Ärger um Awo-Ballett

Seniorinnen führen ihre "Weltreise" mit kleinen Veränderungen auf

Die Frauen aus Mannheim-Rheinau und Buga-Verantwortliche finden einen Kostüm-Kompromiss.

19.04.2023 UPDATE: 19.04.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Die Pressestelle der Buga schrieb zu diesem Bild, es sei nach dem Gespräch auf Anregung der Awo-Damen entstanden, „um den gemeinsamen Konsens zu demonstrieren“. Es zeigt die Seniorinnen um Erika Schmaltz (5. v. l.) mit Kulturprogrammleiter Fabian Burstein (l.), Pressesprecherin Corinna Brod (3. v. l.) und Marketing-Chefin Kirsten Batzler (4. v. r.) von der Buga sowie mit dem Vorstand des Awo-Kreisverbands Mannheim, Alexander Manz (r.). Foto: Buga

Von Carsten Blaue

Mannheim. Das Seniorinnen-Ballett der Arbeiterwohlfahrt (Awo) aus dem Mannheimer Stadtteil Rheinau darf auf der Bundesgartenschau auftreten. In einem Gespräch am Montagnachmittag haben die Tanzgruppe und Vertreter der Buga einen Kompromiss gefunden, mit dem beide Seiten offenbar leben können. Ein paar Kostümierungen werden angepasst. Außerdem soll es nach dem Auftritt eine Diskussionsveranstaltung geben. Im Gegenzug dürfen die Frauen auf der großen Hauptbühne tanzen.

Schon vor Weihnachten hatten die Frauen ihre Auftrittstermine erhalten. Doch erst am Ostersonntag erhielten sie die Aufforderung, Bilder ihrer 14 Kostüme zu schicken. Mittwochs dann der Schock für die Seniorinnen: Die Buga-Verantwortlichen störten sich an Kostümen, welche die tanzenden Damen in ihrer Choreografie unter dem Titel "Weltreise mit dem Traumschiff" tragen, um Länder zu symbolisieren. Dazu gehören unter anderem Sombreros und Ponchos, Kimonos, Saris und Flamenco-Kostüme – alles selbst genäht.

Die Buga-Macher äußerten in einer Stellungnahme Bedenken an der Wirkung der Outfits "vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion zur Sensibilität für kulturelle und religiöse Codierungen". Man orientiere sich dabei am Leitbild der Stadt Mannheim. Dieser Aspekt wurde nicht näher ausgeführt. Eine Anfrage bei der Stadt Mannheim, auf welche Punkte des Leitbilds sich die Gestaltung des Buga-Kulturprogramms hier konkret bezieht, blieb am Dienstag unbeantwortet.

Die Bühnenkleidung der Seniorinnen wurde vonseiten der Buga zum Teil als kulturelle und religiöse Stereotype zur Unterhaltung eingestuft. Auch der Vorwurf der kulturellen Aneignung stand im Raum. Laut der Leiterin des Awo-Balletts, Erika Schmaltz ("Wir zeigen die Show entweder ganz oder gar nicht"), sollten zunächst sechs Kostüme so nicht auf die Bühne kommen. Doch die Gründe dafür sollen ihr nicht genannt worden sein.

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Nach einem entsprechenden Medien-Echo war Fabian Burstein, Leiter des Buga-Kulturprogramms, um Schadensbegrenzung bemüht, und es kam zum Kompromiss, weil auch Schmaltz einlenkte. Dessen Inhalte kommunizierte die Buga noch am Montagabend in einer Mitteilung. Demnach wird es an drei Kostümen Veränderungen geben: "Aus den Pharaonen werden ägyptische Arbeiter, den Mexikanern reicht der Poncho, und die Asiatinnen werden moderner", hieß es in dem Schreiben wörtlich und ohne weitere Details. Diese Anpassungen, so die Mitteilung weiter, würden "dem kulturellen Anspruch des jeweiligen Landes entsprechen".

Worin diese Ansprüche bestehen oder wer sie in dem Kompromissgespräch formuliert hat, ging aus der Mitteilung nicht hervor. Wohl jedoch die Absicht des Treffens: "Ziel war es, die notwendige Sensibilität an den Tag zu legen, das durch viel ehrenamtliche Arbeit entstandene Bühnenprogramm weitgehend zu erhalten und zugleich kulturelle Merkmale ohne vermeintliche Stereotypen zu setzen. Zugleich wurde beschlossen, die Veranstaltung auf die Hauptbühne zu verlegen und die Auftritte im Nachgang mit Diskussionsveranstaltungen zum Thema zu begleiten."

Schließlich wurden noch Burstein selbst und Alexander Manz, Vorstand des Awo-Kreisverbands Mannheim, in der Mitteilung zitiert. Manz freute sich demnach darüber, dass der Konsens "die Diskussion zum Spannungsfeld der Vielfalt in unserer Gesellschaft aufgreift". Bur-stein sagte, es sei "großartig, dass wir durch die Verlegung auf die Hauptbühne den Konflikt im Herzen der Buga 23-Fläche auflösen".

Die Mitteilung ließ Fragen offen, weshalb die RNZ am Dienstagvormittag eine schriftliche Anfrage an die Buga stellte. Etwa, wann die Damen – alle im Alter zwischen 59 und 85 Jahren – auftreten. Oder wer an den Diskussionsrunden teilnehmen wird und welche Ziele diese Foren verfolgen. Oder wie die Verantwortlichen den Image-Schaden für die Buga begrenzen wollen und warum man sich nicht frühzeitig über die Kostüme der Awo-Damen informiert hat.

Nachdem eine Reaktion ausblieb, folgte am Nachmittag ein Anruf bei der Buga-Pressestelle. Hier stellte eine Sprecherin klar: "Wir beantworten keine Fragen mehr zur Awo."

Das Rheinauer Ballett ist gleichwohl einverstanden mit dem Kompromiss: "Wir sind mit der Lösung zufrieden", schrieb Schmaltz auf RNZ-Anfrage: "Wir dürfen auf die Hauptbühne, zwar ohne Sombrero und ohne Perücke. Aber ich denke, die Buga hat ihr Lehrgeld bezahlt, und wir haben unseren Frieden."

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