Mutloses Hoffenheim muss sich in Freiburg mit einem 1:1 begnügen

Beim stark ersatzgeschwächten Tabellen-16. wäre für den Rangsiebten mehr drin gewesen als nur ein Pünktchen. Doch nach einer schwachen ersten Halbzeit reichte auch ein Traumtor von Kevin Volland nicht zum Sieg

22.02.2015 UPDATE: 23.02.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 42 Sekunden

Freiburgs Immanuel Höhn (Nr. 41) kann den Ball an Oliver Baumann vorbei ins Hoffenheimer Netz schießen, weil Sebastian Rudy ihn zu unentschlossen verteidigt. Foto: dpa

Von Achim Wittich

Freiburg. 1899 Hoffenheim: Ein Team. Ein Weg. Ein Gebabbel - pardon - ein Sprachgebrauch: "Das Unentschieden ist okay", fasste Sejad Salihovic das 1:1 zwischen dem SC Freiburg und der TSG am Samstagnachmittag im Schwarzwaldstadion zusammen. Trainer Markus Gisdol und Kapitän Andreas Beck lagen verbal voll auf einer Wellenlänge. "Damit können wir gut leben", sagte Beck in der Mixed Zone, kurz zuvor hatte Gisdol auf der Pressekonferenz noch einen draufgesetzt: "Mit diesem Punkt können wir sehr gut leben."

Doch warum nur so bescheiden? Beim stark ersatzgeschwächten Tabellen-16. wäre für den Rangsiebten mehr drin gewesen als nur dieses eine Pünktchen. Dafür allerdings hätte Gisdol seine Profis viel früher viel mutiger agieren lassen müssen. Vor allem vor der Pause hatte der kränkelnde Geislinger, der am Donnerstag und Freitag die Trainingseinheiten wegen eines Infekts nicht leiten konnte, seinem Team eine abwartende Spielweise verordnet. Salihovic musste eingestehen: "Wir haben in der ersten Halbzeit kein aktives Spiel gemacht." Beck formulierte es positiv: "Wir haben den Gegner ein Stück weit kommen lassen und sind tiefer gestanden."

Also freuten sich die 22 950 Freiburger Fußballfreunde in den ersten 45 Minuten darüber, dass ihre Lieblinge dem ungeliebten Hopp-Klub mehr zusetzten, als sie erwarten durften - und dass sie wieder einmal ihre Stärke nach Standardsituationen unter Beweis stellen konnten. Höhn durfte den Ball nach einem weiten Freistoßschlag von Schmid am langen Pfosten ins Hoffenheimer Tor befördern (25. Minute) "In dieser einen Situation waren wir vielleicht etwas schläfrig", befand Gisdol mit schützendem Schal um den Hals. Die RNZ-Nachfrage bezüglich der bekannten Gefährlichkeit des Gegners bei ruhenden Bällen fand er "lustig". Ob wir denn nicht mitbekommen hätten, wie viele Standardsituationen die Freiburger anschließend noch gehabt hätten? "Zum Glück ist nicht mehr passiert, ich bin zufrieden", teilte Gisdol mit.

Bis zur 40. Minute war der TSG-Coach noch kein einziges Mal in der Coaching-Zone aufgetaucht, saß dick eingepackt auf der Bank. Doch nach dem zu diesem Zeitpunkt völlig überraschenden 1:1 (39.) durch ein Traumtor von Kevin Volland ("Den hab ich gut erwischt, wir können mit dem Punkt leben") gab’s erstmals Anweisungen an Käpt’n Beck. Und wenige Momente darauf holte Gisdol noch schnell Pirmin Schwegler vom Feld, der nach seinem zweiten überharten Einsteigen der gelb-roten Karte sehr nahe war. Dass die Männer von SC-Coach Christian Streich - wie immer mit unbändigem Kampfgeist ausgestattet - derzeit kein in sich gefestigtes und stabiles Fußballteam darstellen, davon durften sich die 850 mitgereisten 1899-Getreuen in Abschnitt zwei überzeugen. Sehr zu ihrer Freude hatte Gisdol in der Kabine angeordnet, das Spielgeschehen weiter in die Hälfte der Breisgauer zu verlagern.

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Energischer wurden nun die Freiburger beim Aufbauspiel gestört, die Räume geschickt eng gemacht und somit Druck auf den SC erzeugt. Modeste (49.), der eingewechselte Polanski mit einem herrlichen Kracher, den Freiburgs Torwart Bürki gerade noch an den Pfosten lenken konnte (52.), oder Modeste nach einer feinen Vorarbeit von Volland (69.) hatten u.a. den Sieg auf dem Fuß. Rückkehrer Oliver Baumann dagegen, mit Pfiffen begrüßt, war nur noch zweimal halbwegs gefordert (siehe unten).

"Je mehr Risiko wir heute gehen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir ein Tor einfangen. Diese Gefahr ist ungleich größer als die Wahrscheinlichkeit selbst ein Tor zu erzielen", dozierte Streich später. Kapiert? Wir behaupten keck: Bei Hoffenheim wäre es genau umgekehrt gewesen.

Doch Gisdols Mannschaft wirkt in den bisherigen fünf Rückrundenspielen (1 Sieg, 1 Remis, 3 Niederlagen) gehemmt und agiert zu passiv - auf dem Platz und außerhalb. Dabei haben Beck und Co. eine herrliche Ausgangsposition. Stolze acht Punkte sind es bei derzeit schon 30 Zählern auf Relegationsrang 16 zu den Freiburgern, aber nur drei Punkte auf den sechsten Rang, der das Tor zu Europa öffnet. Es ist ein Schneckenrennen, das sich die Bewerber dafür liefern. Wohl noch nie in der kurzen Erstliga-Historie war die Chance für 1899 größer, sich für eine Europa-League-Platz zu qualifizieren.

In Hoffenheim aber hat die kurze Ära von Markus Babbel ein Trauma hinterlassen. Der Ex-Trainer gab vorm Spieljahr 2012/13 ambitionierte Ziele vor - und stürzte tief. Jetzt hat sich "Hoffe" zwar gefestigt. Doch das erfolgreiche Duo Gisdol und Manager Alexander Rosen scheut forsche Töne wie der Teufel das Weihwasser. Es ist keinem der Hoffenheimer Profis anzuraten, verbal in die Offensive zu gehen. Schade. Ein bisschen mehr Mut täte gut. Nicht nur auf dem Rasen.

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