue Aufgaben bearbeiten. "Es motiviert die Kinder, die Lehrerin zu sehen – auch wenn es nur im Video ist", berichtet Weik. Denn das Schwierigste am "Homeschooling" sei, die Motivation der Kinder aufrecht zu erhalten. Ihr Sohn in der vierten Klasse hingegen habe ebenfalls nur das Lernpaket zum selbst Bearbeiten bekommen, berichtet sie. Damit komme er aber gut zurecht.
In der Leimbachtalschule in Dielheim haben die Grundschulkinder ebenso Lernpakete nach Hause bekommen. "Zusätzlich hatte mein Sohn in der vierten Klasse eine Stunde Deutsch und eine Mathe", berichtet der Elternbeiratsvorsitzende Stephan Vogel. Über die bearbeiteten Lernmaterialien erhalten die Schüler sowie deren Eltern regelmäßig eine Rückmeldung. "Das kann man positiv anmerken", so Vogel. Dennoch wünsche er sich mehr Unterstützung von Seiten der Lehrer: "Momentan bleibt sehr viel an den Eltern hängen. Ich bin zwar im Homeoffice, aber meine Frau und ich sind beide voll berufstätig, da können wir unserem Sohn nicht so gerecht werden, wie es die Situation bedingt", berichtet Vogel.
Denn neben der Betreuung des Kindes müssen auch die Aufgaben erklärt werden. "Die Eltern können aber die Inhalte nicht so beibringen, wie sie es damals gelernt haben, sondern es muss so sein, wie es in der Schule heutzutage beigebracht wird. Da muss man sich selbst erst einmal einarbeiten." Das alles sei eine starke Doppelbelastung, schließlich erwarte auch der Arbeitgeber volle Leistung. "Da spreche ich sicher für den Großteil der (berufstätigen) Eltern."