Für Mikayil Kabaca stellt sich die Trainerfrage nicht
Sandhausens Sportlicher Leiter Mikayil Kabaca verteidigt seine Einkaufspolitik und betont, dass sich die Trainerfrage für ihn nicht stellt

Von Wolfgang Brück
Sandhausen. Der SV Sandhausen ist in einer Krise. Das 2:2 gegen Neuling Eintracht Braunschweig war das vierte Spiel in Folge ohne Sieg. Dabei verfügt der Fußball-Zweitligist – nach Ansicht von Experten – über die am besten besetzte und vermutlich auch teuerste Mannschaft seiner 104-jährigen Vereinsgeschichte. Und noch nie war das Saisonziel – ein Platz in der oberen Tabellenhälfte – so anspruchsvoll wie diesmal. Doch acht Punkte aus den ersten sieben Spielen sind eher die Bilanz eines Abstiegs-Kandidaten, obwohl die bisherigen Gegner überwiegend aus der unteren Hälfte der Tabelle kamen. Im Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung erklärt der Sportliche Leiter Mikayil Kabaca, weshalb er weiter an die Mannschaft glaubt, er nicht den geringsten Zweifel an seiner Einkaufspolitik hat und sich für ihn die Trainerfrage nicht stellt. Außerdem äußert sich der 43-jährige Ehrenspielführer des FSV Frankfurt zum VfL Wolfsburg, dem Gegner in der zweiten Pokalrunde am 22./23. Dezember.
Mikayil Kabaca, nach dem 2:2 gegen den Neuling Eintracht Braunschweig hat Trainer Uwe Koschinat von einer "gefühlten Niederlage" gesprochen. Empfinden Sie es genauso?
Auf jeden Fall. Gerade mit Blick auf die unterschiedlichen Halbzeiten. Hätten wir 0:2 zurückgelegen und am Ende noch einen Punkt geholt, hätte man sich mit der guten Moral trösten können. So aber herrschen die Eindrücke einer schwachen zweiten Hälfte vor. Fußball ist nun mal auch Psychologie.
Für Präsident Jürgen Machmeier ist es "unerklärlich", dass nach dem schnellen Tor zum 1:2 der Faden verloren ging.
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Das ist auch für mich schwer nachvollziehbar. Zumal wir vor der Pause sehenswerten Fußball geboten haben und auch 3:0 oder 4:0 hätten führen können.
In der Startelf am Freitag war Robin Scheu mit 25 der jüngste Spieler. Alle anderen sind älter. Eine Mannschaft mit einem Altersdurchschnitt von 28,4 Jahren sollte eigentlich nicht so leicht aus der Fassung zu bringen sein.
Stimmt. Aber wenn Sie darauf anspielen: Ich bin von unserer Personalpolitik hundertprozentig überzeugt. Ich würde es genauso wieder machen. Wie für Otto Rehhagel gibt es für mich keine jungen und alten Spieler, sondern nur gute und weniger gute. Ich habe nach wie vor absolutes Vertrauen in unseren Kader. Unsere Spieler haben eine hohe Qualität. Leider konnte nach der Pause keiner mehr sein Potenzial ausschöpfen.
Sie haben sich letzte Woche mit Diego Contento, Daniel Keita-Ruel und Aziz Bouhaddouz drei Routiniers zur Brust genommen. Kann Kritik, selbst wenn sie berechtigt ist, mehr schaden als nutzen?
Wir reden von Profi-Fußball, da geht es zu allererst um die Leistung. Alle drei sind mit der Kritik professionell umgegangen. Da war keiner beleidigt. Die Jungs wissen, dass wir andere Ansprüche an sie haben. Glauben Sie mir eines, die Spieler sind selbst mit ihren Leistungen nicht zufrieden und wissen, dass sie noch viel Luft nach oben haben. Diego Contento hat im ersten Abschnitt ein gutes Spiel gemacht.
Mit acht Punkten aus sieben Spielen liegt der Schnitt bei 1,14 Zählern. Das sind hoch gerechnet auf die Saison knapp 39 Punkte. Damit sind schon Vereine abgestiegen, ein Platz in der ersten Tabellenhälfte ist damit nicht möglich. Muss das Saisonziel geändert werden?
Nein. Hätten wir gewonnen, wären wir auf den fünften Platz vorgerückt. Mit einem Schnitt von knapp 1,5 Zählern würde die Rechnung aufgehen. Zu diesem frühen Zeitpunkt handelt es sich um Moment-Aufnahmen.
Sind vielleicht die Erwartungen und damit der Druck zu hoch?
Das sehe ich nicht so. Die Mannschaft ist stark genug, um das formulierte Ziel zu erreichen. Wir müssen jetzt herausfinden, weshalb die Leistungen schwanken. Aber wir müssen jetzt auch mal anfangen auswärts zu punkten und eine Konstanz über 90 Minuten in unser Spiel bekommen.
Kevin Behrens hat nach schwachem Saisonstart in den Spielen in Osnabrück und Braunschweig zwei Tore erzielt. Sehen Sie sich in Ihrer Entscheidung bestätigt, dem Werben von Union Berlin nicht nachzugeben?
Wir wissen, was wir an Kevin haben, wie wertvoll er für uns ist. Bei dem Angebot aus Berlin mussten wir nicht lange überlegen.
Wenn im Winter ein neues Angebot aus der Bundesliga kommt, wird der SVS dann anders entscheiden, weil es die letzte Gelegenheit ist, eine Ablöse für den besten Torschützen zu bekommen?
Der Vertrag von Kevins Behrens endet tatsächlich im Sommer 2021. Aber darüber mache ich mir zum jetzigen Zeitpunkt wirklich keine Gedanken.
In einem Fanforum wird heftig darüber diskutiert, ob Uwe Koschinat noch der richtige Trainer ist.
Diese Frage stellt sich für mich nicht. Darüber denke ich keine Sekunde nach. Uwe macht einen guten Job.
Eine persönliche Frage: Wie sehr belastet Sie ein Spiel wie am Freitag?
Es beschäftigt mich sehr. Es ging mir über das ganze Wochenende durch den Kopf und ist bis jetzt immer noch nicht ganz raus. Wir müssen es analysieren und unsere Schlüsse daraus ziehen, um die ersten Auswärtspunkte in Düsseldorf zu holen.
Zeichnen sich Alternativen ab?
Es besteht die Hoffnung, dass Julius Biada und Tim Kister zurückkehren.
Was erwarten Sie von den Spielen in Düsseldorf und daheim gegen den Letzten Würzburg?
Ich hoffe, dass wir beim Bundesliga-Absteiger die ersten Auswärtspunkte holen. Die Serie von vier sieglosen Spielen soll so schnell wie möglich zu Ende gehen.
> Am Sonntagabend war die Auslosung für die zweiten Pokalrunde. Der SV Sandhausen wurde als letztes Los gezogen, muss zum Bundesligisten Wolfsburg.
In Begeisterungs-Stürme bin ich nicht ausgebrochen. Wolfsburg ist ein starker Bundesligist mit internationalen Ambitionen. Aber Pokal ist Pokal.



