Studierende wollen ins Aktionsbündnis
Studierendenrat-Vertreter Joris Frenz: "Man sollte nicht noch zehn Jahre streiten"

Joris Frenz vom Studierendenrat war überrascht, wie emotional und unsachlich manchmal über den Altstadt-Lärm diskutiert wird. Foto: Friederike Hentschel
Von Holger Buchwald
Heidelberg. In der Kernaltstadt wird seit 2010 über Kneipenöffnungszeiten, Lärm, Dreck und Randale sowie die Feierkultur diskutiert. Nun war auch zum ersten Mal ein Vertreter des Studierendenrates (Stura) der Universität Heidelberg beim Runden Tisch Altstadt dabei: Joris Frenz (22) studiert Biochemie mit dem Abschluss Master und wohnt in Rohrbach. Zusammen mit drei anderen Studenten teilt er sich die Sitzungsleitung im Stura. Im RNZ-Interview zeigt er sich enttäuscht darüber, dass die Studenten nicht bei der von Bürgermeister Wolfgang Erichson ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe mitwirken dürfen.
Wie wichtig ist das Nachtleben in der Altstadt für die Studenten?
Es steigert auf jeden Fall die Attraktivität der Stadt. Die Studierenden wollen sich vergnügen - und das natürlich nicht nur bis Mitternacht unter der Woche und 1 Uhr am Wochenende, wie es die Anwohner mit ihrer Klage beim Verwaltungsgericht fordern.
Welche Sperrzeiten möchte der Studierendenrat?
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Seitdem ich Mitglied der Sitzungsleitung bin, wurde das Thema noch nicht diskutiert. Als das Thema vor zwei Jahren zum letzten Mal hochkochte, forderten die Studierenden Sperrzeiten, wie sie auch im restlichen Baden-Württemberg gelten: werktags bis 3 Uhr, am Wochenende bis 5 Uhr. Wir sind aber auch kompromissbereit. Die Anwohner haben natürlich ein Recht auf Nachtruhe.
Feiern Sie selbst in der Altstadt?
Ab und zu, aber eher selten. Ich bin nicht so der Kneipengänger.
Wie wichtig ist der "studentische Donnerstag"? Viele Befürworter längerer Kneipenöffnungszeiten behaupten, dass die Nacht auf Freitag für die Studenten eine besondere Bedeutung hat.
Der Gemeinderat hat bereits mehrmals dafür gestimmt, dass die Kneipen an diesem Tag länger öffnen dürfen als an den anderen Werktagen. Die Studierenden haben häufig freitags keine Univeranstaltungen und gehen daher gerne donnerstags aus.
Gibt es an diesem Tag besondere Veranstaltungen?
Da fällt mir nur der Bier-Bachelor ein, der einmal im halben Jahr angeboten wird. Dabei zieht man von Kneipe zu Kneipe und trinkt jeweils ein Bier. Am Ende gibt es ein Zertifikat. Ich habe das selbst mal mitgemacht.
Jetzt waren Sie zum ersten Mal beim "Runden Tisch Altstadt" dabei. Wie war Ihr Eindruck von dem Gremium?
Prinzipiell finde ich solche "Runden Tische" eine gute Sache. In diesem Fall wirkten die Meinungen aber sehr festgefahren. Die Anwohner und Wirte haben sehr emotional diskutiert, wenig sachlich. Es gab wenig Bemühungen, einen Kompromiss zu finden. Wohltuende Ausnahmen waren Jinx-Wirt Daniel Wilson, der die Regensburger Initiative "Fair feiern" als mögliches Vorbild für Heidelberg vorstellte, sowie der Anwohner und Amtsrichter a. D. Dierk Helmken, der vorschlug, Shuttlebusse einzurichten, die den Lärm aus der Altstadt abziehen.
Wolfgang Erichson hat eine Arbeitsgruppe von Wirten, Anwohnern und städtischen Vertretern ins Leben gerufen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Finden Sie es schade, dass die Studenten nicht dabei sind?
Ich finde das sogar sehr schade. Wir als Verfasste Studierendenschaft vertreten einen relevanten Anteil der Kneipengänger. Daher würden wir sehr gerne an dem Aktionsbündnis mitwirken. Es ist sehr ärgerlich, dass wir gleich wieder ausgeladen wurden, zumal einige Anwohner explizit das Gespräch mit den Gästen suchen wollen.
Wie könnten Sie in solch einem Aktionsbündnis mitwirken?
Zum einen geht es darum, die gefundenen Kompromisse den Studierenden zu vermitteln. Wir könnten informieren, zum Beispiel über Flyer und Artikel in unserer internen Zeitschrift. Dadurch wäre ein wichtiger Teil der Kneipengänger abgedeckt. Aber auch wenn der Stura jetzt nicht offiziell bei der Arbeitsgruppe dabei ist, werden wir uns sicher positionieren und auch von unserer Seite die Initiative ergreifen - gerne in Kooperation mit allen Beteiligten.
Im Dezember 2016 hat der damalige Kulturreferent des Studierendenrates der Bürgerinitiative "Leben in der Altstadt" schon einmal ein konstruktives Gespräch angeboten. Doch passiert ist nichts. Was ist da schief gelaufen?
Ich war damals noch nicht dabei, daher kann ich nicht viel dazu sagen. Ich habe aber gehört, dass es damals im Stura einen personellen Engpass gab. Inzwischen sind wir besser aufgestellt. Und wenn ich so etwas versprechen würde, würde ich mich auch daran halten.
Ein Punkt, in dem der Studierendenrat für mehr Ruhe in der Altstadt sorgen könnte, sind die jährlichen Einführungsveranstaltungen für die Erstsemester, bei denen viele junge betrunkene Menschen durch die Altstadt ziehen.
Wir haben darüber im Stura diskutiert und werden versuchen, auf die Fachschaften einzuwirken. Bei diesen Einführungswochen gibt es immer einen Abend, an dem die neuen Studierenden die Altstadt kennenlernen sollen. Das letzte Mal sind da aber Sachen passiert, wo man verstehen kann, dass sich einige Bewohner daran störten. Umso wichtiger wäre es, dass die Studierenden in dem Aktionsbündnis dabei wären. Man sollte nicht noch zehn Jahre weiter streiten.



