Hoffenheim sucht nach Schreuder-Aus wieder nach "Nagelsmann 2.0"
TSG-Sportchef Alexander Rosen zufolge lag die Trennung von Alfred Schreuder an "unterschiedlichen Auffassungen in wichtigen Detailfragen".

Von Nikolas Beck
Heidelberg. Die Bundesliga-Saison der TSG Hoffenheim, die Sportchef Alexander Rosen als die wohl außergewöhnlichste aller Zeiten bezeichnet, ist um ein Kuriosum reicher: Völlig überraschend hat der Tabellen-Siebte, nach wie vor aussichtsreich im Rennen um einen Europapokal-Platz, am Dienstagvormittag die sofortige Trennung von Cheftrainer Alfred Schreuder bekannt gegeben.

Ein Paukenschlag vier Spiele vor Schluss, über dessen genaue Hintergründe Rosen am gestrigen Dienstag natürlich nicht sprechen wollte. Nach der Partie am Samstag in Düsseldorf (2:2) "sei eine große Dynamik" in die Gespräche zwischen Trainer und Verantwortlichen gekommen, berichtete der 41-Jährige lediglich.
Darin habe sich abgezeichnet, dass sich die Wege zwischen TSG und dem niederländischen Coach trotz dessen Vertrags bis 2022 schon im Sommer trennen werden. Am Ende des Austauschs, der am Montag bis spät in die Nacht angedauert habe, sei man jedoch beidseitig überzeugt gewesen, die Zusammenarbeit besser direkt zu beenden. "Unterschiedliche Auffassungen in wichtigen Detailfragen über die Ausrichtung des Klubs sowie den weiteren gemeinsamen Weg" führt Rosen an.
Dies könne man nicht an einer Thematik festmachen und schon gar nicht an einzelnen Personalfragen, betonte Rosen. Wenngleich: "Es ist klar, dass in einer fast täglichen Kommunikation, Spielerpersonalien auch ein Thema der Diskussion sind."
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Zuletzt war immer wieder über Differenzen bezüglich der Zukunft von Rekordspieler Sebastian Rudy spekuliert worden: Alfred Schreuder hält große Stücke auf die Leihgabe von Schalke 04. Im Verein soll man von einer Weiterverpflichtung des 30-Jährigen eher Abstand genommen haben.
Alexander #Rosen zur Trennung von Alfred Schreuder ⤵️#TSG pic.twitter.com/5YdGjrfEgU
— TSG Hoffenheim (@tsghoffenheim) June 9, 2020
"Leider konnten wir uns nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen, wie wir die TSG in die Zukunft führen möchten", wird Schreuder in einem Statement des Vereins zitiert. Er bedauere diese Entwicklung: "Dass man unterschiedliche Meinungen hat, ist im Berufsleben aber nun einmal nicht ungewöhnlich."
Solch ein Abschied sei auch immer emotional, berichtete Rosen von der Reaktion des Teams. Zumal das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft grundsätzlich intakt gewesen sei: "Es gab keine Eskalationen oder Vorfälle, die uns zu diesem Schritt genötigt hätten."
Die Spieler, die am Dienstagvormittag zur eigentlichen Trainingszeit in Kenntnis gesetzt und dann erst einmal nach Hause geschickt wurden, werden in den kommenden zweieinhalb Wochen von den bisherigen Co-Trainern Matthias Kaltenbach, Timo Groß und Michael Rechner betreut.
Neu hinzu kommen der bisherige U 19-Coach Marcel Rapp sowie Kai Herdling (U 16). Die Zusammenarbeit mit Schreuders Bruder Dick wurde ebenfalls beendet. Zunächst einmal soll eine klare Rollenverteilung stattfinden. Eine "Doppelspitze" hält Rosen dabei für wahrscheinlich. Auch er selbst werde künftig noch näher an der Mannschaft sein.
Was Rosen im Endspurt der Saison erwartet, lebte er auf dem Podium vor: voller Fokus auf die ausstehenden Aufgaben. Von "Scheuklappen" war die Rede. Es gebe schließlich nicht mehr viel zu verlieren – aber noch eine ganze Menge zu gewinnen. "Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, zu bilanzieren oder zurückzublicken", sagte der Sportchef.
Und doch wird "Hoffe" schon bald von der Vergangenheit eingeholt. Spiel eins nach der kurzen Ära Schreuder steigt am Freitag in der PreZero Arena. Dann ist RB Leipzig zu Gast in Sinsheim – mit Schreuders Vorgänger Julian Nagelsmann an der Seitenlinie. Die Suche nach "Nagelsmann 2.0" beginnt indes von neuem.