Wie sich die Corona-Krise auf Ladenburg auswirkt
Mit kühlem Kopf durch die Krise - Stefan Schmutz: "Die Situation kostet Kraft und fordert Geduld"

Von Axel Sturm
Ladenburg. Bürgermeister Stefan Schmutz hat nach seiner häuslichen Quarantäne seine Arbeit im Rathaus wieder aufgenommen. In der erzwungenen Auszeit managte er den Betrieb von zu Hause aus, ist aber froh, dass er nun wieder vor Ort sein kann, denn der Bürgermeister wird als Krisenmanager gebraucht. Lagebesprechungen mit den Amtsleitern, Sitzungen mit Polizei, Feuerwehr und Gemeinderat, aber auch persönliche Gespräche mit Geschäftsinhabern sowie den Bürgern sind Aufgaben, die unter anderem seinen Tagesablauf bestimmen. In der Krise kommen Schmutz seine Stärken sehr entgegen: Er gilt als analytischer Mensch, der immer einen kühlen Kopf behält. Der RNZ berichtet er, wie gerade die Lage in Ladenburg ist.
Herr Schmutz, Sie mussten aufgrund eines engen Kontakts mit einem positiv auf das Coronavirus getesteten Mitarbeiter in häusliche Quarantäne. Wie war diese Zeit für Sie?
Die Quarantäne traf mich ziemlich unvorbereitet und erforderte so einiges an Improvisationsgeschick, um die Krise von Zuhause aus zu managen. Im Ergebnis hat es aber sehr gut geklappt, da alle Beteiligte ihren Teil dazu beigetragen hat. Großer Dank an dieser Stelle gebührt meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus und den Außenstellen. Ein positiver Nebeneffekt der Isolation war, dass dadurch viel mehr Zeit für meine Kinder und die Familie da war. Und so gab es zwischen den Telefonate und E-Mails immer wieder Zeit für das Vorlesen und Spielen.
Wie viele Fälle gibt es aktuell in Ladenburg? Wie schätzen Sie die Lage ein?
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In Ladenburg gibt es bislang elf Covid-19-Infizierte, sechs davon sind zwischenzeitlich wieder gesund. Unter den Fällen ist bedauerlicherweise mittlerweile auch ein schwerer Krankheitsverlauf. Dies führt vor Augen, dass die Situation ernst ist. Insgesamt ist zu beobachten, dass sich die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger an die Kontaktsperre hält. Allerdings nehmen wir auch wahr, dass leider nicht alle die erforderliche Sensibilität aufbringen. So mussten wir am vergangenen Wochenende feststellen, dass die Neckarwiese und weitere beliebte Orte im Stadtgebiet unverändert anziehend gewirkt haben.
Das ist völlig nachvollziehbar, nur in der aktuellen Situation leider absolut nicht angebracht. Mit Blick auf das anhaltend gute Wetter und die steigenden Temperaturen haben wir uns entschlossen, sämtliche Naherholungsflächen zu sperren, sodass nur noch das Betreten der Wege gestattet ist. Dieser Schritt, der mit der Polizei abgestimmt wurde, soll sensibilisieren und ein klares Zeichen setzen, bis zum 20. April soziale Kontakte möglichst zu meiden. Natürlich werden wir die Einhaltung auch kontrollieren und halten uns die Möglichkeit offen, Verstöße auch zu sanktionieren.
Was bedeutet die Situation für Ladenburg?
Die aktuelle Situation ist außergewöhnlich, kostet viel Kraft und fordert Geduld. Ladenburg steht gerade im Frühling und im Sommer für Kunst, Kultur und Genuss. Dieser Dreiklang ist vollends verstummt. Das ist gerade bei der Vielzahl von Veranstaltungen, die bereits abgesagt werden mussten, und vermutlich für viele weitere, die noch folgen werden, richtig bitter. Aber zugleich gibt es eine ganze Reihe von Menschen, die unsere Gesellschaft in dieser Notlage am Laufen halten. Das sind die Mitarbeiter im Supermarkt, die Pflegekräfte, unsere Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte, Ärzte, Arzthelferinnen, Busfahrer, Mitarbeiter der Müllabfuhr oder Erzieherinnen und Erzieher in der Notbetreuung, um nur einige zu nennen. Ihnen allen gilt unsere große Anerkennung und Wertschätzung.
