SAP-Chef Christian Klein (links) und Finanzvorstand Luka Mucic bei der virtuellen Bilanz-Pressekonferenz in Walldorf. Foto: dpa
Von Barbara Klauß
Walldorf. Das neue Jahr dürfe ruhig etwas ereignisärmer werden, sagt Christian Klein und grinst ein bisschen. Bei der Bilanz-Pressekonferenz blickt der SAP-Chef am Freitag auf ein außergewöhnliches Jahr zurück. Auch, aber nicht nur wegen der Corona-Pandemie. Zum ersten Mal sitzt Klein als alleiniger Chef auf dem Podium. Er zeigt sich selbstbewusst, stolz und zuversichtlich. "Wir bewegen uns mit hoher Geschwindigkeit voran", sagt er.
Klein sieht den Softwarekonzern, den er zu einem führenden Anbieter für Cloud-Computing umbauen will, auf einem guten Weg. Beim Cloud-Computing wird die Software nicht mehr verkauft, sondern im Abomodell über eine "Wolke" im Internet vermietet. Bald soll dieses Geschäft auch wieder stärker zulegen, erklärt Finanzchef Luka Mucic. "Wir glauben, dass sich unser Cloudgeschäft nach einem Tief im ersten Quartal wieder beschleunigt." Ab 2023 soll der Betriebsgewinn zudem wieder im zweistelligen Prozentbereich wachsen.
Angeschoben werden soll das Cloud-Geschäft auch mit einem neuen Angebot, das am Mittwoch vorgestellt wurde: Mit "Rise with SAP" bündelt der Konzern mehrere seiner Komponenten und bietet sie im Paket zu einem einheitlichen Preis an. So sollen mehr Anwender dazu gebracht werden, das Kernprodukt S/4 Hana einzuführen, vor allem in der Cloud-Version.
Eine Rolle spielt dabei zudem ein Zukauf, den SAP ebenfalls am Mittwoch ankündigte: das Startup Signavio, das Unternehmens-Abläufe analysiert. Klein bezeichnet es als "fehlendes Puzzleteil", in dem Paket, das den Kunden den Einstieg in die Cloud einfacher und günstiger machen und sie bei der digitalen Transformation unterstützen soll. Weitere große Zukäufe sind hier Mucic zufolge in der nächsten Zeit jedoch nicht geplant.
Mit sichtlicher Freude blicken die Vorstände auf die Entwicklungen bei Qualtrics: Am Donnerstag hatten die Aktien der US-Tochter ein glänzendes Börsendebüt gefeiert: Der erste Kurs lag bei 41,85 US-Dollar und damit fast 40 Prozent über dem Ausgabepreis. Vor rund zwei Jahren erst hatte SAP das Unternehmen für 8 Milliarden Dollar gekauft – was viele damals als zu teuer empfanden.
Nun ist Qualtrics rund 21 Milliarden Dollar (17,3 Milliarden Euro) schwer. "Und es ist jeden Penny davon wert", sagt Mucic. Ihm zufolge hat SAP mit dem Anteilsverkauf rund 2,4 Milliarden US-Dollar (2 Milliarden Euro) Erlös erzielt. 500 Millionen Dollar davon werden laut Mucic Qualtrics als Liquidität zur Verfügung gestellt, rund 1,9 Milliarden fließen nach Walldorf.
Mit den Erlösen will SAP vorwiegend Schulden senken. Allerdings werde man dem Aufsichtsrat auch eine Erhöhung der Dividende vorschlagen, sagte der Finanzvorstand. Für das Jahr 2019 hatte SAP 1,58 Euro gezahlt. Im Februar soll der Dividendenvorschlag vorgelegt werden.
Die Anleger reagierten am Freitag verhalten. Am Vormittag verloren die SAP-Aktien eineinhalb Prozent auf 106,68 Euro. Nachdem Konzernchef Klein im Oktober zeitgleich eine niedrigere Prognose und seine Neuausrichtung mit höheren Investitionen in die Cloud ankündigt hatte, war der Kurs des Dax-Konzerns abgestürzt. Zwar hat er sich inzwischen wieder stabilisiert, musste jedoch am Freitag in einem schwachen Markt Federn lassen.
Neben der Ausrichtung auf die Cloud und dem Fokus auf den Erfolg der Kunden muss Klein Ruhe ins Top-Management bringen. Nach etlichen Wechseln im Vorstand beteuert er nun, eine tolle und vielfältigere Mannschaft zu haben, mit zwei Frauen (Sabine Bendiek seit 1. Januar und Julia White ab 1. März) und zwei Mitgliedern aus den USA und Australien (Scott Russell ab 1. Februar). "Ein Vorstand, der niemals schläft", sagt Klein mit Blick auf die verschiedenen Zeitzonen.
2020 sei ein Jahr der Herausforderungen und der Wechsel gewesen, meint Finanzchef Mucic. "Ich bin stolz darauf, wie wir das gemeistert haben." Für das laufende Jahr gibt sich SAP weiterhin verhalten optimistisch und geht davon aus, dass die Corona-Krise langsam abklingen und sich so die Nachfrage im zweiten Halbjahr verbessern wird. Klein ist sich sicher: "2021 wird ein ereignisreiches Jahr voller Chancen sein."