Dem Funktionär war nichts zu schwer
Vorstand Kevin Ockert verhilft SV Obrigheim zum 585,8:461,3-Sieg in Schifferstadt

Routinier Jakob Neufeld war Punktbester in der stark verjüngten Obrigheimer Mannschaft. Foto: S. Weindl
Obrigheim. Dem Funktionär war nichts zu schwer. 105 Kilo im Reißen ließ Kevin Ockert prima gestoßene 122 Kilo folgen. Dem Vorstand für Wirtschaft und Organisation bei den Obrigheimer Gewichthebern gelangen am Samstag sechs gültige Versuche und 55,8 Relativpunkte. Damit trug Ockert seinen Teil zum 3:0-Sieg mit 585,8:461,3 Punkten beim KSC Schifferstadt bei. Unverhofft kam der bald 38-Jährige zu seinem insgesamt vierten Bundesliga-Einsatz.
Im Januar 1999 hatte er sein Debüt im Oberhaus der Schwerathleten gefeiert, stand danach 2004 und am 14. Februar 2009 noch zwei Mal für die erste Mannschaft auf der Bühne. Nach weiteren neuen Jahren gab Ockert nun sein Comeback in der Schifferstadter Wilfried-Dietrich-Halle. Und das, obwohl er seine aktive Laufbahn schon beendet. Erst seit ein paar Wochen trainiert er wieder. Allerdings nur für die eigene Fitness, nicht um wieder Wettkampftauglichkeit zu erlangen. So lautete zumindest der Plan.
Doch vor der Bundesliga-Begegnung in Schifferstadt war die Not groß beim SV Obrigheim. Der 1. Mannschaft drohten die Athleten auszugehen. Nico Müller und Matthäus Hofmann waren vom Bundesverband zu einem Vorbereitungslehrgang für die Europameisterschaft abkommandiert worden; die beiden Spanier Alejandro Gonzalez und Acoran Juan Hernandez absolvierten in ihrer Heimat einen EM-Qualifikationswettkampf; Alexander Oberkirsch kann wegen Schulterbeschwerden nicht heben, Adrian Müller hatte sich krankgemeldet und Philipp Hülser geht wegen einer Knieverletzung auf Krücken.
Die Liste der Verhinderten war plötzlich größer als die Zahl der Einsatzfähigen. Vorsorglich hatte der Sportliche Leiter Manuel Noe in der vergangenen Woche für seinen Vorstandskollegen Ockert eine Startberechtigung beim Verband angefordert. Eine gute Entscheidung. Der SV Obrigheim konnte somit vollzählig antreten und nahm im Duell gegen den Tabellenletzten keinen Schaden.
Dennoch waren wohl manche der 80 Besucher - gut die Hälfte davon aus Obrigheim - etwas irritiert, als Schifferstadt nach dem ersten Block im Reißen mit knapp 20 Punkten in Führung lag. Teamchef Noe brachte das nicht aus der Ruhe. "Wir haben aufmerksam gerechnet und waren vor allem bei den ersten Hebungen auf Sicherheit bedacht."
Auch interessant
Das sollte sich auszahlen. Sämtliche Anfangsversuche waren gültig. Nur drei von 36 Versuchen gingen schief, im Stoßen gab es keinen einzigen Fehlversuch. "Es ist gut gelaufen,", resümiert Noe, der ausdrücklich auch die beiden jungen Frauen im Bundesliga-Team lobt. Die 15-jährige Celina Schönsiegel überzeugte mit 100 Punkten. Dass sie im dritten Reißversuch patzte, war zu verschmerzen, zumal sie im Zweikampf die Drittbeste im Obrigheimer Team und die Viertbeste unter allen angetretenen Athleten war.
Leicht grippegeschwächt gab Sarah Döll ihre Premiere auf den Bundesliga-Brettern. Ein Grund, weshalb sich 68 Kilo im Reißen zwei Mal als zu schwer erwiesen. Sie servierte danach noch drei erfolgreiche Stoßversuche, so dass für die 18-Jährige 79 Punkte im Protokoll standen.
Da auch Schifferstadt in Carina Krieger, Laura Rößler und Helen Jewell drei Heberinnen aufbot, entpuppte sich der Wettkampf nebenbei als "Lady’s Night" - endete aber für die Britin Jewell enttäuschend. Nachdem sie schon im Reißen nur den zweiten Versuch bewältigt hatte, ging danach gar nichts mehr. In der zweiten Disziplin brachte sie keinen einzigen Versuch in die Wertung, baute also im Stoßen ein Loch. 100 Kilo blieben am Boden, die Schifferstadt in der Gesamtwertung rund 70 Punkte kosteten. Tröstlich immerhin für die Heberin und ihren Club: Zum Sieg gegen Obrigheim hätte es trotzdem nicht gereicht.
Das Fundament für den Gästesieg legten Jakob Neufeld und Marius Oechsle. Die beiden Athleten holten 43 Prozent des Mannschaftsergebnisses. Mit 130 Punkten war Neufeld zudem bester Heber des Wettkampfs vor dem Schifferstadter Schweden Stefan Agren (127) und Oechsle (125). Letztgenannter ist nach auskurierter Muskelverletzung wieder auf einem guten Weg.
"Eine überzeugende Vorstellung von Marius, da war noch Luft nach oben", kommentierte Noe den Auftritt des 23-Jährigen. Nach zuletzt etlichen persönlichen Bestleistungen ging Ruben Hofmann (18) dieses Mal nicht ans Limit, zeigte aber einen tadellosen Auftritt und steuerte in seinem fünften Bundesliga-Wettkampf 96 Punkte zur Gesamtausbeute bei.
Manuel Noe trat mit einem angenehmen Gefühl die Heimreise an. "Die Mannschaft hat sich in dieser ungewohnten Besetzung toll präsentiert und ihr Soll erfüllt." Da der AC Mutterstadt seinen Auswärtskampf in Roding mit 3:0 gewann und auch Speyer in Pforzheim siegte, bleibt der SV Obrigheim Dritter in der Bundesliga-Gruppe A. Um ins Finale vorzudringen, ist mindestens Platz zwei nötig. Im bevorstehenden Duell zwischen Speyer und Mutterstadt am 10. März wird zumindest einer der beiden Rivalen Punkte lassen. Noe: "Am gleichen Tag gastieren wir in Roding und wollen durch einen Sieg nach oben klettern."



