Nur Pech oder doch ein Problem?
Am Dienstag bei Hannover 96 muss das Ergebnis stimmen - DFB-Kontrollauschuss ermittelt gegen BVB und die TSG

Von Joachim Klaehn
Zuzenhausen. Normalerweise hat Julian Nagelsmann fast immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. Doch am Montag zur Mittagszeit bestand kein Grund zu Nonchalance oder Leichtigkeit. Der 31-Jährige wirkte bei der Pressekonferenz nachdenklich, ernst und betont kontrolliert. Wie es in seinem Innenleben als Trainer ausschaut, lässt sich allenfalls erahnen.
Zum einen existiert die Diskrepanz zwischen Erlebnis und Ergebnis, zum anderen wollen die Anfeindungen und Entgleisungen gegen "Hoffes" Mehrheitsgesellschafter Dietmar Hopp auch für Trainer wie TSG-Team vor der Auswärtspartie am Dienstagabend (20.30 Uhr/Sky) bei Hannover 96 erst mal ausgeblendet sein. Wie steckt Hoffenheim das 1:1 gegen Dortmund und die unschönen Begleitumstände weg?
"Das werden wir im nächsten Spiel sehen", antwortete Nagelsmann, "es geht für uns ums Gewinnen. Wir haben ja keine Klatsche gegen Borussia Dortmund gekriegt. Das wird uns nicht psychologisch beeinflussen."
Auch interessant
Ermittelt werde wegen unsportlichen Verhaltens der Anhänger (Schmähplakate- und Gesänge sowie beschädigte Sanitäranlagen im Gästebereich) gegen Borussia Dortmund. Im Fall von Hausherr Hoffenheim geht es um "nicht ausreichenden Ordnungsdienst", wie das zuständige DFB-Gremium wissen ließ. Alles dreht sich hierbei um die Frage, wie das riesige Banner mit dem roten Fadenkreuz und Hopps Konterfei ins Stadioninnere geschmuggelt werden konnte.
Auf RNZ-Nachfrage sagte TSG-Pressesprecher Holger Kliem dazu: "Es gibt mehrere Theorien, wie das Plakat reinkam. Das muss intern geklärt werden - auch mit Sicherheitsdienst und Polizei."

Eine Variante ist, dass das "Hasta la vista, Hopp"-Plakat in eine normale BVB-Fahne eingenäht wurde, die nächste Variante stützt sich auf die Vermutung, es sei kleinteilig transportiert worden. Dem Erfindungsreichtum der auf Krawall gebürsteten "Fans" sind offenbar keine Grenzen gesetzt.
Die "Nagelsmänner" interessieren derartige Feinheiten allenfalls peripher. Sie möchten nach Düsseldorf (1:2), Donezk (2:2) und Dortmund (1:1) in die sportliche Erfolgsspur finden, vor allem in der Offensive soll und muss der Gordische Knoten gelöst werden.
Im Raum steht: War es bis dato nur situatives Pech, wie bei den Szenen von Andrej Kramaric bei der Fortuna und von Ishak Belfodil zu Hause gegen den BVB? Oder steckt doch ein echtes Stürmerproblem dahinter? Sowohl beim Kroaten als auch beim algerischen Neuzugang besteht leistungsmäßig Luft nach oben.
"Wir spielen, was meine Idee des Fußballs angeht, eine sehr gute Saison", sagte Nagelsmann mit stoischer Miene, "aber wir dürfen uns nicht einlullen lassen. Wir müssen mehr Punkte holen." Das derzeitige Hauptdilemma: "Hoffe" kreiert mit meisten Chancen und Abschlüsse, spielt neben dem FC Bayern München den wohl attraktivsten Fußball, doch die Effizienz stimmt (noch) nicht, es mangelt an Kaltschnäuzigkeit. "Wir schießen einfach zu wenig Tore", so Nagelsmann mit einer Prise Larmoyanz, "es tut mir immer leid für die Jungs, weil sie unglaublich viel investieren."

In Hannover muss die Chancenverwertung passen, sonst wird es schwierig bis unmöglich mit dem zweiten Liga-Dreier. Nagelsmann stellt sich auf einen leidenschaftlichen Kampf ein, 96 sei besser, als es Punktzahl und Platzierung vielleicht suggerieren. "Sie haben sich extrem verstärkt und verfügen über ein sehr interessantes Team", meinte er über die Breitenreiter-Schützlinge. Der TSG-Coach lobte ausdrücklich die Power, Mentalität und Variabilität des Kontrahenten.
Für den Seelenhaushalt des Kraichgauklubs wäre zweifellos ein Erfolgserlebnis nicht verkehrt, zumal die beiden Hausaufgaben gegen RB Leipzig am Samstag und in einer Woche gegen Pep Guardiolas Starensemble von Manchester City gewiss nicht leichter werden. Der R(h)einfall von Düsseldorf vor zehn Tagen müsste Weckruf genug für den Trip nach Hannover sein ...