Zeit für Überraschungen? Hoffenheim fordert die Bayern heraus
Gegen historisch formstarke Bayern will Hoffenheims Trainer Christian Ilzer das nächste Ausrufezeichen setzen.

Von Nikolas Beck
Zuzenhausen. Hexenschuss, Nagelpilz und Schambeinentzündung. Bei keinem Berufsstand ist die Öffentlichkeit in der Regel über größere und kleinere Wehwehchen besser informiert als bei Fußball-Profis. In Hoffenheim ist diese Zeit unter Christian Ilzer aber vorbei.
"Wir haben ein paar Themen, sowohl muskulär als auch gesundheitlich", sagte der TSG-Trainer am Freitagnachmittag auf dem Podium der turnusmäßigen Pressekonferenz vorm Knaller an diesem Samstag gegen Bayern München (15.30 Uhr/Sky). Gegen den Meister werde der Dorfklub also nicht mit voller Kapelle antreten. "Aber mehr gibt es von mir dazu nicht mehr", so Ilzer.
Die neugierige Journalistenschar wird sich also genauso wie die 30.150 Zuschauer in der ausverkauften PreZero Arena überraschen lassen müssen, wer die ultimative Herausforderung im deutschen Fußball auf dem Rasen angehen kann und wird – und wer nicht.
Apropos Überraschung: Die trauen nicht wenige Experten Ilzers Mannschaft – in der Vorsaison nur um Haaresbreite dem Abstieg entronnen – in der neuen Saison zu. Ilzer stört die gestiegene Erwartungshaltung nicht. "Das ist legitim", sagt der Österreicher, "zu überraschen ist ein attraktives Ziel, dass wir anstreben." Die Brücke zum kommenden Fußballspiel schlägt Ilzer dann auch gleich selbst: "Das wäre natürlich auch für morgen ein Ziel."
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Der 47-Jährige weiß nach nicht einmal einem Kalenderjahr im Kraichgau schon ganz genau, mit welchem Kaliber er und seine Schützlinge es da zu tun bekommen. 0:5 hieß es im ersten Vergleich im Januar (inklusive anschließender Kramaric-Abrechnung: "Große Sch... im Klub").
Im Mai setzte es eine 0:4-Heimniederlage zum Saison-Kehraus. Darauf angesprochen, musste Ilzer schmunzeln "Mehr oder weniger gefordert" habe man den Branchenprimus in den vergangenen Aufeinandertreffen. Null Punkte mit 0:9 Toren gegen einen Gegner hatte es in der 17-jährigen Erstliga-Geschichte der TSG zuvor noch nie gegeben. Auch die Münchner hatten 2024/2025 gegen kein anderes Team eine derart gute Ausbeute.
Umso besser, dass man beim Dorfklub unter die vergangenen Saison "einen dicken Schlussstrich gezogen" habe, wie Ilzer abermals betonte. Man habe in den vergangenen Tagen einfach versucht, sich "auf die Dinge einzustellen, die das Bayern-Spiel anbietet" – wohl wissend, dass der Gegner super in die Runde gestartet sei und dass es ohne "Zuversicht und Vertrauen ins eigene Spiel, Mut und Entschlossenheit" nicht funktionieren wird. Ilzer: "Du startest mit einem Punkt und hast die Chance, noch zwei weitere zu gewinnen."
So einfach kann’s sein. Es schien so, als wolle der Chef seinen Spielern vorleben, dass es sich am Ende dann doch nur um ein Spiel wie jedes andere handele. Einzig im Kopf zu haben, dass man gegen den Rekordmeister nichts zu verlieren hätte, wäre sicherlich die falsche Herangehensweise.
Und auch er selbst, der ganz gerne mal bis spät in die Abendstunden hinein über Taktik, Aufstellung und Gegner grübelt, habe nicht etwa verbissen Extra-Schichten in dieser Woche eingelegt. Im Gegenteil: "Wir waren gestern mit dem gesamten Trainerteam in Frankfurt beim Champions-League-Spiel gegen Galatasaray", verriet Ilzer. "Mal ein bisschen Ablenkung, es war ein guter Ausflug."
Gute und vor allem erfolgreiche Ausflüge macht der FC Bayern stets an Bundesliga-Wochenenden. Saisonübergreifend haben die Münchner in den vergangenen fünf Auswärtsspielen immer mindestens drei Tore erzielt und damit einen Ligarekord eingestellt.
Unter Trainer Vincent Kompany haben die Roten auch geraden den zweitbesten Start der Ligageschichte hingelegt (Drei Siege mit 14:2 Toren). Noch einen Tick besser waren sie selbst nur 2022 unter Julian Nagelsmann (15:1 Tore).
Hintergrund
Vor dem Spiel:
Kramaric als Bayern-Schreck
Kein aktiver Bundesliga-Spieler traf so häufig gegen den FC Bayern wie Andrej Kramaric (acht Mal). Zuletzt netzte der Kroate am 34. Spieltag der Saison 23/24 beim
Vor dem Spiel:
Kramaric als Bayern-Schreck
Kein aktiver Bundesliga-Spieler traf so häufig gegen den FC Bayern wie Andrej Kramaric (acht Mal). Zuletzt netzte der Kroate am 34. Spieltag der Saison 23/24 beim 4:2-Erfolg gegen den Rekordmeister gleich dreifach.
