Karl Mayer ist unerwartet gestorben
Seine Moderationen und seine zupackende Art werden fehlen. Er hielt Freundschaft, Dorfgemeinschaft und gegenseitige Hilfe hoch.

Sinsheim-Dühren. (tk) Er war für viele ein, wenn nicht gar das Gesicht Dührens: Die Stunden am Mikrofon bei den Historischen Erntetagen der Dreschgemeinschaft vor einem riesigen Publikum waren seine Hauptrolle. Karl Mayer, ein umtriebiger und markanter, aber auch leiser und bescheidener Charakter. Nun ist er gestorben.
Die Nachricht von seinem Tod ließ viele fassungslos zurück. Denn es wirkte wie vorgestern, als Mayer beim Dorfjubiläum Ende 2019 von Ortsvorsteher Alexander Speer die Dührener Münze für besondere Verdienste verliehen bekam. Speer nennt Mayer "einen echten, langjährigen Freund". Und gerade jetzt erst hatte man Mayer doch noch am Lenkrad seines alten Fendt gesehen; bis vor kurzem hatte er kraft- und liebevoll seine kranke Frau bis zum Tod umsorgt. Und mit seiner einprägsamen Stimme den letzten Bass im Evangelischen Kirchenchor gesungen. Denn Mayer war, obwohl er auch das nicht an die große Glocke hing, sehr gläubig. Manch einer im Ort hatte sich mit ihm auch gerade erst zu einem Arbeitseinsatz verabredet. Oder wollte von Mayer irgend etwas über das Dühren von früher wissen. Es sollte nicht sein.
Stimmungsvoll war Mayers Moderation beim historischen Erntetag. Mit wenigen, genauen Worten in einem typischen Klang konnte er Laien und Fachleute immer wieder fesseln. Das Wohl und die Wehen harter Arbeit, das Für und Wider des technischen Fortschritts, das Leben der einfachen Landleute sowie der bäuerliche Jahreslauf waren seine Themen. Mayer kannte die Geräte, über die er sprach, weil er sie selbst benutzt oder als junger Bursche bestaunt hatte. Die typischen Geräusche und Gerüche der alten Zeit, das Klappern der Dreschflegel im Morgendunst und in der Mittagsglut, die Dachbodenstimmungen beim Tabaksfädeln, den Duft des sehnlich erwarteten Vespers nach getaner Arbeit – er hat das alles erlebt. Und: Den Verzicht und die Schmerzen, die die Feldarbeit früherer Zeiten mit sich brachte. Romantisch, manchmal wehmütig, waren Mayers Bilder dieses Dührens, aber nicht verklärt.
Denn er wusste genau, wovon er redete: Aufgewachsen in der Landwirtschaft, war Karl früh – und nach dem frühen Tod seines Vaters vollkommen – eingebunden ins Säen und Ernten und in die Kreisläufe. Als er später im Nebenerwerb weitermachte und Postzusteller in den Bergdörfern und vor allem in Ehrstädt wurde, kam er im Kraichgau viel herum und mit vielen Leuten in Kontakt. Bis zum Ruhestand war das so; völlig ausgefüllt hat ihn das nicht, und Mayer wurde Gemeinderat, als Dühren vor der Kreisreform noch selbstständig war. Später war er Ortschaftsrat der Freien Wähler. Zu seinen Erfolgen zählt unter anderem, dass er sich gegen eine damals geplante Mülldeponie auf dem malerischen Kaisersberg wehrte. Das Ergebnis ist bekannt, die kommunalpolitische Laufbahn Mayers, von 1968 bis 1999, nicht so sehr.
Unverzichtbar war Mayer für die Dreschgemeinschaft, die zu ihrer Glanzzeit zwei Mal im Jahr Tausende in den Feldern am Seeweg erwartete. Die Moderationen Mayers – mit Strohhut, Hose aus breitem Kord, gekrempelten Hemdsärmeln und in die Ferne schweifendem Blick –, die mehrfach auch einem Fernsehpublikum bekannt wurden, waren aber nur das eine. Bis ins Alter war Mayer fit wie ein Turnschuh und strahlte das auch aus, packte im Verein viel mit an, gab Kindergartenkindern am Montag nach dem Kartoffel-Erntetag Sondervorstellungen. Unterstützer des Vereins fanden plötzlich Kisten mit Äpfeln, Zwetschgen, Kartoffeln und Nüssen vor der Tür, geerntet und als Dank diskret hingestellt von Mayer. Anderen im Ort half er beim Holzmachen oder mit dem Schlepper, wenn ihm selbst auch die Arbeit nicht ausging. Als einer der Freundschaft, Dorfgemeinschaft und gegenseitige Hilfe hochhielt, bleibt Mayer vielen in Erinnerung. Und auch sein Talent, das Dorfgeschehen in Reime zu packen, muss erwähnt werden.
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Karl Mayer starb plötzlich und unerwartet mit 81 Jahren. Möglicherweise auf eine Art, wie er es sich gewünscht hätte: beim Heckenschneiden. Er wird am Dienstag, 14. Juni, um 14 Uhr auf dem Friedhof in Dühren beigesetzt.