Beate Würzer sagt, dass sie den SV Sandhausen mag. Doch mehr den Wald. Deshalb könnte es sein, dass Jürgen Machmeier das Stadionlied auf den Index setzt. Foto: privat
Von Wolfgang Brück
Sandhausen. Das Stadionlied des SV Sandhausen passt perfekt zur neuen Spielidee. Es hat Pep. Es hat Schwung. Die Eigenschaften also, die Trainer Uwe Koschinat in dieser Runde von seinen Jungs sehen will. Doch obwohl es im Song der Blues-Rock-Band Travelling Crow heißt: "Gestern, heute und auch morgen - SVS für alle Zeiten", droht nun der Schlussakkord. Die Hymne, die die Fans vor den Heimspielen einstimmen soll, steht vor dem Aus.
Der Grund: Die Sängerin hat sich beim Zweitligisten unbeliebt gemacht. Beate Würzer ist dagegen, dass 2,5 Hektar des Hardtwaldes für den Fußball geopfert werden. Auf der Fläche sollen zwei zusätzliche Spielfelder und 144 Parkplätze entstehen.
Jürgen Machmeier hat kein Verständnis für den Protest. Der Präsident erklärt: "Wir sind gezwungen, die Auflagen der Deutschen Fußball-Liga zu erfüllen. Es geht um die Existenz des Vereins. Es kann nicht sein, dass eine Frau unser Vereinslied singt, die in dieser entscheidenden Frage Position gegen uns bezieht." Deshalb müsse man über das Stadionlied nachdenken, so der 58-jährige Unternehmer.
Beate Würzer fände es schade, wenn ihr Song künftig nicht mehr über die Stadion-Lautsprecher gehen würde. Im Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung outete sich die 59-jährige Psycho-Therapeutin als große Sympathisantin des SV Sandhausen. Die Musikerin versichert: "Ich bin nicht gegen den Verein. Aber für den Wald. Wir wollen, dass an anderen Standorten gebaut wird."
Würzer ist Mitglied der "Alternative Liste", die den Grünen nahe steht. Sie wird im neuen Gemeinderat vertreten sein. Die Sandhäuserin unterstützt auch die Bürgerinitiative "Pro Waldschutz", die, so Würzer, in nur wenigen Wochen 1700 Unterschriften für das Anliegen zusammen gebracht hat. "Es lohnt sich, um jeden Baum zu kämpfen", erklärt die Naturschützerin, "wie wichtig der Wald als grüne Lunge und Schattenspender ist, merkt man gerade jetzt wieder während der Hitzeperiode."
Mit dem SV Sandhausen, sagt die frühere Krankenschwester, sei sie schon aus familiären Gründen verbunden. Ihr Vater Alfons, mittlerweile 91, ging über viele Jahre ins Stadion. Der Onkel ist Platz-Kassierer. Die Kommunal-Politikerin betont: "Auch ich habe mich über den Klassenerhalt gefreut." Mit der Liedzeile "SVS ich liebe dich um jeden Preis" könne sie sich allerdings nicht mehr identifizieren. Würzer: "Dieser Preis ist zu hoch für mich."
Jürgen Hess, Gitarrist von Travelling Crow, ist hörbar verstimmt über die Misstöne. "Wir machen Musik und keine Politik", erklärt der 52-jährige Walldorfer, der jetzt in Mauer daheim ist, "das Engagement unserer Sängerin ist ihre Privatsache. Es spiegelt nicht die Meinung der gesamten Band wider." Man habe beim letzten Probe-Abend diskutiert, bestätigt die Sängerin, es gebe unterschiedliche Meinungen.
Von einer schwierigen Situation spricht Hans-Joachim Ruth. Der 68-jährige ehemalige Sonderschullehrer hat Text und Musik geschrieben, er hat die fünf Musiker von Travelling Crow gebeten, daraus ein Stadionlied zu machen. "Da steckt viel Arbeit und Herzblut drin", sagt Ruth, der Mitglied beim SV Sandhausen ist und eine Dauerkarte hat, "es wäre bedauerlich, wenn das Lied nicht mehr gespielt wird. Andererseits verstehe ich auch den Verein. Er steckt in der Bredouille. Ich kann nicht abschätzen, wie groß die Toleranz ist."
Der Toleranz höre da auf, wo Unwahrheiten in die Welt gesetzt würden, ist Jürgen Machmeier erbost. Nächste Woche, kündigte der Präsident an, werde der SV Sandhausen einige Dinge gerade rücken. Die Auseinandersetzung um das Waldstück, gerade mal so groß wie drei Fußballfelder, wird zunehmend emotionaler geführt in Deutschlands kleinstem Zweitliga-Standort.
"Die Gegner sind vernehmbarer als die Befürworter", meint Georg Kletti. Der Bürgermeister sagt: "Wir reden über 2,5 Hektar unseres insgesamt 670 Hektar großen Waldgebietes. Es ist selbstverständlich, dass wir die abgeholzte Fläche anderswo aufforsten." Und: "Selbst mit fünf Sportplätzen ist der SV Sandhausen immer noch das Schlusslicht unter den 56 Klubs der drei deutschen Profi-Ligen."
Einen Trost gibt es im Sängerstreit. Selbst wenn Beate Würzer und ihre Band die hierzulande einen guten Namen hat, auf den Index kommen, ganz auf Musik werden die Fans nicht verzichten müssen. Nach wie vor erklingt die gute alte Weise "Das Beste hier in dem Revier". Der 84-jährige Gaiberger Bäckermeister Horst Schneider hat Text und Musik geschrieben. Er gilt als politisch unauffällig.
Der Präsident des SV Sandhausen Jürgen Machmeier ist erbost: "Wenn Unwahrheiten in die Welt gesetzt werden, hört die Toleranz auf. Foto: vaf