Sinsheim/Kraichgau

Wohin entwickelt sich die Kirche?

Über diese und weitere Fragen diskutierten rund 200 Pfarrer der Evangelischen Landeskirche im Technik-Museum

14.10.2019 UPDATE: 15.10.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 45 Sekunden

Landesbischof Prof. Jochen Cornelius-Bundschuh sprach bei Pfarrertag in Sinsheim. Foto: Christian Beck

Von Christian Beck

Sinsheim/Kraichgau. Es war eine Premiere, von der die Öffentlichkeit nur wenig mitbekommen haben dürfte: Rund 200 Pfarrerinnen und Pfarrer haben sich am Sonntag und Montag im Rahmen des Pfarrertags der Evangelischen Landeskirche Baden zum ersten Mal in Sinsheim getroffen, unter ihnen auch Landesbischof Prof. Jochen Cornelius-Bundschuh. Im Terminal des Technik-Museums wurde über das Berufsbild des Pfarrers und künftige Entwicklungen der Kirche diskutiert.

Als "etwas ganz Besonderes für Sinsheim" bezeichnete Dekanin Christiane Glöckner-Lang die Veranstaltung. Und veranschaulichte anhand des Kraichgaus eine Grundproblematik der Kirche: Während in Bad Rappenau, Eppingen oder Sinsheim über 4000 Protestanten leben, sind es in Hasselbach oder Untergimpern nur rund 180. Betreut werden müssten aber alle Gemeinden, nur eben auf unterschiedliche Art und Weise.

Wie dies künftig geschehen soll, steht noch nicht gänzlich fest - unter anderem der Pfarrbildprozess ist noch nicht abgeschlossen. Klar ist laut Cornelius-Bundschuh allerdings, dass sich die Pfarrer künftig mehr auf ihr Kerngeschäft konzentrieren sollen. Sie sollten für die Menschen da sein und müssten keine Architekten sowie Computer- oder Datenschutz-Experten sein. Der Ansatz mag zunächst ein wenig an den Prozess "Pastoral 2030" der katholischen Kirche erinnern. Auch hier wird daran gearbeitet, mit Hilfe von organisatorischen Veränderungen Pfarrern mehr Freiraum für die Seelsorge zu ermöglichen. Cornelius-Bundschuh schätzt, dass bei den Katholiken eher die sinkenden Priesterzahlen den Ausschlag geben. Bei den Protestanten seien dagegen die schwindenden Einnahmen der entscheidende Faktor.

Und hier machen sich offenbar auch manche Pfarrer Gedanken. Friedhelm Maurer, als Vorsitzender des evangelischen Pfarrvereins Rheinland Gast auf dem Pfarrertag, schätzt, dass in einigen Jahren in Teilen Deutschlands Kirchen aufgegeben werden könnten. Für Baden und somit den Kraichgau schließt der Bischof dies aus. Bei den Gemeindehäusern werde aber im Rahmen des Liegenschaftsprojekts der Hebel angesetzt.

Auch interessant
Kirchensanierung Sinsheim-Hilsbach: Raritäten helfen bei der Rettung einer Rarität
Projekt Kirchenraumpädagogik: So sollen Schüler Kirche entdecken
Interview mit Elisabeth Hell: "Kirche braucht die Charismen von Frauen"
Sinsheim/Eschelbach: Pfarrer Fellhauer "wollte nie Pfarrer werden"
Buchen: Diese Kritik gibt es am Projekt "Pastoral 2030"
Strukturreform "Pastoral 2030": Diese radikale Reform schlägt Erzbischof Burger vor

Hier und in anderen Feldern sei Kooperation sehr wichtig: Mehrere Redner betonten Wert und Notwendigkeit der Ökumene - unter ihnen auch Pfarrer Wolfgang Oser, der die Katholiken vertrat. In Sinsheim trenne Protestanten und Katholiken seit jeher wenig - der Gartenzaun zwischen den jeweiligen Pfarrhäusern und Kindergärten in der Werderstraße werde vielmehr als Ort des Austauschs genutzt. "Und eines Tages werden auch diese dünnen Mauern nicht mehr bestehen", befand er und erntete dafür viel Applaus.

Wie sich die Kirche weiter entwickelt, bleibt also offen. Dass sich etwas ändern muss, sehen aber selbst Pfarrer, die längst im Ruhestand sind. Helmut Bösenecker, Vater des Epfenbacher Bürgermeisters, zählt mittlerweile 88 Lenze; im Rahmen des Pfarrtags feierte er sein 60. Ordinationsjubiläum. "Man muss sehr offen auf die Menschen zugehen, das ist das Allerwichtigste", findet er. Auch auf jene, die der Kirche kritisch gegenüberstünden. Ob dies funktioniert? "Das hängt entscheidend von der Person des Pfarrers ab", findet Helmut Bösenecker. Wer diesen Beruf ergreift und wie er ausgefüllt wird, sei deshalb heute noch wichtiger als früher.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.