Ist Trainer Gärtner der richtige Feuerlöscher?
Klaus Gärtner weiß nach der 30:35-Niederlage in Stuttgart selbst nicht, ob er noch der richtige Trainer für die Rhein-Neckar Löwen ist.

Von Tillmann Bauer
Stuttgart. Eigentlich ist’s nicht neu, dass es bei den Rhein-Neckar Löwen brennt. Seit Sonntagabend lodert das Feuer aber lichterloh – und ist wahrscheinlich nicht mehr von Trainer Klaus Gärtner zu löschen. Diesen Eindruck wird man einfach nicht los.
Doch zunächst die Fakten zum ganzen Drama: Die Handball-Profis aus Mannheim haben nach dem Verpassen des internationalen Wettbewerbs auch beim bis dato noch punktlosen TV Bittenfeld Stuttgart mit 30:35 (12:15) verloren. Es war wieder vieles sehr schlecht, es gab 35 Gegentreffer, die Abwehr war löchrig und die Chancenverwertung mangelhaft. Eigentlich ging’s grad so weiter, wie zuvor – in der Bundesliga hat man nun mit 4:6-Punkten eine negative Bilanz.
"Muss mir Gedanken machen"
All die spielerische und emotionale Verzweiflung führte letztlich dazu, dass Trainer Gärtner im Presseraum der Stuttgarter Porsche Arena quasi seinen Job selbst zur Verfügung stellte. In seinem offiziellen Podiumsstatement sprach der Odenwälder von einer "Katastrophe" und betonte innerhalb von zwei Minuten dreimal, dass das alles eindeutig in seiner Verantwortung liege.
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Als wir wissen wollten, ob er eine Erklärung habe, dass die Abwehr erneut viel zu harmlos war, gab’s die Antwort: "Nee. Sonst hätten wir’s ja anders gemacht."
Mit welchem Trainer die Rhein-Neckar Löwen am Dienstagabend (19 Uhr) im DHB-Pokal in Leipzig antreten, ließ Gärtner offen. Er sagte: "In erster Linie mache ich mir jetzt Gedanken."
Dass der Klub selbst eine Reaktion zeige und ihn beurlaube, glaube Gärtner eher nicht. Er meinte aber: "Die andere Seite ist der Mensch Klaus Gärtner, der in einer gewissen Situation ist – und er muss sich überlegen, ob diese Situation für ihn optimal ist."
Klingt nicht, als wäre sie das.
Bitter nur, dass sein eigentlicher Nachfolger Sebastian Hinze schon lange feststeht, erst 2022 zu den Löwen kommen wird und noch bis zum Saisonende beim Bergischen HC – quasi bei der Konkurrenz – arbeitet.
"Ich muss sicherlich auch noch mit ein paar Spielern darüber sprechen", sagte Gärtner: "Fakt ist: So kann’s nicht weitergehen. Das wissen wir alle. Ich denke jetzt erst mal so weit, bis ich im Bus sitze. Eine Nacht werde ich sowieso nicht haben. Und dann muss ich schauen, was passiert, wenn ich morgen aufstehe."
Außerdem verstrickt: Gärtner sollte ja (eigentlich) kommende Saison wieder Co-Trainer unter Hinze werden. Zieht er nun selbst seinen Hut?
Dann bräuchten die Löwen schnell einen Feuerlöscher: Einen Coach, der kurzfristig Erfolg hat, Autorität ausstrahlt, die Abwehr schließt – und nur bis Saisonende bleiben will. Kein leichtes Anforderungsprofil.
Die Löwen befinden sich im Trainer-Dilemma, das sie sich nach der Trennung von Martin Schwalb damals selbst eingebrockt haben.
"Scheiße", sagte Kapitän Uwe Gensheimer: "Wenn wir das noch mal auf Video sehen, werden wir wahrscheinlich selbst nicht glauben, was wir für Fehler gemacht haben."
Die Frage ist nur, wer die kommenden Video-Sitzungen leiten wird.
Stuttgart: Zieker 4/4, Hanusz 5, Peshevski 3, Lönn 8, Runarsson 2, Schulze 3, Weiß 7, Augustinussen 3
Löwen: Horzen 4, Nilsson 5, Lagergren 2, Schmid 2/2, Helander 1, Kohlbacher 4, Gensheimer 11/5, Knorr 1
Strafminuten: Lönn 4, Weiß 2, Pfattheicher 2 – Ahouansou 2, Lagergren 2, Horzen 2, Gislason 2
Stenogramm: 1:1 (5.), 5:3 (10.), 7:5 (15.), 10:6 (20.), 11:8 (25.), 15:12 (Halbzeit), 18:15 (35.), 20:16 (40.), 22:19 (45.), 26:24 (50.), 30:28 (55.), 35:30 (Ende)
Zuschauer: 4500