Ehrenamtliche und Ärzte retten kleinen Hund gerade noch so vor dem Tod
In einem absolut verwahrlosten Zustand wird Jimmy zwischen Daisbach und Waibstadt gefunden. Der Besitzer meldet sich kurz darauf selbst beim Tierheim.

Von Friedemann Orths
Waibstadt-Daisbach/Sinsheim. Völlig hilflos lag er da. Von Maden zerfressen, verletzt und voller Schneckenschleim – und so entkräftet, dass seine Retter zunächst dachten, dass er es nicht überleben würde. Doch Jimmy hatte seinen Lebenswillen nicht verloren. Jimmy schrie. Und Jimmy schrie so laut und verzweifelt, dass schließlich jemand auf ihn aufmerksam wurde und die Polizei rief.
Das hat Jimmy vermutlich das Leben gerettet. Jimmy, das ist der kleine Hund, den die Tierrettung Unterland am Sonntag vergangener Woche in einem Bachbett bei Daisbach fand, und um den sich jetzt Gaby Strobel-Maus vom Sinsheimer Tierheim und die Experten der Wieslocher Tierklinik Anicurna kümmern.

Es war ein furchtbarer Anblick für die Helfer, die den 16-jährigen Jimmy neben der Daisbachtalstraße am Ortsausgang in Richtung Waibstadt entdeckten, ein Anblick "wie im Horrorfilm", habe sich ihnen geboten, wie Strobel-Maus der RNZ erzählt. Das Veterinäramt ist eingeschaltet.
Strobel-Maus besucht Jimmy täglich in der Tierklinik, in die er von der Tierrettung gebracht wurde. Erst dort zeigte sich das gesamte Ausmaß der Verletzungen des Hundes, obwohl der starke Geruch schon Schlimmes vermuten ließ: Auf dem Kopf des Rüden und sogar aus der Augenhöhle krochen Maden, ein klaffendes Loch in der Backe hatte sie wohl angezogen: Denn das Gebiss des Tieres ist "eine Ruine", völlig verfault und stark vereitert, wodurch vermutlich ein Abszess entstand, der aufbrach.
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Aber auch die Krallen waren viel zu lange nicht mehr geschnitten worden; beide Daumenkrallen "waren kurz vorm Einwachsen". Das Fell war in katastrophalem Zustand und stellenweise stark verfilzt. Auch eine Wunde an der Hinterpfote war von Maden befallen, berichtet Strobel-Maus.
Doch damit nicht genug: Ein Blutbild ergab "katastrophale Nierenwerte". "Was musste der Rüde für furchtbare Schmerzen erleiden", schreibt sie auf der Homepage des Tierheims. Sofort wurden dem entkräfteten und dehydrierten Tier Schmerzmittel verabreicht und eine Infusion gelegt.
Doch die gute Nachricht: "Man merkt, dass er leben will", sagt die Leiterin des Tierheims. Schon bald konnte Jimmy dann sogar etwas fressen, und von Tag zu Tag geht es ihm besser. Die Wunde an der Backe ist schon fast wieder zugewachsen, und das Tier zeigt sogar Interesse an anderen Hunden. Sobald es Jimmy gut genug geht, soll er operiert und sein Gebiss gerichtet werden – sonst würde sich die Wunde wohl immer wieder entzünden.
Mittlerweile hat sich der Besitzer des Hundes beim Tierheim gemeldet, aber Strobel-Maus hofft, dass Jimmy dort nicht mehr hin muss – und hat den Besitzer angezeigt. "Der Hund ist schon viel länger verwahrlost", sagt sie, das zeige der Zustand der Krallen und des Fells. Somit habe sich der Besitzer also schon länger nicht mehr um das Tier gekümmert.
Strobel-Maus fragt sich außerdem, warum Jimmy nicht früher entdeckt wurde. Schließlich habe er nicht weit von Zuhause gelegen, und er habe so laut geschrien, dass ihn viel mehr Leute hätten hören müssen – eventuell auch die Besitzer. "Man hätte ihn finden können", ist sich Strobel-Maus sicher. Auch wundert die Tierheimleiterin, dass Jimmy nicht als vermisst gemeldet wurde.
Der Fall erinnert Strobel-Maus an das tragische Schicksal von Joshi. Der Ungarische Hirtenhund-Pudel-Mischling war im April 2010 in Zuzenhausen gefunden worden. Auch Joshi konnte nicht mehr laufen, hatte sich wohl mit letzter Kraft auf die Straße geschleppt, weil sein Fell so lang war, dass es sich um seine Beine geschlungen hatte.
Die Krallen waren ebenfalls so lang, dass der Hund nur robben konnte. In einer Wunde am Rücken tummelten sich ebenfalls die Maden, und Joshis Schwanz war gebrochen. Anders als bei Jimmy fand die Geschichte kein Happy End: Joshi musste von einer Tierärztin von seinem Leid erlöst werden. Die Besitzer erhielten Geldstrafen, zu einer Verhandlung kam es nicht.
"Wir hoffen, dass wir wenigstens Jimmy noch helfen können", sagt Strobel-Maus jetzt. Sollte Jimmy wieder gesund werden, stehe schon ein Ehepaar bereit, das sich gerne um den vermutlichen Terrier kümmern würde. Das Paar habe Erfahrung mit kranken Tieren. "Die machen das ganz toll", berichtet Strobel-Maus.
Ein gutes Zuhause wäre das Beste, was dem Tier passieren könnte. "Es wäre furchtbar, wenn er im Tierheim landen würde." Doch dafür muss Jimmy erstmal wieder fit werden. Strobel-Maus hat keine Zweifel: "Er ist ein richtiger Kämpfer", sagt sie.