So denken Dühren, Hilsbach und Weiler über die Eingemeindung
DSie fand vor 50 Jahren statt. Bis aus 13 Orten eine Stadt wurde, dauerte es fast zwei Jahre.

Von A. Becker und C. Beck
Sinsheim-Hilsbach/Weiler/Dühren. Bis aus 13 Orten eine Stadt wurde, dauerte es fast zwei Jahre. Und bis sie zusammenwuchs, verging noch einmal deutlich mehr Zeit. Die Rede ist von der Eingemeindung der Stadtteile. Am 1. April 1971 ging es mit Dühren los. Und am 1. Juli 1971 folgten Hilsbach und Weiler. Wie wurden die Entscheidungen damals empfunden? Wie denkt man heute darüber?
Auf dem Papier hatte das bis dato selbstständige Hilsbach nicht viel gewonnen. Schließlich war dem Ort im Jahr 1310 das Stadtrecht verliehen worden. Nach der Aberkennung während des Dritten Reiches hatte man es zwar 1956 zurückerhalten, doch trotzdem erfolgte 15 Jahre später der Anschluss an Sinsheim.
"Entscheidend für die Zusammenschlüsse, die sich über einen Zeitraum von knapp zwei Jahren vollzogen, waren die vom Landtag beschlossene Kommunalreform und die Kreisreform, in deren Zuge der damalige Landkreis Sinsheim aufgelöst und in den neuen Großkreis Rhein-Neckar einbezogen wurde", erläutert die städtische Pressesprecherin Melanie Wricke.
Anfangs erschien der Weg allerdings steinig. "Eine Liebesheirat war diese Eingemeindung nach Sinsheim mit Sicherheit nicht. Es war wohl eher, juristisch gesprochen, ein reiner Verwaltungsakt im Zuge der damaligen Verwaltungsreform", beschreibt Hilsbachs Ortsvorsteher Martin Gund die damalige Aufgabe der Selbstständigkeit, wofür es sowohl Befürworter, als auch Gegner gab.
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"Doch anfänglichen Widerständen zum Trotz hält die Ehe nun seit 50 Jahren", freut sich Gund und betont, dass seit der Eingemeindung viele infrastrukturelle Maßnahmen umgesetzt worden sind. Dazu gehören unter anderem der Bau der Grundschule, der Schulturnhalle und des städtischen Kindergartens, die Sanierung des Ortskerns, die Erschließung von Neubaugebieten, der Erlebnisweg Eichelberg und zuletzt die Sanierung der Festhalle. "Auch unsere Vereine, Gruppen und Verbände haben durch die Vereinsförderung der Stadt Sinsheim in großem Maße davon profitiert", sieht Gund die Eingemeindung durchweg positiv.
Was den Nachbarort anbelangt, betont Ortsvorsteher Manfred Wiedl: "Weiler war eigentlich keine arme Gemeinde." Es gab damals schon einen Sportplatz, eine Schule und eine Festhalle, zählt er auf. "Da musste Sinsheim bei der Eingemeindung nicht so viel investieren wie in anderen Stadtteilen." Später sei aber durchaus Geld für die Infrastruktur ausgegeben worden. Hier nennt auch Wiedl den Bau der gemeinsamen Grundschule. Und vor allem in die Burg Steinsberg, die von der Familie von Venningen an die Stadt verkauft wurde, sind Millionen Euro geflossen, betont der Ortsvorsteher. "Das hätte sich Weiler nie leisten können. Das war ein Glücksfall."
"Ganz weit im Hinterkopf" hat Wiedl noch Erinnerungen an die Eingemeindung, damals war er zehn Jahre alt. "Die Stimmung war mehrheitlich positiv", berichtet er. Was auch daran gelegen haben dürfte, dass weitere Unterstützung in Aussicht gestellt worden war. "Es war die richtige Entscheidung", bewertet Wiedl die Eingemeindung rückblickend. Als kleine Gemeinde ohne große Industrie hätte Weiler vieles alleine nicht leisten können. Mit einem Hauch Bedauern in der Stimme ergänzt Wiedl aber auch, dass die Sinsheimer Stadtteile im Gegensatz zu eigenständigen Orten nicht allein entscheiden können, an welcher Stelle Geld investiert wird. Der Ortschaftsrat erarbeitet zwar eine Maßnahmenliste. Grünes Licht gibt aber der Gemeinderat.
Als erstes eingemeindet wurde Dühren. "Mit wehenden Fahnen ist man nach Sinsheim gezogen", berichtet Ortsvorsteher Alexander Speer aus den Erzählungen eines Dühreners, der die Abstimmung miterlebt hat. Und auch hier wurde in die Infrastruktur des Orts investiert. "Das war das tollste und beste, was Dühren jemals passiert ist", sagt Speer auf die Frage, ob die Eingemeindung richtig war.
"Das Ziel des Gemeindezusammenschlusses war von Anfang an, das Gemeinschaftsbewusstsein zu stärken und gleichzeitig die Eigenständigkeit der Stadtteile soweit wie möglich zu erhalten", teilt Wricke mit. Trotzdem sprach Sinsheims erster Oberbürgermeister Helmut Gmelin anlässlich des großen Festakts am 26. Januar 1973 von einer Zäsur in der Verwaltungsgeschichte der Stadt. Schließlich war der bis dato existierende Landkreis Sinsheim am 1. Januar 1973 aufgelöst und der Großteil der ehemals zugehörigen Kommunen dem neu entstandenen Rhein-Neckar-Kreis angegliedert worden. Durch die Eingemeindung der zwölf Stadtteile hatte Sinsheim aber den Titel "Große Kreisstadt" erlangt und somit den größten Teil der Zuständigkeit des Landratsamts vor Ort sichern können.
"Unter Führung von Bürgermeister Helmut Gmelin, Verwaltungsrat Eugen Hillesheim und der aktiven Mitwirkung von Landrat Dr. Paul Herrmann und dessen Stellvertreter Dr. Horst Sieber begannen ab Oktober 1970 die Verhandlungen zwischen der Stadt Sinsheim und den umliegenden Gemeinden", erklärt Wricke. "Bis Steinsfurt schließlich als letzte der zwölf Gemeinden mit Wirken vom 1. Januar 1973 Stadtteil von Sinsheim wurde, gestalteten sich die Verhandlungen als schwierige Aufgabe für alle Beteiligten. Unsicherheiten und Ängste mussten abgebaut und Vertrauen aufgebaut werden", erläutert Wricke.
Ein halbes Jahrhundert später hat sich die Lage im ehedem ärmlichen Sinsheim deutlich verbessert, obwohl es in den Teilorten nach wie vor ältere Einheimische gibt, die der einstigen Unabhängigkeit nachweinen. Zudem kritisiert mancher, dass es nun deutlich länger braucht, um Entscheidungen zu treffen.
Eigentlich sollte das Eingemeindungs-Jubiläum gefeiert werden, in Hilbach gab es Pläne. Corona-bedingt klappt dies allerdings nicht.