Können Sie der Krise auch etwas Positives abgewinnen?
In jeder Krise steckt auch eine Chance, umso mehr freue ich mich, dass es bereits über 100 Freiwillige gibt, die sich bereit erklären, bei der Nachbarschaftshilfe mitzumachen, und ein wichtiges Signal senden, nämlich, dass Ladenburg in dieser besonderen Ausnahmesituation zusammenhält. Viele Bürger haben auch bereits einen Soli-Gutschein gekauft und damit einen Beitrag dafür geleistet, dass der lokale Handel unterstützt wird und die großen Umsatzrückgänge zumindest mittelfristig wieder aufgefangen werden können. Die Gastronomen und die Einzelhändler leiden besonders stark unter der Situation und benötigen Unterstützung.
Was hat die Stadt Ladenburg bisher schon unternommen, um die Folgen der Corona-Krise abzumildern?
Besonders fordernd ist die aktuelle Situation auch für Familien mit Kindern. Deshalb war es richtig, die Gebühren der Kinderbetreuung für den Monat April auszusetzen. Ich danke hier auch allen Trägern, dass wir diesen Schritt gemeinsam gegangen sind. Im Sinne der Gleichbehandlung haben wir dann auch die Gebühren der Schulkindbetreuung und der städtischen Musikschule ausgesetzt. Damit unsere Betreuungsstruktur keinen dauerhaften Schaden nimmt, werden wir auch Tagespflegepersonen weiter den kommunalen Beitrag in Höhe von 1,50 Euro pro Betreuungsstunde zahlen. Darüber hinaus haben wir allen Gewerbetreibenden in städtischen Immobilien angeboten, die Miete zu stunden, und werben regional für alle noch möglichen Dienstleistungen und Angebote. Auch der Soli-Gutschein, den die Stadt Ladenburg mit fünf Euro pro Gutschein unterstützt, ist ein weiterer Baustein.
Was kostet die Krise die Stadt Ladenburg?
Klar ist: Die Krise hat negative finanzielle Auswirkungen. Welche, das wissen wir noch nicht im Detail. Hier gilt es auch abzuwarten, was vom Bund und vom Land abgefangen werden wird und welche Kosten die Stadt Ladenburg tragen muss. Aber wir rechnen mit einer spürbaren Belastung sowohl für das Jahr 2020 als auch für die kommenden Jahre. Welche Konsequenzen damit verbunden sind, das gilt es zu einem späteren Zeitpunkt zu diskutieren. Momentan geht es einzig um das Wichtigste – und das ist die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger.
Was bedeutet die Corona-Krise für die Stadtverwaltung?
Wir bemühen uns als Stadtverwaltung, einen Notbetrieb am Laufen zu halten, sodass weiterhin dringliche Angelegenheiten erledigt werden können. Wir werden die aktuelle Situation aber auch nutzen, um Kommunikationsprozesse stärker zu digitalisieren. Ein Beispiel ist die neue Bürger-App, ein anderes ist unsere Teilnahme an Pilotprojekten des Landes mit dem Ziel, klassische Verwaltungsprozesse vermehrt online anzubieten. Hier soll es im April die ersten Ergebnisse geben.
Welche Auswirkungen gibt es für den Gemeinderat?
Der Gemeinderat ist handlungsfähig und muss handlungsfähig bleiben. Infolgedessen halte ich es für wichtig, dass wir am 29. April auch regulär wieder eine Sitzung abhalten. In welchem Format, das gilt es noch abzustimmen. Aber wir sollten in der aktuellen Situation auch die Zeit nach der Krise im Blick behalten.
Was glauben Sie, wie lange die Ausnahmesituation dauern wird?
Wie lange die gegenwärtige Krise andauern wird, das kann derzeit noch niemand sagen. Bis zum 20. April gilt es in jedem Falle, die Füße still zu halten und die Einschränkungen strikt einzuhalten. Je mehr Menschen sich daran halten, desto eher sind die Einschränkungen vorbei – und wir können dann nach und nach unser gewohntes Leben endlich wieder aufnehmen.



