Viele Männer, eine Frau: Der Telekom-Vorstand auf der Jahreshauptversammlung 2014 in Köln. Foto: dpa
Von Anna Manceron
Heidelberg. Gibt es in deutschen Unternehmen noch immer zu wenig weibliche Führungskräfte? Und verdienen Frauen inzwischen genauso viel wie ihre männlichen Kollegen?
Für jeden dritten Deutschen (34 Prozent) ist die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern das größte Problem, mit dem sich Frauen in Deutschland auseinandersetzen müssen. Da sind sich beide Geschlechter einig, wie eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos zeigt.
Dennoch: Im Jahr 2016 lag der sogenannte Gender Pay Gap, der gemittelte Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern, für Vollzeitbeschäftigte bei 14 Prozent. Das geht aus einer im Februar veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.
Dabei wurden auch deutliche regionale Unterschiede festgestellt: Während die meisten Frauen in Ostdeutschland sogar besser bezahlt wurden (hier lag die Lohnlücke bei minus zwei Prozent), hinken die westdeutschen Bundesländer hinterher. Hier betrug die Lohnlücke durchschnittlich 16 Prozent. Die höchsten Gehaltsunterschiede wurden in Baden-Württemberg (21 Prozent) gemessen. Auch Heidelberg, Mannheim und der Rhein-Neckar-Kreis lagen mit 19 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Noch etwas höher war die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern im Neckar-Odenwald-Kreis (20 Prozent).
Der Gender Pay Gap gibt auch Aufschluss darüber, wie schwierig es nach wie vor für Frauen ist, in Führungspositionen zu gelangen. Deutlich macht dies eine gestern in Berlin veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Bei Gering- und Spitzenverdienern ist die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in Vollzeitbeschäftigung am größten, so die Studie. Demnach verdienen Frauen im Niedriglohnsektor rund 20 Prozent weniger, bei Spitzenlöhnen sind es sogar 24 Prozent.
Ein Phänomen, das die Berliner Forscher als sogenannten "klebrigen Boden" oder auch "gläserne Decke" bezeichnen. "Im Niedriglohnsektor arbeiten überdurchschnittlich viele Frauen, denen es nur selten gelingt, in höhere Lohngruppen aufzusteigen", erklärt Katharina Wrohlich, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIW. Ein Problem, das auch in Führungsetagen allgegenwärtig sei, so die Wirtschaftswissenschaftlerin. "Hier hindert die sogenannte gläserne Decke noch immer viele Frauen daran, Spitzenpositionen einzunehmen."
Bisher haben es in Deutschland tatsächlich nur wenige Frauen an die Spitze großer Unternehmen geschafft. Seit 2016 gilt für die Aufsichtsräte von rund 100 börsennotierten deutschen Unternehmen eine Frauenquote von 30 Prozent. Diese Quote haben inzwischen auch fast alle betroffenen Unternehmen in ihren Kontrollgremien umgesetzt. Anders sieht es jedoch in den Vorständen der Unternehmen aus, wo die meisten unternehmensrelevanten Entscheidungen getroffen werden. Hier sind Frauen noch immer stark unterrepräsentiert.
Dies lässt sich auch bei den drei Dax-notierten Unternehmen aus der Region beobachten: Bei SAP zählt der neunköpfige Firmenvorstand zwei weibliche Mitglieder. Ähnlich bei BASF, wo neben sieben Männern eine Frau im Vorstand sitzt. Und unter den sieben Vorstandsmitgliedern von HeidelbergCement ist gar keine Frau vertreten.
"Im Topmanagement müssen vor allem die Unternehmen umdenken und ihre Strukturen hinterfragen", sagt Wirtschaftswissenschaftlerin Katharina Wrohlich. Sie sieht aber auch die Politik in der Pflicht, bessere Anreize zu schaffen, die Frauen mit Kindern das Arbeiten erleichtern. "Das wären zum Beispiel bessere Betreuungsangebote oder eine Reform des Ehegattensplittings."