Freiburg gegen Hoffenheim

Der Hoffenheimer Horrorfilm

Zwei Verletzungen, eine Fehlentscheidung und ein Eigentor: Die TSG erlebt beim 1:3 gegen Freiburg einen gruseligen Start ins neue Jahr.

03.01.2021 UPDATE: 03.01.2021 20:22 Uhr 2 Minuten, 46 Sekunden
Freiburgs Baptiste Santamaria brachte Freiburg früh in Führung. Foto: APF

Von Nikolas Beck

Sinsheim. Sebastian Hoeneß wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. 42 Minuten waren am Samstagnachmittag in Sinsheim gespielt, als dem Hoffenheimer Trainer ein Lächeln über die Lippen huschte. Es war ein bittersüßes.

Nur Sekunden später entlud sich der ganze Frust über eine Halbzeit zum Vergessen in einer lautstarken Schimpftirade. Hoeneß und "Hoffe" waren konsterniert. Schlechter hätte das Jahr 2021, in dem doch eigentlich alles irgendwie besser werden sollte, gar nicht beginnen können. "Wir brauchen nicht drumherum reden", sagte Hoeneß, "den Start haben wir uns ganz anders vorgestellt." Halbzeit eins, so der 38-Jährige, sei "wie das Drehbuch eines Horrorfilms" gewesen. Nach der Pause gab’s aus Sicht der TSG zwar nicht mehr ganz so viele Schockmomente. Ein Happy End blieb dem Gruselstreifen im Heimspiel gegen den SC Freiburg beim 1:3 (0:3) allerdings auch verwehrt.

Doch der Reihe nach. Mehr personelle Stabilität war einer der großen Wünsche des Trainers fürs neue Jahr. Im Baden-Derby mussten dann aber mit Florian Grillitsch und Dennis Geiger zwei zentrale Mittelfeldspieler verletzt passen – und wenige Minuten nach Anpfiff brach mit Sebastian Rudy der dritte weg: Bei einem misslungenen Rettungsversuch blieb der 30-Jährige im Boden hängen und verdrehte sich das linke Knie. Nach dem MRT am Sonntag gab es leichte Entwarnung: Eine Innenbandzerrung und ein Knochenödem trug Rudy bei seinem 300. Ligaspiel davon. Zu allem Überfluss gingen die Gäste durch Baptiste Santamaria auch direkt in Führung, während Rudy sich noch vor Schmerzen krümmte (7. Minute). Hoeneß brachte den jungen Melayro Bogarde für die Zentrale – und schob den Niederländer nach nur zehn Minuten weiter auf die Außenbahn, weil auch Kevin Akpoguma verletzt runter musste (Muskel-Sehnenverletzung im hinteren Oberschenkel). "Ich möchte der Mannschaft kein Alibi geben, aber sie insofern auch in Schutz nehmen", fasste Hoeneß die Anfangsviertelstunde zusammen, "dass es danach auch extrem schwer ist, sich da wieder herauszuarbeiten".

Ein angebliches Handspiel im Strafraum von Bogarde (Grifo traf per Elfmeter zum 2:0/33./siehe Kasten) und ein unnötiges Eigentor von Kasim Adams (42.) taten ihr Übriges. Ob Hoeneß abergläubisch ist, ist nicht überliefert. Das Bleigießen zum Jahreswechsel hätte aber wohl einen Wurm zutage gebracht. "Kaum Erfolg zu erwarten" soll der schließlich bedeuten. Die Partie war zur Pause bereits entschieden.

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Ankreiden müsse man sich lassen, so der Trainer, dass man gegen einen Gegner wie Freiburg, "der gut drauf ist (der Sieg in Sinsheim war der vierte in Serie), von Beginn voll da sein muss, auf allen Positionen – und das waren wir leider nicht."

Im Hollywood der Bundesliga, um im Bild zu bleiben, steht vor allem der Regisseur in der Kritik, nicht die Schauspieler, wenn ein Film floppt. Übersetzt: Auch Hoeneß weiß, dass es in seiner Verantwortung liegt, wie die Mannschaft ein Spiel angeht. Dass nach einer "optimalen Trainingswoche", wie er mehrfach betonte, durch Verletzungen die Abwehr früh durcheinandergewirbelt wurde, kann nicht das erschreckend schwache Offensivspiel gegen die Breisgauer erklären. "Wir waren trotz Ballbesitz nicht in der Lage, gute Chancen herauszuarbeiten", legte Christoph Baumgartner, der sich nach den Umstellungen auf der Sechserposition wiederfand, den Finger in die Wunde.

Nach dem Seitenwechsel, als es laut Hoeneß vor allem darum ging, "Charakter zu zeigen", war zwar eine Steigerung zu erkennen. Der Einschätzung des TSG-Coaches, es habe nur das letzte Quäntchen gefehlt, um die Partie zu drehen, ist aber nur bedingt zu folgen. Vielmehr als ein satter Distanzschuss von Bogarde (50.), das 1:3 von Ihlas Bebou (58.) und Kramarics Kopfball neben das Tor (61.) sprang nicht mehr raus.

Dabei ist es traditionell das erfrischende Spiel nach vorne, das in Hoffenheim den einen oder anderen Abwehrschnitzer vergessen lässt. Das war in den erfolgreichen Jahren unter Julian Nagelsmann nicht anders. Und es war wohl ausschlaggebend dafür, dass man Alfred Schreuder am Ende durch Hoeneß ersetzte. Nun aber stottert der TSG-Motor hinten und vorne. "Ich bin total angefressen", sprach Kapitän Oliver Baumann Klartext: "Es geht so nicht, wie wir verteidigen. Wir bekommen extrem viele einfache Gegentore." Inzwischen sind es deren 26 – nur die Abstiegskandidaten Mainz und Schalke sind defensiv noch anfälliger.

Vom tabellarischen Vergleich mit der Konkurrenz rät Baumgartner derweil ab: "Wir sollten zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Tabelle und die Punkte schauen, sondern auf die Spiele", sagte der junge Österreicher. Die RNZ macht beides: Rang 13 mit 15 Zählern, deren fünf Vorsprung auf den Relegationsplatz – und ein Auswärtsspiel mit den historisch schlechten Schalkern, die seit 30 Spielen auf einen Sieg warten, vor der Brust.

Nach dem Horror zum Auftakt wäre eine weitere Niederlage in Gelsenkirchen für Hoffenheim und Hoeneß ein echtes Drama.

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