Gespenstische Ruhe in der Altstadt
Geschäftsinhaber berichten von dramatischen Umsatzrückgängen - Für andere Unternehmer ist ein Stück Normalität geblieben

Ladenburg. (stu) Es ist Samstagmorgen, 11 Uhr. In der Ladenburger Altstadt herrscht gespenstische Ruhe, in Geschäften und Gaststätten sind kaum Kunden zu sehen.
Die Sprecherin der hiesigen Einzelhändler im Bund der Selbstständigen (BDS), Renate Henseler-Sohn, macht sich Sorgen. Als Inhaberin eines Modegeschäftes erlebt sie, wie sich das Kaufverhalten verändert. Henseler-Sohn spricht von 40 Prozent weniger Umsatz und ähnlich dramatischen Rückgängen in anderen Betrieben. Es wird hart werden, prognostiziert die Unternehmerin, die derzeit nur von Tag zu Tag denken möchte – und auf keinen Fall an "italienische Verhältnisse". Schon mit Beginn der Corona-Krise hätten die Kunden die Lust am Einkaufen verloren. "Gut gelaunte Menschen sind konsumfreudiger", sagt die Geschäftsinhaberin.
Die Entscheidung der Stadt, den Sommertagszug und den damit verbunden verkaufsoffenen Sonntag abzusagen, unterstütze der BDS dennoch ohne Wenn und Aber. "Die Verwaltung hat die einzig richtige Entscheidung getroffen – die Gesundheit steht über allem", sagt Sohn.
Am Samstagmorgen ist es auch im Geschenkwarengeschäft "Akzente" von Elke Jung ruhig. Leider blieben viel zu viele Kunden zuhause, sagt die Inhaberin. Ihr bereite die Situation große Sorgen: Auf der einen Seite stünden starke Umsatzrückgänge, auf der anderen Seite blieben die Ausgaben zur Unterhaltung des Geschäftes, für Personal und Pacht stabil. Positiv registriert habe sie die Ankündigung der Bundesregierung, auch kleine Betriebe in der Krise unterstützen zu wollen. "Noch sind mir die Aussagen aber nicht konkret genug", sagt Jung.
Die Inhaberin des Wäschegeschäfts Creol, Ilona Lurz, freute sich bis vor wenigen Wochen über Umsatzsteigerungen. Mit dem verkaufsoffenen Sonntag wollte sie auch ihr 25. Betriebsjubiläum feiern. Aus der Feier wird nun nichts. Auch sonst ist der stets optimistischen "Dessous-Päpstin", wie Lurz einmal von einem Fernsehsender betitelt wurde, nicht nach Feiern zumute. Zuletzt sei der Umsatz stark zurückgegangen. Lurz hofft, dass mit Beginn der Bademodensaison das Gröbste überstanden sein wird – sicher ist sich die Ladeninhaberin aber nicht.
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Keine größeren Sorgen macht sich bisher der Inhaber der Ladenburger Goldschmiede, Jörn Molzen. Er merkt keinen Umsatzrückgang, lebt aber auch nicht von Laufkundschaft. "Ich hoffe natürlich, dass mir die Kundschaft weiter die Treue halten wird", sagt Molzen. Von der Krise nicht allzu viel gemerkt hat auch das Team des Kosmetik-Instituts Schneckenburger-Treffurt. Mitarbeiterin Petra Ihrke beschreibt die Situation als "ganz normal", Absagen gebe es zum Glück keine.
"Liebe Gäste – lasst uns bitte nicht im Stich", lautet dagegen die Ansage vom Chef der Ladenburger Backmulde, Rainer Döringer. Er kann die guten, gerade erschienenen Bewertungen in verschiedenen Restaurantführern kaum genießen. Er wolle keine Untergangsstimmung beschreiben, aber die Absagen von großen Unternehmen seien "krass". Zum Glück habe die Backmulde viele treue Privatkunden, daher bestehe noch ein Stück weit Normalität, so Döringer. Wenn keine Umsätze zu erwarten seien, werde das Restaurant aber auch kurzfristig geschlossen.
Seinen Frust über private Absagen kann Heinz Jäger, Pächter des "Ochsen", Heinz Jäger, dagegen nicht verbergen: "Gerade haben mir zwei Busunternehmen ihr Kommen abgesagt." Private Feiern, Vereinstreffen und Firmenveranstaltungen musste er aus dem Terminkalender streichen. Er sei jetzt über 40 Jahre in der Gastronomie tätig, aber so eine schlimme Situation habe er noch nie erlebt. "Ich habe gerade in bauliche Veränderungen kräftig investiert. Jetzt hoffe ich, dass mir die Gäste die Treue halten", sagt er, kurz bevor zumindest eine positive Nachricht kommt: ein Beratungstermin zu einem großen Geburtstagsessen. Ein Lichtblick in einer schweren Zeit.



