1899 Hoffenheim

Die Unterzahlkämpfer

Die TSG spielt in Düsseldorf über 80 Minuten lang mit einem Mann weniger und holt trotzdem ein 2:2.

07.06.2020 UPDATE: 08.06.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Schweizer Torriecher: Steven Zuber (2.v.r.) hat schon im Heimspiel gegen Köln getroffen und lässt Düsseldorfs Torwart Florian Kastenmeier beim 1:2 keine Abwehrchance. Foto: APF

Von Achim Wittich

Düsseldorf. Die Hoffenheimer Geschäftsführung und Sportdirektor Alexander Rosen bildeten auch am Samstag in der Düsseldorfer Merkur-Spiel-Arena die Vier-Mann-Fankurve des Dorfvereins und verabschiedeten jeden einzelnen TSG-Profi nach dem Abpfiff mit stehendem Applaus in die Kabine. Nicht zum ersten Mal – eine tolle Geste an die Mannschaft. Doch wie das? Hatte doch der Tabellensiebte aus dem Kraichgau beim abstiegsgefährdeten Rangsechzehnten aus dem Rheinland 2:2 (1:1) gespielt und im Rennen um einen Europa-League-Platz nur ein Pünktchen geholt. Doch die Historie des fünften Spiels ohne Zuschauer macht deutlich, warum die Chefetage von "Hoffe" einen gewonnen Zähler bejubelte und nicht zwei verlorenen nachtrauerte.

Gerade einmal vier Minuten war die Begegnung nämlich alt, als Rouwen Hennings 1899 sträflich frei per Kopf einen frühen Schock versetzte. Und fünf Minuten später flog auch noch Kapitän Benjamin Hübner vom Platz – eine höchst umstrittene Angelegenheit. Mit 0:1 im Rückstand und dazu noch über 80 Minuten lang in Unterzahl – na, denn Prost, dachten sich die zehn verbliebenen Hoffenheimer in der Altbierstadt und machten sich fest entschlossen daran, auch die dritte Partie in Serie zumindest nicht zu verlieren.

Stefan Posch hielt drauf und Munas Dabbur staubte schnell zum Ausgleich ab (16. Minute). Dann wurde ein Treffer von Hennings nach dem Videobeweis annulliert (18.).

Das kleine Häuflein der Medienvertreter fragte sich im weiteren Verlauf, ob es sich tatsächlich bei einer Fußballveranstaltung befand. "Das sieht doch aus wie beim Handball", meinte der Kollege mit ausreichendem Mindestabstand. Denn die Fortunen kreiselten um den Strafraum ihres dezimierten Gegners, suchten nach einer winzigen Lücke für den entscheidenden Pass zum freien Mitspieler – und fanden sie nicht. Hübners Kollegen machten am Düsseldorfer Medienhafen die Schotten dicht. Trotz 68-prozentigem Ballbesitz fiel der Elf von Uwe Rössler nicht viel ein und so flankten die Abstiegskämpfer den Ball mit dem Prinzip Hoffnung irgendwann nur noch hoch in den Hoffenheimer Strafraum. Das aber lässt sich auch zu zehnt mit ausreichendem Einsatz erfolgreich verteidigen.

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Und nicht nur das: Robert Skov musste nach der Pause völlig frei zum 1:2 treffen, doch der Däne haute drüber (49.). Die TSG und ihre Chancenverwertung – und spieltäglich grüßt das Murmeltier ... Immerhin: Skov legte nach einer Stunde prima für Steven Zuber auf und der Schweizer machte keinen Käse, sondern traf rechts unten zum 1:2 (61.). "Hoffenheims "Viergestirn" in Zone 2 auf der Tribüne träumte plötzlich sogar vom Dreier, doch Havardt Nordtveit ließ das nicht zu.

Der Norweger stupste Erik Thommy im eigenen Sechzehner – eine dämliche Aktion, die vom unsicheren Schiedsrichter Sören Storks (Velen) mit einem Elfmeter richtig geahndet wurde. Strafstoßschütze Rouwen Hennings trifft gegen 1899 am liebsten. Er hatte schon beim 1:1 im Hinspiel den späten Ausgleich für die in diesem Jahr 125 Jahre alten Fortunen markiert und schickte bei seinem zweiten Tor im Rückspiel Hoffenheims Torhüter Oliver Baumann in die falsche Ecke (76.). "Den Elfmeter kann man geben, aber ich glaube, dass es keine Rote Karte war, bilanzierte Hoffenheims Trainer Alfred Schreuder nachher, nicht ohne dabei seine Subjektivität einzugestehen: "Es ist natürlich klar, dass ich das sage, denn es ging ja gegen meine Mannschaft."

Der Niederländer hatte nach der letzten Aktion energisch die Faust geballt und konnte genauso gut mit dem Teilerfolg leben wie ein Stück weiter oben seine Chefs. Die hielten sich streng an die Corona-Jubel-Regeln und fausteten sich ab. Der Traum von Europa lebt und es ist angerichtet für den Empfang von Julian Nagelsmann, der mit RB Leipzig am Freitag (20.30 Uhr) an seine alte Wirkungsstätte nach Sinsheim zurückkehrt.

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