Außerordentlicher Deutscher Rugby-Tag in Coronavirus-Zeiten: Wenige Delegierte waren mit vielen Stimmkarten ausgestattet. Foto: CPB
Heusenstamm. (CPB) Der Deutsche Rugby-Verband (DRV), der seit Mitte Oktober 2019 von Ex-Nationalspieler Harald Hees aus dem südhessischen Spessart geführt wird, ist wieder voll handlungsfähig. Das ist das Ergebnis eines Außerordentlichen Deutschen Rugby-Tages (ADRT), der am Samstag in Heusenstamm stattgefunden hat.
Das Plenum der Vereine und Landesverbände war wegen drohender Insolvenz des olympischen Spitzenverbandes mit großer Dringlichkeit in die Sporthalle Martinsee geladen worden, zeigte sich bei aller Kritik an Präsidium und Vorstand aber außerordentlich hilfsbereit und beschloss mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit Sonderumlagen für 2020 und 2021, die dem Verband neben den Beiträgen von durchschnittlich acht Euro jeweils zusätzliche zehn Euro pro Vereinsmitglied in die Kasse spülen werden.
DRV-Präsident Harald Hees (Mitte) bat die Vereine um Hilfe in der Not, rechts Finanzvizepräsident Mathias Entenmann. Foto: CPBEin Verein mit 500 Mitgliedern muss also außer dem regulären Beitrag von 4000 Euro noch in diesem Herbst weitere 5000 Euro überweisen und 2021 einen Beitrag in Höhe von 9000 Euro bezahlen. Für den DRV bedeutet das, dass 2020 und 2021 von den rund 140 Vereinen mit ihren 16.500 Mitgliedern zusätzlich jeweils 165.000 Euro zur Verfügung gestellt werden, um die Finanzen endlich zu sanieren und alle sportlichen Aufgaben seriös finanziert angehen zu können.
Erfreulich war, dass die Nationalspieler Samy Füchsel (SC Frankfurt 1880), Pierre Mathurin und Felix Lammers (beide Heidelberger RK) das Wort ergriffen und sich für diesen Vertrauensbeweis der DRV-Mitglieder bedankten. Vorstandsmitglied Manuel Wilhelm (Heidelberg) hatte nämlich betont, dass er die deutsche Nationalmannschaft nicht zur Europameisterschaft 2021 anmelden werde, falls sich die Vereine nicht spendabel zeigten.
Harald Hees, der 62-jährige ehemalige Jumbojet-Pilot der Lufthansa, sagte nach Ende der sechs Stunden und 15 Minuten dauernden Sitzung, die unter besonderen Hygienebedingungen stattfand, sehr erleichtert: "Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen", freute sich der hoch engagierte Präsident, der mit der DAK-Gesundheitskasse auch einen neuen Kooperationspartner vorstellte: "Mit den günstigen Winden aus diesem Rugby-Tag schaffen wir das. Seit November haben wir einen Sturzflug gebremst, dann hatten wir einen kontrollierten Sinkflug, und nun können wir zu einem Steilflug durchstarten", erläuterte Hees den Flugplan seines Verbandes.
Schon nach den ersten Wortmeldungen der Delegierten, die mangelnde Transparenz über die wirtschaftliche Lage des Verbandes und der DRV-eigenen Deutschen Rugby-Marketing GmbH monierten, war klar, dass die vom Präsidium gestellten Anträge auf eine Beitragserhöhung von bis zu 31,50 Euro pro Mitglied keine Chance hatten. Etliche Vereinsvertreter signalisierten jedoch Hilfsbereitschaft, was auf Antrag des Stuttgarter RC und den RFC Augsburg zu zwei während des ADRT gemeinsam formulierten Dringlichkeitsanträgen führte, die mit 358 Ja-Stimmen für 2020 und mit 380 Ja-Stimmen für 2021 die erforderlichen Mehrheiten fanden.
Die Vereine des Rugby-Verbandes, die sich keineswegs als Mitglieder eines Siebenerrugby-Verbandes fühlen und unbedingt wünschen, dass Nationalteams auch an den Europameisterschaften der Fünfzehnerrugby-Männer, der Frauen und der U18-Junioren teilnehmen, sind der Verbandsführung sehr weit entgegengekommen. Es bleibt zu hoffen, dass die kleineren und schwächeren Vereine aufgrund der zusätzlichen Belastungen nicht in den Bankrott getrieben werden, sondern weiter wachsen können.