Dicht an dicht am Badesee
In der Region herrschen keine chaotischen Zustände wie in Obersulm - Aber die Sommerferien kommen ja erst noch

Obersulm/Heidelberg. Nach dem enormen Besucherandrang mit zahlreichen Verstößen gegen die Corona-Regeln am vergangenen Wochenende wird der Breitenauer See bei Obersulm im Kreis Heilbronn gesperrt. Von Freitag an sind hier Bade- und Wassersport verboten und die Liegewiesen gesperrt, wie die Gemeinden Löwenstein und Obersulm im Kreis Heilbronn sowie die Polizei am Mittwoch mitteilten. Und wie ist die Lage an den Seen in der Rhein-Neckar-Region? Die RNZ hat nachgefragt.
Hemsbach. Am Wiesensee in Hemsbach – ein 20 Hektar großes Gelände mit 14 Hektar Wasserfläche – gibt es klare Regeln, die nach Auskunft von Bademeisterin Heike Ehret von den Gästen auch vorbildlich eingehalten werden. "Die Leute sind gut erzogen", sagt sie gegenüber der RNZ. Zustände, wie sie von anderen Seen gemeldet werden, habe man hier nicht. Demnach dürfen am Tag exakt 2200 Wasserratten gleichzeitig auf das Gelände. Bei den Saisontickets meldet Hemsbach ausverkauft – genau 1000 der begehrten Eintrittskarten waren angeboten worden. Einzeltickets müssen als E-Tickets vorab per App beziehungsweise im Online-Shop per PayPal gekauft werden. Nach abgeschlossenem Ticketkauf erhält der Badegast einen personalisierten QR-Code, der beim Einlass eingescannt wird. Dabei müssen die Kontaktdaten hinterlegt werden, um Infektionsketten nachzuvollziehen zu können, sagt Heike Pressler vom Büro für Öffentlichkeitsarbeit, Kultur und Internet. Die Tickets seien limitiert, nur am Tag des gewünschten Eintritts zu erwerben und auch nur an diesem Tag gültig, ergänzt die Rathausmitarbeiterin. Zu den Sicherheitsmaßnahmen in Corona-Zeiten gehört neben der Absperrung der Schließfächer auch die Schließung des erwärmten Gewöhnungsbeckens, das besonders bei kleinen Badegästen sehr beliebt ist. "Hier finden derzeit nur Schwimmkurse und die Wassergymnastik statt", erläutert Pressler. Bisher habe sie noch nichts Negatives gehört. "Aber wir haben ja auch noch keine Sommerferien." Man müsse also stets wachsam bleiben. (sha)
St. Leon-Rot. Am St. Leoner See müssen Badegäste und Sonnenanbeter keine Angst vor einer Schließung haben. "Wir geben pro Tag 2000 elektronische Tickets aus, und die waren an warmen Tagen bislang immer weg", sagt Bianca Mader, Betriebsleiterin der Erholungsanlage. Auch dank eines Sicherheitsdiensts und Lautsprecherdurchsagen hielten die Besucher die Abstands- und Hygieneregeln ein. Zu nennenswerten Zwischenfällen sei es diesbezüglich nicht gekommen. Dennoch plant die Gemeinde für den Eigenbetrieb keine Aufstockung des Kartenkontingents, selbst in den Sommerferien nicht. "Gemessen an den Coronabedingungen, ist die Anlage gefühlt recht voll", so Mader. Zudem kämen neben den E-Ticket-Besitzern – wofür man dieselbe App wie in Heddesheim nutzt – die Dauercamper und Wassersportler an den See. In "normalen" Zeiten zieht die Anlage bis zu 13.000 Gäste pro Tag an. (alb)
Heddesheim. In Heddesheim ist man sich mit der Disziplin der Badeseebesucher sehr zufrieden. "Das vor einem Besuch des Badesees per App notwendige Herunterladen einer Eintrittskarte hat sich bewährt", lobt Hauptamtsleiter Julien Christof. Trotz bestem Badewetter wurde seit der Öffnung des Sees Mitte Mai die Maximalzahl von gleichzeitig 3000 erlaubten Badegästen bisher an keinem Tag erreicht: "In dieser Beziehung haben wir noch viel Luft nach oben", gibt man sich auf Verwaltungsseite mit der Zahl von pro Tag durchschnittlich 500 ausgegebenen Tickets zufrieden. Eine Schließung wegen eines unkontrollierten Ansturms von Badegästen steht nicht zur Debatte. "Keine nennenswerten Vorfälle" melden die Aufsichtspersonen gleichfalls, was die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln angeht. Vom Bademeister und seinen Kollegen wird in regelmäßigen Abständen per Lautsprecherdurchsage da-rauf hingewiesen, wenn Personen "nicht aus bösem Willen, sondern meist aus Unachtsamkeit" die vorgeschriebene Distanz nicht einhalten, so Christof. Kurzzeitig Schwierigkeiten verursachte am vergangenen Sonntagmorgen lediglich der technisch bedingte Ausfall der Tageskarten-App, deren Zahlungsmodul nicht funktionierte. Mittlerweile kann aber auch ein erneutes Auftreten dieses Problems ausgeschlossen werden. (keke)
