Darum wird Benjamin Hübner an allen Ecken und Enden vermisst
Der Unverzichtbare - Gegen die Gladbacher "Fohlen" fehlt ein Typ wie er

Konnte nur 10 von 32 Bundesliga-Spielen bestreiten: Benjamin Hübner. Foto: APF
Von Joachim Klaehn
Mönchengladbach. Es gibt Momente, da muss über einen Profispieler geschrieben werden, der gar nicht dabei ist. Als ob es eines allerletzten Beweises bedurfte: Ein Typ wie Benjamin Hübner fehlt der TSG 1899 Hoffenheim an allen Ecken und Enden, wie gerade auch die Auswärtspartie in Mönchengladbach zeigte. "Im Grunde ist Benni unverzichtbar", hatte Trainer Julian Nagelsmann mehrfach über eine Mentalitätskraft par excellence und seinen stellvertretenden Kapitän gesagt.
Im Zuge des drittletzten Endspiels um Europa sprach Nagelsmann relativ lange über den Abwehrhünen und Spross des Frankfurter Sportdirektors Bruno Hübner. "Er hat irgendwie Rückenprobleme, aber ganz genau weiß ich das nicht." Vor dem herben 1:4-Rückschlag gegen den VfL Wolfsburg musste der gebürtige Wiesbadener kurzfristig passen, am Mittwoch brach Hübner einen Trainingstest ab, am Donnerstag ging nichts mehr, sodass der erneute Verzicht beim 2:2 in Gladbach erwartbar war.
"Benni ist sehr wichtig, das sieht man in allen Spielen, auch auf Schalke, als er raus ist, hat der Ball auch relativ schnell wieder im Netz gezappelt. Die Jungs verlassen sich nicht auf ihn, aber er ist ein guter Stabilisator", machte Nagelsmann keinen Hehl aus seiner Wertschätzung für den 1,93 Meter langen Innenverteidiger, der als heißspornig und unbequem gilt, aber im Verbund mit Kapitän Kevin Vogt einen kongenialen, verlässlichen Partner darstellt.
Mit Hübner ist "Hoffes" Abwehr sattelfester - mit ihm agiert gerade Mittelmann Vogt beständiger. Oder um es zugespitzt zu formulieren: Kollege Hübner macht Kollege Vogt noch besser - und ein Stück weit greift dieses Phänomen natürlich auch umgekehrt. Die Zahlen belegen Hübners Bedeutung: Er bestritt lediglich zehn Spiele in der Bundesliga, davon wurde nur das Gastspiel beim FC Bayern München (1:3) verloren, ansonsten holte Hoffenheim fünf Siege und vier Unentschieden mit dem exzellenten Zweikämpfer. Schmerzlich vermisst wurde Hübner darüber hinaus in der Königsklasse. Lediglich zum Abschluss bei Manchester City (1:2) durfte Hübner die Champions-League-Atmosphäre genießen.
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Für Hoffenheims Nummer 21 war erst Anfang Dezember eine "Tour der Leiden" zu Ende gegangen. Nahezu unbemerkt hatte Hübner am 3. August im Trainingslager in Windischgarsten einen Ball im Gesicht abbekommen. Die Diagnose lautete Gehirnerschütterung, in der Folgezeit kamen Schwindelgefühle, Kopfschmerzen und Lichtempfindlichkeit hinzu, Hübner bekam Smartphone- und Fernsehverbot erteilt, sollte weder Lesen noch Autofahren. Eine mysteriöse Verletzung, sehr belastend für den Betroffenen sowie sein soziales Umfeld.
Ob Hübner noch einmal in den Kampf um Europa eingreifen kann oder nicht, ist unklar. Dabei wäre er gerade bei den "Fohlen" so wertvoll für die "Nagelsmänner" gewesen. Bei beiden Gegentoren sah die 1899-Defensive nämlich nicht gut aus, klärte entweder nicht entschlossen genug oder ließ die Gegenspieler unbedrängt in freie Räume laufen. Nagelsmann zerknirscht: "Wir hätten heute verdient gewinnen können und haben in beiden Spielen gegen Gladbach in dieser Saison vier Punkte liegen lassen."
Auch wenn es müßig ist, gewagt sei an dieser Stelle eine These: Mit einem Leistungsträger und "Leitwolf" wie Benni Hübner, der auch mal bei Bedarf kernig dazwischen haut, wäre zumindest der 2:2-Ausgleich über "Hoffes" linke hintere Flanke nicht passiert.
Und manchmal wird das besondere Standing eines Protagonisten für ein Kollektiv ja erst erkennbar, wenn er fehlt.