Containerschiffe werden am Mannheimer Rheinhafen entladen. Mit acht bis neun Millionen Tonnen Schiffsgüterumschlag ist er der viertgrößte Hafen in Deutschland. Foto: Gerold
Von Harald Berlinghof
Rhein-Neckar. Es war an einem ungemütlichen und verregneten Oktobersonntag des Jahres 1840 als sich die Mannheimer zur Einweihung ihres Neuen Rheinhafens aufmachten. Sechs Jahre lang hatte man daran gebaut. Und schon ab 1854 war der Rheinhafen in Mannheim eine Drehscheibe des Güterverkehrs, denn Binnenschiff und die ersten Bahnen trafen dort aufeinander. Vom Schiff wurde auf die Eisenbahn umgeladen und von den Pferdekutschen auf das Binnenschiff. Bis heute ist man stolz bei der Staatlichen Rhein-Neckar-Hafengesellschaft Mannheim, dass man sich als Trimodal bezeichnen kann. Trimodal deshalb, weil zum Schiff und zur Eisenbahn heute zusätzlich der Lastwagen als wichtiges Transportmittel eingebunden werden kann.
Mannheim hat seinen Binnenhafen. Mit acht bis neun Millionen Tonnen Schiffsgüterumschlag in normalen Jahren wird er in Deutschland auf der Position vier geführt, was seine Größe betrifft. Ludwigshafen hat direkt gegenüber seinen Rheinhafen, der auch den Schiffsumschlagplatz für die BASF miteinschließt. Alleine der Chemieriese BASF schlägt in seinem Landeshafen Nord mehr als 2,6 Millionen Tonnen Güter im Jahr um. An allen Anlandestellen entlang des BASF-Geländes sind es noch einmal vier Millionen Tonnen. Das entspricht 40 Prozent des gesamten Transportvolumens des Konzerns, die über den Rhein abgewickelt werden. "Dabei kommt mehr an Tonnage über den Hafen herein, als wieder hinausgeht", erklärt man bei der BASF. Die komplexeren und werthaltigeren Endprodukte des Unternehmens verlassen das Werk häufiger mit der Bahn oder auf dem Lkw.
Und Heidelberg, das dritte Oberzentrum der Metropolregion Rhein-Neckar? Heidelberg hat den Neckar und seinen Hackteufel, an dem in historischer Zeit so manches Schiff sein Ende fand. Heidelberg hat keinen Hafen für Binnenschiffe, trotzdem hat auch der Neckar seine wirtschaftliche Bedeutung als Transit-Transportweg für die Region. Denn bis hinauf nach Plochingen werden von der Flussmündung des Neckars Waren transportiert.
Aber "Vater Rhein" bleibt seit seiner Begradigung durch Johann Gottfried Tulla eine zentrale Warentransportachse Europas. 80 Prozent aller auf dem Wasserweg in Deutschland transportierten Güter werden auf dem Rhein bewegt. Für den Oberrhein bedeutet das fast 50 Millionen Tonnen Güter jährlich. Sechs der zehn umschlagsstärksten Binnenhäfen liegen am Rhein. Nur die Binnenhäfen in Hamburg, Bremen, Frankfurt und Heilbronn können in diese Phalanx eindringen. Angeführt wird die Rangliste der Rheinhäfen vom Hafen Duisburg, es folgt Köln, danach kommen Mannheim, Ludwigshafen und Karlsruhe.
Ohne den Rhein müsste die industrielle Produktion in Europa zusammen-brechen. Denn der Rhein ist nicht nur Schifffahrtsstraße, sondern auch Kühl- und Brauchwasserlieferant. Und die BASF wurde nicht ohne Grund 1865 am Rhein gegründet. Als im letzten Jahr das extreme Niedrigwasser am Rhein länger andauerte als üblich, musste die BASF ihre Produktion zurückfahren. Aufgrund fehlender Anlieferungen über den Rhein fehlten bis zu 10.000 Tonnen Rohstoff pro Arbeitstag. "Der finanzielle Folgeschaden betrug insgesamt 250 Millionen Euro durch Produktionsausfall und höhere alternative Frachtkosten", so Vorstandsmitglied und Standortleiter Michael Heinz. Auch im Mannheimer Hafen gingen die Umsätze drastisch zurück.
In den nächsten 20 Jahren wird laut einer Prognose des Bundesverkehrsministeriums der Güterverkehr mit Binnenschiffen um fast ein Viertel zunehmen. Daher, so die Forderung aus der Industrie, muss die Schiffbarkeit der Flüsse gewährleistet bleiben. Für den Rhein bedeutet dies eine streckenweise Vertiefung und Freihaltung der Fahrrinne, für den Neckar sind es vor allem die Schleusenverlängerungen, die nötig sind um 135-Meter-Schiffe passieren zu lassen. Alle Schleusen bis Stuttgart-Plochingen werden aber erst bis 2050 verlängert sein.
Von einer Schleusenverlängerung im unteren Teil des Neckars würde auch Heidelberg als Tourismusziel, das auf dem Wasserweg erreichbar ist, profitieren. Heute können maximal Binnenkreuzfahrtschiffe bis 105 Meter Länge die Stadt erreichen. Viele Reedereien bauen aber aus Wirtschaftlichkeitsgründen ihre Hotel-Schiffe mit 110 Meter Länge. Anlegeplätze mit hoher Wirtschaftskraft liegen am Neckar in Plochingen, Heilbronn, wo auch der Salzhafen von Bad Friedrichshall liegt, und der Schiffswerftanlagestelle in Neckarsteinach. Salz ist mit 19 Prozent Anteil an den transportierten Gütern das zweithäufigste Produkt auf Neckarschiffen nach den Baustoffen.
Neben der ökonomischen Bedeutung des Güterverkehrs auf dem Wasserweg sollte auch der ökologische Aspekt nicht völlig vergessen werden. Ein Binnenschiff bewegt im Schnitt 4000 Kilogramm Güter pro PS, eine Lokomotive nur 400 Kilo und der Lkw nur 150 Kilogramm. Darüber hinaus ist das Binnenschiff das leiseste Transportmittel überhaupt.