Schwimm-Europameisterschaft

Der Weg nach Glasgow führt über Heidelberg

Die deutschen Schwimmer bereiten sich am Olympiastützpunkt vor - Heintz und Köhler führen Bestenliste an

26.07.2018 UPDATE: 27.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden

Auf Philip Heintz und Sarah Köhler vom Bundesstützpunkt Heidelberg ruhen die Hoffnungen der deutschen Schwimmer bei der EM in Glasgow. Foto: vaf

Von Claus Weber

Heidelberg. Der Weg der deutschen Schwimmer zu den Europameisterschaften in Glasgow führt - im wortwörtlichen Sinne - über Heidelberg. Denn Chef-Bundestrainer Henning Lambertz hat seine 31 Topathleten seit Mittwoch am Olympiastützpunkt Rhein-Neckar im Neuenheimer Feld zum Abschlusslehrgang zusammengerufen.

Am Dienstag fährt die Nationalmannschaft von hier aus gemeinsam zum Flughafen Frankfurt - und am Freitag darauf gehen in Schottland die Becken-Wettbewerbe los.

"Heidelberg ist seit Jahren für uns ein idealer Anlaufpunkt", schwärmt Lambertz, "hier haben wir alle Einrichtungen, die wir benötigen." Sogar die meisten Zimmer sind mittlerweile klimatisiert. In den übrigen wird mit mobilen Geräten dafür gesorgt, dass die Athleten trotz Rekordhitze ihren Nachtschlaf finden.

Denn in den letzten Tagen vor der EM muss alles stimmen. Die Nationalmannschaft arbeitet nach Wochen der Hochbelastung am Feinschliff. "Wir sprechen von einer Form-Zuspitzungsphase", erklärt Lambertz, "das ist eine Art Feintuning mit dem Ziel, die Form optimal auf den Tag X zu lenken."

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Im vergangenen Jahr ist das den deutschen Schwimmern nicht so recht geglückt. Bei der WM in Budapest schwamm auch Philip Heintz vom SV Nikar Heidelberg als Siebter hinterher - und kritisierte anschließend öffentlich die Trainingssteuerung seines Bundestrainers.

"Ich hätte nicht den Weg über die Presse wählen sollen", bedauert Heintz rückblickend. Der Streit sei aber nun ausgeräumt - und es habe sich auch gelohnt, die Dinge anzusprechen. Denn diesmal mussten sich die Schwimmer nicht bei den deutschen Meisterschaften qualifizieren. Im vergangenen Jahr fanden sie fünf Wochen vor der WM statt - zu lang, um die Form zu halten, aber zu kurz, um sie neu aufzubauen.

Henning Lambertz. Foto: vaf

"Wir alle waren mit den Abläufen unzufrieden", gibt Lambertz zu. Für die EM in Glasgow konnten sich die Athleten zwischen 22. Januar und 29. April qualifizieren - was die Trainingssteuerung erleichtert, aber den Wert der nationalen Titelkämpfe verringert hat.

Der Chef-Trainer versichert, dass vom Disput mit Heintz nichts hängen geblieben sei. "Wir wollen in unserem Team keine Ja-Sager, die sich wegducken" erklärt Lambertz, "ich mag Philip für seine klare Art und die deutlichen Worte - allerdings wäre es mir schon lieber gewesen, er wäre damit erst einmal zu mir gekommen."

Wie auch immer. Das neue Konzept scheint aufzugehen. "Im letzten Jahr hatten wir sieben Norm-Erfüller", sagt Lambertz, "diesmal sind es - bei gleichen Normzeiten - zwölf gewesen." Medaillenprognosen für die EM mag er trotzdem keine abgeben, sondern verweist erneut auf Zahlen und Zeiten.

Philip Heintz beispielsweise führt über 200 Meter Lagen die europäische Bestenliste an, Sarah Köhler, die für Frankfurt startet und seit Jahren am Bundesstützpunkt in Heidelberg trainiert, ist derzeit Europas schnellste Freistilschwimmerin über 400 und 800 Meter und Zweite über 1500 Meter. "Sarah hat eine unheimliche Erfolgssträhne", sagt Lambertz, "sie bringt unglaubliche Konstanz ins Wasser."

Überhaupt, erklärt der Bundestrainer, werde in Heidelberg vorbildliche Arbeit geleistet. "Das ist einer unserer stärksten Standorte", sagt Lambertz, "nicht nur in der Spitze, sondern auch, was den Nachwuchs betrifft."

Die Trainingsgruppe von Coach Michael Spikermann stellt sogar ein Gros der EM-Starter. Neben Philip Heintz und Sarah Köhler haben sich die jungen Neuzugänge Johannes Hintze, Isabel Gose und Josha Salchow, die erst vor kurzem aus Potsdam an den Neckar wechselten, für die insgesamt neun Staffeln qualifiziert, die allesamt das Finale erreichen können. Auch Nina Kost (für die Schweiz) und Julia Hassler (für Liechtenstein) starten in Glasgow, Clemens Rapp hat das EM-Ticket dagegen knapp verpasst.

Schwer verständlich, dass Spikermann bei der EM nicht zum deutschen Trainerstab gehören wird. Der, so Lambertz, speise sich aus einem Pool der Bundesstützpunkttrainer - und diesen Status habe der Heidelberger nicht. Der Heimcoach von Heintz und Köhler will allerdings als Zuschauer in Glasgow dabei sein.

"Wir werden auf jeden Fall in engem Kontakt bleiben", sagt Heintz. Der 26-Jährige will am Montag in einer Woche mit einer geänderten Renntaktik seinen eigenen deutschen Rekord über 200 Meter Lagen brechen. "Bisher war ich immer auf den zweiten 100 Metern stark", erklärt er, "jetzt will ich die ersten 100 Meter schneller angehen." Bei den deutschen Meisterschaften gelang ihm das schon ganz gut.

Dann könnte Heintz seiner Medaillensammlung noch eine ganz wertvolle Trophäe hinzufügen. Europameister war er schon zweimal - bisher allerdings nur auf der Kurzbahn. Diesmal soll der Weg über Heidelberg und Glasgow zum ersten Titel auf der langen Bahn führen.

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