Asllani auf Vorbild Kanes Spuren
Bayerns Tormaschine Harry Kane (fünf Treffer und drei Assists in den ersten drei Partien gab’s seit Beginn der Datenerfassung noch nie) hat seit vergangenem Sommer achtmal mehrfach in einer Partie getroffen. Das ist einsame Spitze in den ersten drei nationalen Ligen. Fisnik Asllani bezeichnet den englischen Superstar als Vorbild – und ist ihm diesbezüglich dichter auf den Fersen als jeder andere. Der 23-Jährige traf vergangene Runde fünfmal mehrfach für Elversberg und zuletzt ein sechstes Mal in Berlin.
Nationaltorhüter im ewigen Duell
Häufiger als Oliver Baumann und Manuel Neuer, im Nationalteam mehr oder weniger Baumanns Vorgänger, stand sich in der Bundesliga-Historie nur ein Keeper-Duo gegenüber. Spielen der 35-Jährige und der 39-Jährige nun ihr 27. Duell aus, ziehen sie mit den Rekordhaltern Uli Stein und Eike Immel gleich. nb
So könnten sie beginnen:
Hoffenheim: Baumann - Coufal, Hranac, Hajdari, Bernardo - Burger, Avdullahu - Kramaric, Touré - Asllani, Lemperle.
München: Neuer - Boey, Upamecano, Tah, Laimer - Kimmich, Pavlovic - Olise, Gnabry, Diaz - Kane.
Schiedsrichter: Hartmann (Wangen im Allgäu).
In der damaligen Saison, in der später die Ära des ehemaligen Hoffenheimer Trainers in München enden sollte, gab’s im vierten Spiel dann allerdings den ersten Fleck auf der weißen Weste. Gladbach konnte ihnen einen Punkt abringen.
Vielleicht ist es ja ein gutes Omen für "Hoffe". Die TSG muss sich jedenfalls statistisch trotz allem vorm Stern des Südens nicht verstecken, weist sie doch aus den vergangenen neun Heimspielen immerhin eine ausgeglichene Bilanz aus (vier Siege, vier Niederlagen, ein Remis).
Dies alles dürfte 1899 zumindest als Mutmacher dienen. Ob’s nach der Partie auf dem neuen TSG-Dorfplatz, dem dauerhaften Fan-Dorf, das vor der Arena am Samstag offiziell eröffnet wird, tatsächlich Zählbares zu bejubeln gibt?
Man wird sich überraschen lassen müssen.
Update: Freitag, 19. September 2025, 19.50 Uhr
TSG Hoffenheim fordert Bayern München heraus
Mit viel Selbstvertrauen geht Hoffe in das Duell mit Bayern und rechnet sich durchaus Chancen aus.
Zuzenhausen. (dpa/lsw) Heimfluch hin oder her: Gegen Bayern München will die TSG 1899 Hoffenheim diesen besiegen und dem Meister die erste Saisonniederlage beibringen. "Man braucht einen ganz besonderen Tag. Aber den besonderen Tag kann man einleiten, wenn man wirklich bereit dafür ist. Es ist eine ultimative Herausforderung gegen den Liga-Krösus", sagte Hoffenheims Coach Christian Ilzer vor der Bundesliga-Partie am Samstag (15.30 Uhr/Sky).
Er weiß aus Erfahrung, wie schwer es werden wird, die beste Mannschaft Deutschlands bezwingen zu können. Um gegen sie etwas mitzunehmen, brauche es einen guten Spielverlauf, um ein Momentum zu bekommen. "Man muss auch im Kopf bereit sein, muss einen klaren Plan haben, sehr konkret und entschlossen sein", sagte der Österreicher.
Hohe Niederlagen der Vorsaison abgehakt
Daran hat er mit seinem Trainerteam in den vergangenen Tagen getüftelt. In die Karten bezüglich Personal und Spielidee ließ er sich natürlich nicht blicken. "Man versucht immer, Details anzupassen. Details so auszurichten, dass es uns den ein oder anderen Vorteil im Spiel bringen könnte. Aber die Erfahrung zeigt, dass man mit der Herangehensweise arbeiten soll, die auch das eigene Spiel auszeichnet", sagte er.
In der letzten Saison erlebte Ilzer mit Hoffenheim jeweils zwei herbe Niederlagen. Im Januar hieß es 0:5, im Mai daheim 0:4. "Hinter letzte Saison haben wir einen dicken Schlussstrich gezogen. Wir müssen eine Spitzenleistung abrufen, die wird auch dringend nötig sein. Man startet mit einem Punkt und hat die Chance, noch zwei weitere hinzuzugewinnen. Das muss unser Zugang sein", sagte der 47-Jährige, der sich auf ein Wiedersehen mit Tom Bischof freut.