Weinheim. Das Strandbad am Waidsee liegt fest in den Händen der Kommune, auch in Sachen Sicherheit. Auf die Coronakrise hat die Stadt mit einer Beschränkung der Besucherzahl auf 2500 Gäste reagiert. "Dies steuern wir über eine Zugangs-App, die zuvor eine Reservierung unter Angabe der Kontaktdaten verlangt." In den Toiletten, am Eingang und in den Umkleiden besteht Maskenpflicht. Die App funktioniert, abgesehen von einem Defekt am letzten Sonntag. Der habe sich aber zu einem Zeitpunkt ereignet, in dem das Bad ohnehin fast belegt war. Chaotische Zustände seien den Besuchern erspart geblieben, weil die Stadt andere Zugangsvarianten gar nicht erst zum Tragen kommen ließ, etwa eine "Beimischung" von Jahreskarten, erklärt Stadtsprecher Roland Kern. Angesichts vieler Senioren in der Stadt fiel das keinem leicht, es habe sich aber als richtig erwiesen. (web)
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Ketsch. Das Freibad hat die Gemeinde bewusst geschlossen und den Badesee geöffnet. Allerdings dürfen nicht mehr als 500 Besucher pro Tag auf das Gelände. Damit fahre man sehr gut, lediglich an zwei Tagen habe es einen größeren Andrang gegeben, so Ketschs Bürgermeister Jürgen Kappenstein. Wer in den Ketscher See springen will, muss sich vorher im Internet registrieren und bekommt eine Nummer. Probleme mit Coronasündern gebe es nicht, so Kappenstein: "Die Leute halten sich an die Regeln, wir sind sehr zufrieden." Allerdings sei ihm auch bewusst, dass die Sommerferien noch nicht begonnen haben. "Wir dürfen uns also nicht zu früh freuen." (oka)
Mannheim. Der volkstümliche Wassersportverein Mannheim betreibt das Heinz-Hunsinger-Sommerbad am Stollenwörthweiher in Neckarau. Dort ist die Auslastung laut Alfred Maron, dem stellvertretenden Vorsitzenden, unter der Woche normal, an den Wochenenden stark. "Wir stellen fest, dass viele Besucher aus dem weiterem Umfeld kommen, weil die Bäder der kleineren Gemeinden zum Teil geschlossen sind", so Maron. Da der Besuch der vier städtischen Freibäder aufgrund der Corona-Verordnung derzeit nur eingeschränkt möglich ist, habe man beobachtet, "dass sich Verlagerungen im Bereich der Seen ergeben", so eine Stadtsprecherin. Anders als der Stollenwörthweiher sind die Seen in Rheinau und Vogelstang frei zugänglich. Der städtische Ordnungsdienst kontrolliert die Mannheimer Seen im Rahmen der Regelüberwachung und der personellen Ressourcen, unterstützt wird er dabei von der Polizei. Zusätzlich wird ab August an den Wochenenden stichprobenartig kontrolliert. (oka)
Obersulm. Am Breitenauer See sollen sich am Wochenende bis zu 10.000 Badegäste aufgehalten haben. Das Gewässer hat keinen kontrollierten Zugang. Gerade in Warteschlangen vor den sanitären Anlagen, am Kiosk und am Bootsverleih sollen etliche Besucher die Abstandsregeln und die Maskenpflicht missachtet haben. Laut Polizei sei an eine Durchsetzung der Vorschriften nicht mehr zu denken gewesen.
Nach der Sperrung des Sees zeigt der baden-württembergische Sozialminister Manne Lucha (Grüne) Verständnis für die Entscheidung der Gemeinde Obersulm: "Ich hatte gehofft, dass die Menschen aus der Erkenntnis der vergangenen Wochen und Monate heraus Disziplin und Eigenverantwortung walten lassen bei ihren Freizeitaktivitäten", sagt er am Mittwoch in Stuttgart. "Die Realität holt uns leider ein Stück weit ein." Schafften es die Menschen nicht, einfache Regeln zu Abständen, Masken und Hygiene zu beachten, riskierten sie nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch zurückeroberte Freiheiten. "Dann wird es leider so kommen, dass wir dort, wo Disziplin, Umsicht und Eigenverantwortung offensichtlich nicht wirken, klare ordnungsrechtliche Vorgaben machen müssen", so Lucha. Dazu gehöre auch das Sperren eines Badesees. Das Problem im Kreis Heilbronn: Sollte der Breitenauer See komplett gesperrt werden, würden die Leute wohl auf andere Seen ausweichen – zum Beispiel an die Ehmetsklinge bei Zaberfeld. Doch auch dort war es am Wochenende überfüllt. (cab/lsw)