1899 Hoffenheim

Der bemerkenswerte "Stimmungswandel" von Ishak Belfodil

Endlich angekommen - Demirbay: "Im Fußball ist alles möglich"

08.04.2019 UPDATE: 09.04.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden

Blindes Verständnis: Kerem Demirbay (l.) und Ishak Belfodil zauberten im April bei der Hoffenheimer Gala in Augsburg gemeinsam. Foto: APF

Von Nikolas Beck

Augsburg. Wie schnell sich die Zeiten ändern: Es ist noch gar nicht lange her, da plagten die TSG Hoffenheim arge Personalsorgen. Und auch der Blick auf die Tabelle diente nicht als Trostspender. Zwischen Anfang Februar und Anfang März gelang aus fünf Spielen nur ein Sieg, die Europapokal-Plätze erschienen weit weg, Trainer Julian Nagelsmann musste fürchten, dass seinen zu Ende gehenden drei Jahren als Cheftrainer der würdige Abschied verwehrt bleiben würde. Vier Wochen, fünf Spiele und zehn Punkte später dröhnte am Sonntag schon wieder der Schlachtruf "Hoffe ist der geilste Klub der Welt" aus der TSG-Kabine.

Kerem Demirbay hatte nach der 4:0-Gala beim FC Augsburg auch direkt eine Art Kampfansage an die Konkurrenz parat. Wie viele Teams denn noch überholt werden sollen, wurde Hoffenheims Nummer zehn gefragt, nachdem es für die TSG von Rang neun auf Rang sieben nach vorne ging. Demirbay: "So viele, dass wir am Ende auf Platz vier oder drei stehen." Freilich, das werde schwer, aber: "Im Fußball ist alles möglich."

Ein anderer, welcher der Bundesliga gerade eindrucksvoll vor Augen führt, wie rasch sich ein Stimmungswandel vollziehen kann, ist Ishak Belfodil. Der Algerier, vor der Saison mit dem Ruf eines Wandervogels im Gepäck von Standard Lüttich gekommen, war in der Hinrunde auch im Kraichgau nicht wirklich glücklich geworden.

"Ich bin ganz ehrlich", hatte TSG-Manager Alexander Rosen kürzlich eingeräumt, "wir hatten in der Winterpause eine Diskussion mit ihm, weil er mit seiner Spielzeit unzufrieden war." Im Klub habe aber niemand auch nur mit dem Gedanken gespielt, den Torjäger nach einer halben Saison schon wieder weiterziehen zu lassen. "Ich habe ihm gesagt, überhaupt keine Chance. Setz Dich durch, Du bist gewollt", so Rosen. Mit neun Toren in den vergangenen acht Spielen zahlt Belfodil das Vertrauen inzwischen regelmäßig zurück.

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Seinen Vorgesetzten wundert das nicht: "Er ist ein brutaler Spieler, groß, stark, schnell, kopfballstark, kann Eins-gegen-eins", schwärmt Rosen. Und: "Ich sehe nicht, dass dies das Ende seiner Entwicklung sein muss, er muss wohl einfach eine Art Zuhause finden." Die TSG ist bereits der neunte Klub des 27-Jährigen.

Es gebe manchmal Spieler, da frage man sich vor der Verpflichtung: Wo ist der Haken? Bei Belfodil sei dies ähnlich gewesen wie bei Kerem Demirbay, den die TSG damals für vergleichsweise kleines Geld vom HSV loseisen konnte.

Am Sonntag zauberten die beiden TSG-"Schnäppchen" wieder mal gemeinsam. Demirbay, der einen der drei Treffer des Algeriers traumhaft schön vorbereitet hatte, versuchte hinterher eine Art von blindem Verständnis zwischen den beiden in Worte zu fassen und lobte seinen Kameraden in höchsten Tönen. Vor allem deswegen, weil in der ersten Halbzeit noch nichts auf einen Belfodil-Hattrick hatte schließen lassen.

Im Gegenteil: Der Stürmer, der in seiner Juniorenzeit Länderspiele für Frankreich absolviert hatte, zog hier und da den Unmut seiner Kollegen auf sich, weil er sie gelegentlich übersah. "Er kann querlegen, aber wenn er drin ist beschwert sich auch keiner", hatte Demirbay zwar Verständnis für Belfodils Eigensinn. Stürmer müssten nun mal egoistisch sein. Dennoch habe in der Halbzeitpause eine interne Aufarbeitung stattgefunden. "Wir sprechen gewisse Dinge momentan sehr, sehr klar an", berichtete Demirbay von einem intakten Binnenverhältnis.

So stand Belfodils Karrierebestleistung im zweiten Durchgang nichts mehr im Wege. "Zwei Tore habe ich schon ein paar Mal geschossen, drei sind mir aber noch nie gelungen", strahlte der Mann des Tages, der vom Schiedsrichter einen Spielball überreicht bekam. Dieser soll nun ein Ehrenplatz bekommen, verriet Belfodil. Zumindest temporär. "Ich werde ihn irgendwo hintun, aber ich habe zwei Kinder - der Ball wird daher sicherlich nicht lange an einem Ort bleiben."

Ganz im Gegensatz zu seinem Besitzer? Ishak Belfodil scheint - so sieht es im Frühjahr 2019 zumindest aus - endlich seine sportliche Heimat gefunden zu haben.

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