Reichartshausen

Wie der Eichelhäher dem Wald helfen soll

Die Vögel vergraben die Eichensamen und können so helfen, neue Bäume zu pflanzen

19.11.2020 UPDATE: 20.11.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 59 Sekunden
Bauhofmitarbeiter Thorsten Geier und Bastian Nelius, Försterin Melissa Rupp und Bürgermeister Gunter Jungmann auf einer nach Borkenkäferbefall geräumten Fläche. Foto: LRA

Reichartshausen. (zg) Mit Hilfe des Eichelhähers möchte die Gemeinde Reichartshausen einen neuen Wald begründen. Die großzügige Eichelmast macht das in diesem Jahr möglich. Um die Erfolgschancen zu erhöhen, bittet das Forstamt um Bürgerbeteiligung.

Damit bald Bäume sprießen, stellte Bürgermeister Gunter Jungmann zusammen mit Bauhofmitarbeitern und Försterin Melissa Rupp zwei "Hähertische" im Gemeindewald auf. Auch hier hat der Borkenkäfer in den letzten Jahren seine Spuren hinterlassen. Im sogenannten "Kaufwald" entstand eine Kahlfläche von rund 0,3 Hektar.Der "Hähertisch" soll bei der Wiederaufforstung helfen.

Um die diesjährige Mast zu nutzen, wendet die Gemeinde Reichartshausen nämlich einen kleinen Trick an: Der Eichelhäher soll die mühsame Saat übernehmen. Damit der Vogel motiviert wird, an bestimmten Stellen Eicheln zu vergraben, werden sogenannte "Hähertische" aufgestellt. Darauf bietet man dem Rabenvogel Eicheln, Maronen und Bucheckern an. Ein Eichelhäher vergräbt bis zu zehn Kilo Eicheln als Wintervorrat. Vergisst er das ein oder andere seiner 2000 Verstecke, entstehen daraus neue Bäumchen.

Hintergrund

Das kostenlose Angebot der Eicheln sollte im eigenen Wald genutzt werden. Ein solches Mastjahr bietet Waldbesitzern, die selbst gerne arbeiten, eine kostengünstige Alternative zur Pflanzung. Die Eicheln dürfen nur im eigenen Wald gesammelt und anschließend im eigenen Wald

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Das kostenlose Angebot der Eicheln sollte im eigenen Wald genutzt werden. Ein solches Mastjahr bietet Waldbesitzern, die selbst gerne arbeiten, eine kostengünstige Alternative zur Pflanzung. Die Eicheln dürfen nur im eigenen Wald gesammelt und anschließend im eigenen Wald wieder ausgebracht werden. Das Sammeln sollte in den nächsten sechs bis acht Wochen stattfinden. Um kaputte Eicheln auszusortieren, empfiehlt es sich, die Eicheln ins Wasserbad zu legen. Oben schwimmende Eicheln können entsorgt werden, da sie nicht keimfähig sind.

Es empfiehlt sich, die Eicheln noch im Herbst auszubringen. Sollte dies nicht möglich sein, kann eine Einlagerung im Keller bei vier bis acht Grad Celsius stattfinden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Eicheln nicht schimmeln. Diese können dann auch noch im Frühjahr ausgebracht werden. Eine händische Aussaat oder eine Aussaat mit Pflanzhaue oder Spaten ist ohne große Kosten möglich und auch für junge Familienmitglieder eine Erfahrung wert. (zg)

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Die Eiche produziert nicht jedes Jahr Eicheln. Nur alle fünf bis zehn Jahre kommt es zu sogenannten "Mastjahren", in denen so viele Eicheln produziert werden wie dieses Jahr. "Für den Wald ist es am natürlichsten, wenn Nachkommen aus dem gleichen Wald für die Begründung neuer Bestände genutzt werden", erklärt Försterin Rupp. So kann garantiert werden, dass die Nachkommen bereits an die örtlichen klimatischen und standörtlichen Gegebenheiten gewöhnt sind.

Die vergangenen drei trockenen Sommer waren für den Wald eine Krise. Es sind deutschlandweit rund 160 Millionen Festmeter Schadholz angefallen, auf einer Fläche von rund 245.000 Hektar. Nun stehen die Förster vor der Aufgabe, die Kahlflächen neu zu bepflanzen. Pflanzen brauchen zwei bis drei Jahre, bis sie von der Saatschule in den Wald gesetzt werden können. Da vor drei Jahren keine solch hohe Nachfrage an Eichen-Pflanzen abzusehen war, ist mit Pflanz- und Saatgut besonders sparsam umzugehen. In Deutschland ist es laut forstlichem Vermehrungsgutgesetz (FoVG) erlaubt, Samen aus dem eigenen Wald dort auch wieder auszubringen. Sie dürfen ansonsten nicht in den Verkehr gebracht werden, dafür braucht es eine besondere Prüfung. Die Eiche ist ein Hoffnungsträger im Klimawandel und daher ein besonders gefragtes Saatgut. Mit ihrer tiefreichenden Pfahlwurzel kann sie sich in den zunehmend trockener werdenden Sommermonaten länger mit Wasser versorgen als andere Baumarten. Eichen haben die Fähigkeit, sich ans Klima anzupassen und sich nach Blattverlusten durch Trockenheit wieder zu regenerieren.

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In der Corona-Zeit sind leider auch viele waldpädagogische Aktionen des Forstamtes ausgefallen. Um interessierten Menschen, insbesondere Familien und Klimaschützern im Wald eine eigenständige Aufgabe zu geben, wurde in Reichartshausen ein Programm zur Neubegründung des Waldes entwickelt. Vom Parkplatz am Jugendzeltplatz in Reichartshausen ist die Route zum Hähertisch ausgeschildert. Jeder ist eingeladen, dem Wald zu helfen, unterwegs Eicheln zu sammeln und dem Häher an der Kahlfläche anzubieten. Die Strecke kann zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Es sollte ein Zeitbedarf von zwei Stunden eingeplant werden. Mitzubringen sind Handschuhe gegen kalte Finger und ein Behältnis, um die Eicheln zu transportieren.

Auch in Wiesenbach am Parkplatz Todtenkopf und am Steinernen Tisch in Lobbach ist der Weg zu Hähertischen ausgeschildert.

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