So soll die Pfohlhofbrücke neu gebaut werden
Das Bauprojekt umfasst einen Hausabriss, mehrere Umleitungen, viel Nachtarbeit und 40 Bohrpfähle mit je 1,20 Meter Durchmesser.

Von Hans-Peter Riedlberger
Sinsheim-Steinsfurt. "Was lange gärt, wird endlich gut", könnte es in Abwandlung eines Sprichworts zu dem bevorstehenden Baubeginn für die neue Pfohlhofbrücke heißen. Das Vorhaben wurde jetzt im Rahmen einer Bürgerinformation vorgestellt.
Am 31. Juli soll das städtische Großprojekt gestartet werden, um das marode Bauwerk aus den 1860er-Jahren zu ersetzen. Das ist das erfreuliche Ergebnis des rund sechsjährigen "Gärprozesses" mit wiederholten Beratungen im Gemeinderat und zähen Verhandlungen der Stadtverwaltung mit der Bahn, verlautete bei der Veranstaltung der Stadtverwaltung. Als Bauzeit sind nahezu zwei Jahre vorgesehen.
Das Großprojekt wird den Steinsfurtern, namentlich den Brücken-Anliegern, Belastbarkeit und Geduld abverlangen: Baustellenverkehr, Baulärm, Nachtbaustelle und Staub werden das Lebens- und Wohnumfeld im Bereich Pfohlhofstraße, Burgweg, Schulstraße, Giebelstraße und Alte Friedhofstraße tage- oder wochenweise beeinträchtigen, daraus machte der Leiter des städtischen Tiefbauamtes, Bernd Kippenhan, keinen Hehl. Auswirkungen würden auch die Anwohner der Umleitungsstrecken und nicht zuletzt die Bahnreisenden durch eventuellen Schienenersatzverkehr zu spüren bekommen.
Die rund 60 Gäste, vorwiegend aus der unmittelbaren Umgebung der Brücke, nahmen diese Botschaft weitgehend gefasst auf, zumal die Ausführungen von Projektleiter Joachim Störk vom Ingenieurbüro H. Rothenhöfer und Partner aus Karlsruhe zum Bauablauf deutlich machten, dass bei der technischen und organisatorischen Bauausführung Lösungen mit relativ geringen Lärm- und Staubemissionen Priorität hätten.
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So würden nach dem bisher sehr grob gegliederten Zeitplan im Anschluss an die Baustelleneinrichtung und den Abriss einer an die Brücke angrenzenden Garage sowie des Wohnhauses an der Kreuzung Burgweg und Pfohlhofstraße ab August beidseitig Bohrpfahlwände errichtet, auf denen Träger und Stützen als Traggerüst der Straßendecke aufgebaut werden sollen. Diese Bauweise erspare Spundwände, sodass die ohrenbetäubenden Rammgeräusche, die vielen aus der Elektrifizierung des Steinsfurter Bahnabschnitts noch in Erinnerung seien, vermieden würden.
40 Stahlbetonpfähle – 17 auf der Burgweg-Seite, 23 auf der gegenüber liegenden Pfohlhofstraßen-Seite – müssten bei einem Durchmesser von 1,20 Metern bis in eine Tiefe von 21 Metern im Erdreich verankert werden. Der Erdaushub erfolge durch Bohrrohre. Pro Tag könne bei reibungslosem Verlauf ein Bohrloch ausgehoben und ein Betonpfahl begonnen oder sogar fertiggestellt werden. Drei Lkw würden für den Abtransport des Aushubs, zwei Betonmischerfahrzeuge für die Betonanlieferung benötigt.
Der nächste Bauabschnitt – voraussichtlich von September bis Februar 2024 – umfasst laut Störk die Beseitigung des bisherigen Überbaus, sprich der Fahrbahn. Zur Reduzierung der Staub- und Lärmentwicklung erfolge die Entfernung durch Herausschneiden von bis zu zehn Tonnen schweren Segmenten, die abtransportiert und außerhalb der Wohnbebauung geschreddert würden.
