Kosten für die Kita haben sich mehr als verdoppelt
Aktuell fast 1,4 Millionen Euro - Räte entsetzt: "Unverantwortlich"

Mit einem Anbau wird die Kindertagesstätte Kunterbunt in Balzfeld um zwei Kleinkindgruppen und weitere Räume erweitert. Vom Gemeinderat war die Maßnahme für 638 000 Euro beschlossen worden, aktuell liegen die Kosten bei 1,38 Millionen. Foto: Rößler
Dielheim-Balzfeld. (rö) "Das darf nicht sein", monierte Klaus Eberle (CDU). "Das ist unverantwortlich", kritisierte Ernst Hofstetter (CDU). Das verärgerte Grummeln im Gemeinderat galt der Baukostenentwicklung beim Umbau und der Erweiterung der Kindertagesstätte Kunterbunt in Balzfeld. Die Baumaßnahme war vom Gremium im Juli 2016 mit damals angekündigten Kosten von 638.000 Euro beschlossen worden.
Inzwischen sind die meisten Gewerke ausgeschrieben und der aktuelle Kostenanschlag liegt bei 1,38 Millionen Euro - damit haben sich die Kosten mehr als verdoppelt. Für die Erweiterung um zwei Gruppenräume wird ein Anbau mit 270 Quadratmetern Nutzfläche errichtet, der zwei Kleinkindräume, zwei Schlafräume, sanitäre Anlagen und einen neuen Koch-Ess-Bereich enthält.
Ingenieur Dr. Hans Schiebl übernahm die undankbare Aufgabe, die "große Differenz" zu erklären. Bei den 638.000 Euro hat es sich nach seinen Worten noch nicht um eine Kostenschätzung, sondern lediglich um den sogenannten "Kostenrahmen" gehandelt. Dieser basiert auf den allgemeinen Planungsangaben und noch nicht auf dem konkreten Objekt. Das Bauamt der Gemeinde sei, so Schiebl, zu diesem Zeitpunkt "auf ähnliche Kosten" gekommen. Später habe sich dann aber gezeigt, dass diese nicht zu halten seien.
Die Erkenntnisse der Fachplaner hätten zum Beispiel einen deutlich schlechteren Baugrund als erwartet ergeben, durch die Erweiterung der Maßnahme habe man unter anderem ein Asbestdach aus den Siebzigerjahren entfernen müssen. Der Brandschutz habe erhebliche Anforderungen mit sich gebracht, dazu komme die allgemeine Entwicklung mit explodierenden Kosten im Bausektor. Auf Nachfrage von Harald Seib und Heino Freund (beide CDU) erklärte Schiebl, es sei durchaus "gängige Praxis", zunächst mit einem Kostenrahmen zu arbeiten.
Bürgermeister Thomas Glasbrenner sprach vom "Fluch der ersten Zahl" und hoffte auf "eine Lehre, wie wir künftig vorgehen". Er wies zu Schiebls Ehrenrettung darauf hin, dass bereits im April 2017 eine realistischere Kostenschätzung von fast 1,38 Millionen vorgelegen habe - allerdings sei darin noch eine Kühlanlage enthalten gewesen, die dann aber gestrichen wurde. Angesichts der Entwicklung auf dem Bausektor müsse man "froh sein, dass wir uns noch in diesem Bereich bewegen".
Auch interessant
"Wir müssen das hinnehmen, weil wir die Plätze brauchen", sagte Klaus Eberle. Für Ernst Hofstetter hat man bei "219 Prozent Kostensteigerung", so seine Rechnung, "vielleicht nicht richtig geguckt". Seiner Ansicht nach wäre bei einer so hohen Summe "vielleicht eine andere Entscheidung" gefallen, nämlich möglicherweise für einen kompletten Neu- statt einen Anbau. Josef Blum (SPD) wollte die Kostensteigerung "nicht schönreden", konnte aber "das eine oder andere nachvollziehen". Die ursprüngliche Aufgabenstellung sei eine andere gewesen, inzwischen habe man den Altbestand viel stärker einbezogen. Das berge immer Risiken. "Der Fehler ist am Anfang gemacht worden", so Blum.
Ursprünglich hatte man einmal gehofft, dass der Anbau bis Ende 2017 bezogen werden kann. Nachdem es aktuell laut Gemeindeverwaltung wegen eines Krankheitsfalls in der dafür verantwortlichen Firma Probleme mit den Fensterbauarbeiten gibt, von denen die weiteren Arbeiten abhängig sind, rechnet Heike Widder vom Bauamt derzeit mit einem halben Jahr bis zur Fertigstellung. Zum neuen Kindergartenjahr werden die Plätze dringend gebraucht. "Sonst müssen wir ein Zelt stellen", so Hauptamtsleiter Manfred Heinisch. Aktuell hat man wegen des großen Bedarfs schon eine Kleingruppe mit zehn Kindern im Keller des Kindergartens eröffnet.



