Immer mehr "Heizkerzen" für ukrainisches Militär
Ukrainerinnen helfen Soldaten an der heimischen Front. Viele Helfer wurden nach einem RNZ-Artikel mobilisiert.

Sandhausen. (luw) Fünf große Kisten mit alten Kerzen: Als die Ukrainerin Svetlana Lozytska diese am Dienstag, der zufällig auch ihr 44. Geburtstag war, von einer RNZ-Leserin überreicht bekam, war sie gerührt. "Ich sagte ihr, sie sei mein Geburtstagsgeschenk – das ist so nett", erzählt die zweifache Mutter, die im Frühjahr 2022 vor dem Krieg in ihrer Heimat geflüchtet war und in Sandhausen unterkam.
Vor Weihnachten begann sie wie berichtet mit dem Basteln von "Heizkerzen", die den Soldaten an der heimischen Front durch den kalten Winter helfen sollen. Weil dafür spezielle "Zutaten" gebraucht werden, meldeten sich nach Erscheinen des RNZ-Artikels mehrere Spender und Helfer.
Möglichst flache Konservendosen, weißer Wachs oder – noch besser – der Brennstoff Paraffin werden benötigt, um die wärmenden Kerzen herzustellen. Tanja Diem vom Ökumenischen Helferkreis startete gleich einen Aufruf: Im familieneigenen Betrieb "Obst und Gemüse Diem" können an den Öffnungstagen freitags, samstags und montags Spenden abgegeben werden.

"Wir haben im Laden auch eine Ukraine-Kasse, in die regelmäßig gespendet wird", berichtete Diem nun auf Nachfrage: Sie gab Lozytska einen Teil des Geldes, wovon diese fünf Kilogramm Paraffin bestellen will. "Sie hat aber so viele Kerzenreste bekommen, dass sie diese erst verschafft", weiß Diem.
Auch dringend benötigte Konservendosen würden immer wieder bei ihr abgegeben, sodass sie diese an Lozytska weiterreichen kann. Diese wiederum hat inzwischen eine ukrainische Familie in Walldorf kennengelernt, welche die Kerzen in die Heimat bringen will.
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Und wie entstehen die Kerzen? Wellpappe wird so gefaltet, dass sie die Konservendose ausfüllt. In mehreren Schritten wird das Gefäß dann mit Paraffin oder mit eingeschmolzenem Wachs gefüllt. Je weniger Farbstoff die verarbeiteten Kerzen enthalten, desto rußfreier brennen sie.
Wie Lozytska erklärt, können Wind oder Wasser das Feuer nicht löschen. Die Kerzen seien kompakt, rauchfrei und aus der Distanz nicht sichtbar. Ideal seien flache Konservendosen – etwa solche, in denen Mais oft verkauft wird.
Die 44-jährige Ukrainerin wohnte vor ihrer Flucht mit ihrer Familie in Kiew. Mit ihrem 18-jährigen Sohn und der achtjährigen Tochter kam sie zunächst privat bei Sandhäusern unter, inzwischen wohnen die Drei in einer eigenen Wohnung in der Hopfengemeinde.
Der Ehemann und Vater blieb in der Heimat, weil er seinen pflegebedürftigen Eltern helfen muss. Von den Menschen in Deutschland hatte sich Lozytska bereits vor Weihnachten begeistert gezeigt: "Ich kann ehrlich sagen, dass ich die Menschen, die hier leben, sehr mag."
Die Reaktionen von Tanja Diem und weiteren Ehrenamtlichen auf diese besondere Art der Hilfe für die ukrainischen Soldaten hat diesen Eindruck wohl noch verstärkt. Schließlich engagiert sich der Ökumenische Helferkreis in vielen Bereichen.
Bereits wenige Tage nach Kriegsbeginn hatten die Freiwilligen Sachspenden gesammelt und deren Verteilung koordiniert. Hinzu kamen Hausaufgabenbetreuung, Deutschkurse und noch viele Hilfsangebote mehr. "Bei uns im Wichernhaus ist momentan von morgens bis abends viel los", erzählt Diem schmunzelnd.