Ist auch selbst aktiv am Ball: Badens Verbandssportwart Nico Weschenfelder. F: Blum
Von Daniel Hund
Heidelberg. Sechs Spiele, sechs Siege. Bislang war das immer gleichbedeutend mit dem Titel, dem Aufstieg - wenn man auf badischer Verbandsebene in der Tennis-Medenrunde am Ball war. Seit dieser Saison ist nun alles anders. Das Schweizer Modell wirbelt die alten Strukturen durcheinander, bringt frischen Wind auf die rote Asche. Waren Siege zuvor das Maß aller Dinge, entscheiden jetzt die Matchpunkte über Auf- und Abstieg. In Zahlen ausgedrückt: Zwei 9:0-Siege und eine 4:5-Niederlage sind mittlerweile deutlich mehr wert als drei 5:4-Erfolge ohne Niederlage.
Und weshalb das alles? Weil in den letzten Jahren eine unschöne Entwicklung eingesetzt hat. Das Abschenken von Doppeln wurde zur Gewohnheit. Lag man bereits nach den Einzeln mit 6:0 oder 5:1 vorne, wurden die drei Doppelpunkte oft mündlich untereinander aufgeteilt, selbst bei einem 4:2 war das plötzlich schwer in Mode. Seit dieser Saison sollte man damit vorsichtig sein, denn in der Endabrechnung könnten diese Punkte fehlen.
Screenshot: RNZonlineDie RNZ sprach mit Nico Weschenfelder, 38, der beim Badischen Tennis-Verband (BTV) als Verbands-Sportwart fungiert, über die neue "Geheimwaffe" gegen die unschöne Doppel-Schenkerei. Er selbst spielt beim TC Graben Neudorf.
Herr Weschenfelder, was war letztlich der Grund für den Wechsel?
Der Hauptgrund war der, dass die Anzahl der geschenkten Doppel in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Wir wollten die Quote der Doppel wieder erhöhen. Nun zählt wirklich jedes Spiel, denn jetzt entscheiden die Matchpunkte. Jeder abgeschenkte Punkt kann in der Endabrechnung entscheidend fehlen.
Wie wird so etwas im BTV denn entschieden?
An uns wurden jedes Jahr Klagen von Spielern und Vereinen herangetragen. Es drehte sich immer um die abgeschenkten Doppel. Es hieß, dass wir von Verbandsseite etwas unternehmen sollen. Es gibt da verschiedene Möglichkeiten, wir haben uns in unserem Gremium für das Schweizer Modell entschieden. Auf der Mitgliederversammlung im Oktober 2018, auf der jeder Verein ein Stimmrecht hat, wurde das Modell dann vorgestellt und letztlich auch in einer repräsentativen Abstimmung gewählt.
Theoretisch kann man nun alle seine Spiele gewinnen und wird am Ende doch nur Zweiter …
Ja, das kann passieren. Ebenfalls denkbar ist, dass eine Mannschaft alle Spiele verliert und am Ende trotzdem nicht absteigt. Aber wir versprechen uns davon, dass sich letztlich die Teams durchsetzen, die dauerhaft gut aufgestellt angetreten sind. In der Vergangenheit war es ja oft so, dass manche Mannschaften zweimal in Topbesetzung angetreten sind, gewonnen haben, die Klasse so bereits gehalten hatten und danach ganz bewusst in einer deutlich schwächeren Besetzung alles verloren haben.
Gab es auch schon Vereine, die sich kritisch zum neuen Wertungssystem geäußert haben?
Ja, die gab es. Es wurden Bedenken geäußert. Das war uns aber auch schon vor dem Wechsel alles klar. Auch wir sehen diesen Wechsel hin zum Schweizer Modell nicht als Allheilmittel gegen alle Probleme. Wir sehen es vielmehr als eine Art Testballon. Klar ist natürlich auch, dass der vormals psychologische Effekt, den ein knapper 5:4-Erfolg hatte, mittlerweile weg ist. Es sind jetzt eben nur noch fünf Matchpunkte und kein Sieg mehr.
Gibt es noch andere Verbände, die das Schweizer Modell anwenden?
Nein, wir sind der einzige Landesverband in Deutschland, der sich für diese Variante entschieden hat. Wir warten jetzt einfach mal ab, wie sich alles entwickelt. Bei der nächsten Mitgliederversammlung könnten wir gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Unsere Hoffnung ist, dass die Doppel nachhaltig gestärkt werden. Nach der Saison werden wir das alles sehr gut analysieren können.