Die folgende Etappe würde ab Februar 2024 durch den etwa zweimonatigen Teilrückbau der Widerlager bestimmt, bevor es an den Aufbau des neuen Brückenkörpers gehe. Dieser soll quasi schwebend über den Tragwerken errichtet werden. Zeitraubend seien der Einbau des Traggerüsts sowie die Schalung, erläuterte Projektleiter Störk. Laut Zeitplan könne im Juli oder August 2024 der Überbau abgesenkt werden. Damit seien die Voraussetzungen für den Straßenbau ab September 2024 geschaffen. Befahrbar soll die Brücke ab Dezember 2024 sein.
Die folgenden Arbeiten zum Abschluss der Maßnahme, unter anderem der Abbau der verbliebenen Widerlager, würden sich zwar noch über mehrere Monate hinziehen, würden jedoch für die Anwohner und Nutzer der Brücke kaum Einschränkungen mit sich bringen, gab sich Störk optimistisch.
Da wegen Vorgaben der Deutschen Bahn nicht nur eine Verbreiterung, sondern auch eine Erhöhung der Bahnunterführung realisiert werden müsse, werde das künftige Straßenniveau etwa 70 Zentimeter höher liegen. Das erfordere umfangreiche Nivellierungen bei den vier auf die Pfohlhofbrücke zulaufenden Straßen und Anpassungen bei den Einfahrten unmittelbarer Nachbargebäude.
Die Fragen aus dem Publikum betrafen im Wesentlichen die zu erwartenden Lärmemissionen und die Ruhestörungen durch die vorgesehene Nachtarbeit. Die Planer konnten "ohne Gewähr" die Monate nennen, in denen jeweils an bis zu vier oder fünf Tagen in der Zeit von 22 bis 4.30 Uhr am Folgetag oder an Wochenenden Nachtarbeit eingeplant sei: im September 2023 sowie Februar, April und Juli 2024. Die terminscharfen Angaben würden jeweils rechtzeitig veröffentlicht, versicherte Amtsleiter Kippenhan.
Über den Zeitpunkt und das Ausmaß von möglichen Streckensperrungen für die Züge konnten weder Stadt noch Ingenieurbüro Auskunft geben. Die Bahn zeige sich bei diesem Thema sehr zugeknöpft und beharre auf dem Prinzip "Die Bahn muss fahren", erklärte Kippenhan. Durch eine längerfristige Sperrung und Schienenersatzverkehr könne die Bauzeit um bis zu vier Monate verkürzt werden, ergänzte Störk.
Die Vollsperrung der Brücke gelte auch für Fußgänger während der heißen Phase der Bauzeit. Die bisherigen an die Brücke angrenzenden Fußwege Danziger Straße-Pfohlhofstraße und Alte Friedhofstraße-Bahnhofsvorplatz würden nach der Baumaßnahme reaktiviert.
Eine Fragestellerin sprach mögliche Schäden an, die durch Erschütterungen an Gebäuden entstehen können. Kippenhan sagte zu, dass in Kürze im "Nahumfeld" von circa 50 Metern der Baustelle an bis zu 20 Gebäuden Beweissicherungen per Fotodokumentation gemacht würden.
Auch die Kosten der Maßnahme waren ein Thema. Eine Schätzung vor Beginn des Ukraine-Kriegs hätte sich auf rund sechs Millionen Euro belaufen, wovon die Stadt rund 1,5 Millionen, die Bahn den Rest zu berappen müsse. Die Inflation und die Auftragslage in der Bauwirtschaft machten diese Schätzung jedoch zunehmend unverbindlich, wie zu hören war.
Mit der Millioneninvestition würde die Stadt nun bis zu 70.000 Euro pro Jahr sparen, zumindest gemessen am Status quo: So hoch waren laut Kippenhan die Aufwendungen, um den Gleiskörper vor herabfallen Betonbrocken zu schützen. Dies geschah durch das Unterspannen eines Netzes, das regelmäßig kontrolliert und von Steinbrocken befreit werden musste.
Nun sprach Kippenhan von einer schwierigen, langen und lauten Baustelle. Ein Projekt dieses Ausmaßes habe es in Sinsheim in den vergangenen 30 Jahren nicht gegeben. Ortsvorsteher Rüdiger Pyck relativiert die Aneinanderreihung von Problemadjektiven mit der erwarteten Lebensdauer einer neuen Konstruktion: "Sie muss die nächsten 100 Jahre halten", gibt er vor. Ganz so optimistisch zeigt sich das Planungsbüro nicht: Fachkreise gehen von 70 Jahren aus.