Bernd Scheifele (2.v.r.) und Lorenz Näger (3.v.r.) stellten gestern die Bilanz von HeidelbergCement vor. Foto: Alex
Von Thomas Veigel
Heidelberg. Kein Abgasskandal, keine Insidergeschichten und nicht einmal ein Kartellfall: "Bei uns geht es ruhig und langweilig zu", sagte HeidelbergCement-Chef Bernd Scheifele gestern bei der Bilanzpressekonferenz. "Wir reden übers Geschäft". Die meisten Zahlen mit einigen Rekordergebnissen waren bereits im Februar veröffentlicht worden. Neu und interessant aus Aktionärssicht: Die Dividende wird um 30 Cent oder 19 Prozent auf 1,90 Euro erhöht - noch ein Rekord. Eine Super-Story, wie die Trump’sche Grenzmauer zu Mexiko, die bei Scheifele im vergangenen Jahr Dollar-Träume weckte, gab es in diesem Jahr nicht.
Bernd Scheifele erzählte dann aber doch noch eine Anekdote anlässlich des Besuchs der Chefredakteurin der Schülerzeitung des Heidelberger Raphael-Gymnasiums. Einen solchen Job hatte er auch einmal, als er in den 70-er Jahren Schüler des Dillmann-Gymnasiums in Stuttgart war. "Holzwurm" hieß das Blatt, eine Ausgabe war wegen eines besonders frechen Beitrags über einen Kunst- und Musiklehrer verboten worden und durfte nicht auf dem Schulgelände verkauft werden. Scheifele nutzte die Gunst der Stunde und verkaufte die Ausgabe mit dem Stempel "zensiert" außerhalb der Schule - wegen der extrem hohen Nachfrage erhöhte er auch gleich noch den Preis. "Die Rekordeinnahmen haben wird dann in einer Pizzeria mit Quattro Stagioni verspeist".
Schon als Schüler hatte der Zement-Chef also ein Gespür für den richtigen Zeitpunkt einer Preiserhöhung. Doch nicht immer und überall steigen die Preise. Vor allem in Indonesien und in Thailand hat das im vergangenen Jahr nicht geklappt, dort standen die Preise vielmehr unter starkem Druck. 150 Millionen Euro hat das gekostet. Insgesamt konnte das Unternehmen aber die Preise erhöhen, der positive Saldo lag bei 100 Millionen Euro.
"Wir reden übers Geschäft"Nicht nur wegen der Preise verbringt Bernd Scheifele gut drei Viertel seiner Arbeitszeit im Flugzeug und im Ausland. Er besucht seine Vertriebsleute und die Werke in aller Welt, immer auf der Suche nach Synergien und Möglichkeiten, Kosten zu sparen. "Ich führe das Unternehmen wie ein Mittelständler", sagt Scheifele. Er ist immer vor Ort, dort, wo gearbeitet wird. Scheifele kennt die Werke des Unternehmens auf den ganzen Welt. Ihm kann also niemand etwas vormachen. Wenn er vom Wettbewerbsdruck in Asien spricht, dann hat er ihn vor Ort erlebt, genauso wie das schlechte Wetter in den USA, das das Geschäft 2017 belastete. Von den derzeit diskutierten Strafzöllen ist das Unternehmen nicht betroffen, vom zunehmenden Protektionismus schon. Die Parole sei nicht nur "America first", sondern auch "China first, Russia first oder India first". In Indonesien oder in Russland würden Infrastrukturprojekte nur noch an Unternehmen in Staatsbesitz vergeben. "Es gibt einen klaren Trend zur Diskriminierung internationaler Unternehmen."
Mit der achten Dividendenerhöhung in Folge löst HeidelbergCement auch die Ankündigung ein, mehr an die Aktionäre als an die Anleihegläubiger auszuzahlen. 305 Millionen Euro lautete das Zinsergebnis im Jahr 2017, die Dividendensumme steigt auf 377 Millionen Euro. Im Jahr 2013 waren es 481 Millionen Euro Zinsen und 113 Millionen Euro Dividende. Im Jahr 2009, als die Finanzkrise die Weltwirtschaft erreichte, war das Verhältnis noch krasser: 636 Millionen Euro Zinsergebnis standen 23 Millionen Euro Dividende gegenüber.
Weil Bernd Scheifele davon ausgeht, dass die Hochkonjunktur in diesem Jahr anhält, rechnet er auch mit einem neuen Rekordergebnis für sein Unternehmen. Der Absatz soll steigen, für das Bruttoergebnis vor Abschreibungen wird mit einem Plus im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich gerechnet. Der Jahresüberschuss soll deutlich steigen.
An der Börse hatten die Anleger gestern mit einem noch positiveren Ausblick gerechnet. Mit dem zusätzlich aufkommenden Konjunkturpessimismus geriet die HeidelbergCement-Aktie unter Druck und fiel unter die 80-Euro-Marke. Damit wurde eine Dividendenrendite von 2,4 Prozent erreicht. HeidelbergCement schlägt damit immer noch jedes Sparbuch, ist aber noch ein ganzes Stück vom Dax-Nachbarn BASF entfernt, die bei einem ähnlichen Kurs 3,10 Euro für 2017 zahlen will. Das entspricht einer Dividendenrendite von 3,8 Prozent.