Von Ulrike John
Der "Sportler des Jahres" Niklas Kaul will sich die vielen Ehrungen nicht zu Kopf steigen lassen. Am Ende sei es wichtig, "dass man sich von so was nicht blenden lässt. Dass man sich nicht auf dem Erfolg ausruht, weil man einmal was gewonnen hat, und glaubt: Trainieren muss ich nicht mehr", sagte der Zehnkampf-Weltmeister in einem Interview, das die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am Montag veröffentlichte. Der 21 Jahre alte Mainzer hatte bei der Journalisten-Wahl am Sonntagabend triumphiert, nachdem er zuvor bereits den Sport-Bambi erhalten hatte.
Dennoch genossen es Kaul und Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo in vollen Zügen, dass sie bei der Gala im Kurhaus von Baden-Baden im Mittelpunkt standen. "Es ist wichtig, das die sportliche Vielfalt gezeigt wird. Von daher finde ich es schön und wichtig, dass wir hier stehen" sagte die "Sportlerin des Jahres", die in ihrem gold-weißen Kleid und mit ihrem souveränen Auftritt alle Blicke auf sich zog.
Über mangelnde Aufmerksamkeit das Jahr über beklagte sich das Duo - im Gegensatz zu früheren Leichtathletik-Siegern - nicht. "Wir brauchen uns nicht mit dem Fußball vergleichen. Es tut uns nicht gut, uns mit dem größten Sport zu vergleichen", sagte Kaul selbstbewusst und betonte ebenfalls: "Wir stehen für sportliche Vielfalt."
Groß war auch die Freude beim Deutschen Leichtathletik-Verband, der erstmals seit 2013, als Diskus-Ass Robert Harting und Speerwerferin Christina Obergföll die Auszeichnungen erhielten, in beiden Kategorien vorne standen. "Es war ein deutliches Lebenszeichen der Leichtathletik. Das ist eine sehr hohe Anerkennung, und ich denke, das ist auch ein Versprechen für die Zukunft", sagte DLV-Präsident Jürgen Kessing und lobte Kaul und Mihambo: "Beide haben jetzt schon eine Ausstrahlung, die unglaublich ist. Sie kommen authentisch rüber und haben die Bodenhaftung nicht verloren. Ich glaube, das spüren die Menschen, deshalb schlägt ihnen auch die Sympathie entgegen."
Wie seine Kommilitonen jetzt mit ihm umgehen? "Ach, berühmt bin ich nicht!", sagte Sport- und Physik-Lehramtsstudent Kaul im FAZ-Interview auf diese Frage. "Eigentlich gehen die ganz normal mit mir um, wie vorher auch. Das finde ich auch schön so, das ist ganz wichtig." Er habe sich ja durch die zwei Tage WM-Wettkampf nicht grundlegend verändert. "Und das Schöne ist, dass ich die Uni als Ruhepol habe."
Der Senkrechtstarter hatte in Doha überraschend mit 8691 Punkten triumphiert und sich zum jüngsten Weltmeister der Zehnkampf-Geschichte gekrönt. In Baden-Baden setzte er sich vor Triathlon-Weltmeister Jan Frodeno und dem zweifachen Skisprung-Weltmeister Markus Eisenbichler durch. Auch der Oberbayer glänzte im Rampenlicht und legte auf der Bühne einen Schuhplattler hin. Allerdings keinen echten, wie er einräumte - "weil i koi Lederhosen anghabt hab".
Der Fußball spielte beim alljährlichen glamourösen Treffen der Sportszene praktisch keine Rolle, auch wenn Fritz Keller als neuer Präsident des Deutschen Fußball-Bundes erstmals unter den 750 Besuchern weilte. Der deutsche Meister und Pokalsieger FC Bayern München tauchte nicht unter den Top Ten der Wahl zur "Mannschaft des Jahres" auf, die das goldenen Skisprung-Team um Eisenbichler gewann.
Baden-Baden. (dpa) Malaika Mihambo strahlte auf der Bühne im gold-weißen Kleid, Niklas Kaul machte im James-Bond-Smoking eine gute Figur: Die beiden Leichtathletik-Stars sind in Baden-Baden wie das per Helikopter eingeflogene Skisprung-Team als "Sportler des Jahres" 2019 ausgezeichnet worden.
Etwa 700 Gäste im mondänen Kurhaus, darunter viele ehemalige Gewinner, feierten anschließend die Weltmeister.
"Die Freude ist riesig. Da wird einem klar, wie außergewöhnlich die Saison war", sagte die 25-jährige Mihambo, die von Heike Drechsler, einst selbst Weitsprung-Star, geehrt wurde. "Was für eine Frau!", sagte diese und an ihre Nachfolgerin gewandt: "Du kannst richtig stolz sein." Mihambo setzte sich nach ihrem 7,30-Meter-Coup bei der WM in Doha mit 2281 Punkten deutlich vor der Triathletin Anne Haug (1456) und Hindernisläuferin Gesa Krause (994) durch.
"Wenn ich so in die Runde gucke, dann ist das schon ein ganz komisches Gefühl, hier oben zu stehen - und eine ganz große Ehre", sagte Kaul, der im Herbst in Katar einen Sensationssieg gefeiert hatte. Mit 8691 Punkten im Wettkampf wurde der 21-Jährige zum bisher jüngsten Weltmeister bei den Königen der Athleten.
Bei der Journalisten-Wahl sammelte der Mainzer mehr Punkte (1973) als Triathlon-Ass Jan Frodeno (1892) und Eisenbichler (1159), der in Seefeld nicht nur mit dem Team, sondern auch von der Großschanze den WM-Titel erobert hatte. Frodeno war bereits 2015 schon einmal "Sportler des Jahres".
Erstmals seit 2013, als Speerwerferin Christina Obergföll und Diskus-Ass Robert Harting triumphierten, gab es in den Einzelwertungen zwei Gewinner aus der Leichtathletik. Mihambo und Kaul gelten auch als große Hoffnungen für die Olympischen Spiele in Tokio - wenn sie Form und Gesundheit bis zum August 2020 wahren können.
Der zweifache Schwimm-Weltmeister Florian Wellbrock belegte Rang vier bei der 73. Auflage der Wahl. Kaul und Wellbrock haben im November - ebenfalls in Baden-Baden - bereits den Sport-Bambi gewonnen. Der inzwischen 22 Jahre alte Wellbrock hatte bei der WM in Südkorea über 10 Kilometer im Freiwasser und 1500 Meter Freistil im Becken gesiegt.
Als "Mannschaft des Jahres" kamen die Skispringer Eisenbichler, Karl Geiger, Stephan Leyhe und Richard Freitag auf 1764 Punkte. Auf Rang zwei landeten die Ruder-Weltmeister des Deutschland-Achters (1396) vor dem Tennis-Doppel Kevin Krawietz/Andreas Mies (1006), das überraschend die French Open und viele Sympathien gewonnen hatte.
Die "Sportler des Jahres" werden seit 1947 gekürt, Organisator ist die Internationale Sport-Korrespondenz (ISK). Erste Sieger waren der Tennisspieler Gottfried von Cramm und die Leichtathletin Marga Petersen. Zehn Jahre später gewannen die Fußballer von Borussia Dortmund die erstmalige Auszeichnung als "Mannschaft des Jahres". Der deutsche Fußball-Meister und -Pokalsieger FC Bayern München schaffte es in diesem Jahr nicht unter die besten Zehn.
Kandidaten auf der offiziellen Homepage
Die bisherigen Sieger
Die Historie der Wahl
Wahlverfahren