Die Hoffenheim-Story - Teil 8

Tobias Weis hat den Platz mit der Pinseria getauscht

Ex-Profi hat dem Fußball den Rücken gekehrt und betreibt heute drei Restaurants

08.06.2020 UPDATE: 09.06.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden
Tobias Weis (r.) im Mai 2013 gegen HSV-Superstar Rafael van der Vaart. Foto: APF

Von Christoph Offner

Heidelberg. "Das war die schwerste Zeit meines Lebens", sagt Tobias Weis über seine Zwangsversetzung in die berühmt-berüchtigte "Trainingsgruppe 2" der TSG Hoffenheim. Gemeinsam mit neun anderen Profis, darunter Tim Wiese, Matthieu Delpierre und Eren Derdiyok, durfte Weis im Sommer 2013 nicht mit ins Sommertrainingslager der TSG reisen. Stattdessen mussten sich die Aussortierten auf einem Nebenplatz des Dietmar-Hopp-Stadions mit dem eigens dafür engagierten Trainer Sascha Koch fithalten. "Angesichts der Größe unseres Kaders war diese Zweiteilung notwendig. Nur so können wir zielgerichtet und professionell arbeiten", verteidigte der damalige "Hoffe"-Coach Markus Gisdol die Einführung der "Sondergemeinschaft", die bundesweit für Schlagzeilen sorgte.

Nach und nach fanden die meisten der Degradierten einen neuen Verein. Als Ende September die "Trainingsgruppe 2" aufgelöst wurde, waren von den Degradierten nur noch Weis, Wiese, Delpierre Edson Braafheid und Matthias Jaissle übrig. Torwart Wiese bestand auf Einzeltraining, alle anderen wurden in den Trainingsbetrieb der U23 integriert.

Für Weis war es der Tiefpunkt seiner Zeit in Hoffenheim, die einst so vielversprechend begann. Von seinem Jugendverein VfB Stuttgart in den Kraichgau gewechselt, schaffte der zweikampfstarke "Sechser" mit der TSG den Sprung in die Bundesliga. Auf dem Weg zur Herbstmeisterschaft war er aus der Hoffenheimer Mannschaft nicht wegzudenken.

Weis galt zeitweise als einer der besten Mittelfeldspieler des Deutschlands. Branchenprimus Bayern München zeigte Interesse und mit seinen starken Leistungen überzeugte er auch Bundestrainer Joachim Löw. Nach zwei Berufungen ohne Einsatz, feierte er im Juli 2009 beim Freundschaftsspiel gegen die Vereinigten Arabischen Emirate sein Debüt in der Nationalmannschaft – "das absolute Highlight meiner Karriere" erinnert sich der gebürtige Schwäbisch Haller.

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Doch so steil der Aufstieg von Weis war, so rapide ging es auch bergab. Verletzungen warfen ihn aus der Bahn, dazu gesellten sich wiederholt Undiszipliniertheiten und Verfehlungen des Profis. Das Hoffenheimer Trikot sollte er beim 2:1-Sieg im Relegationsrückspiel auf dem "Betzenberg" gegen den FCK zum letzten Mal tragen.

Im Januar 2014, ein halbes Jahr nach seiner Degradierung verließ Weis schließlich die TSG. Zunächst per Leihe zu Eintracht Frankfurt und dem VfL Bochum, der ihn schließlich fest unter Vertrag nahm. Richtig Fuß fassen konnte er – auch aufgrund von Verletzungen – weder in der hessischen Finanzmetropole, noch in der nordrhein-westfälischen Bergarbeiterstadt.

Nach beinahe anderthalb Jahren Vereinslosigkeit folgten für Weis kurzweilige Gastspiele bei Oberligist FV Bissingen und Landesligist TSV Weilimdorf, ehe er im vergangenen Sommer die Fußballschuhe an den Nagel hängte. Stattdessen ist er heute stolzer Gastronom: In Ludwigsburg, Ludwigshafen und seit kurzem auch in Heilbronn, bietet er in seinen Restaurants "Pinsa" an. "Pinsa Romana" – das ist die Urform der Pizza aus der Römerzeit und aufgrund des langen Gärprozesses des Teiges sogar bekömmlicher als eine herkömmliche Pizza.

Gerüchten über ein mögliches Comeback beim Kreisligisten SG Horrenberg schiebt Weis einen Riegel vor: "Da gibt es nichts zu sagen. Ich habe jetzt drei Lokale und daheim zwei kleine Kinder – da bleibt nicht mehr viel Zeit". Der ehemalige Bundesliga-Profi hat den Platz mit der Pinseria getauscht – unglücklich scheint er darüber nicht zu sein.

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