Wenn Minipreise wichtiger sind als Qualität
Direktvermarkter haben es diesen Sommer nicht leicht. Viele Kunden schauen genauer aufs Geld oder bauen sich Gemüse selbst an.

Von Gabriele Schneider
Kraichgau. Die einen sagen, die Inflation sei der Grund, andere meinen, wenn es Bio-Obst und -Gemüse aus der Region im Supermarkt und sogar beim Discounter wesentlich billiger als beim Direktvermarkter am Ortsrand gibt, müsse man das doch nutzen. Sie fragen sich aber nicht, woher die günstigen Preise kommen und seit wann so viel Grünzeug in der Nähe angebaut wird. Immer weniger Verbraucher sind skeptisch und vertrauen auf die Qualität der Erzeugnisse der Landwirte in ihrer Umgebung. Was meinen aber Direktvermarkter zu diesem Wandel?
Michael Schütt betreibt die Demeter-Gärtnerei "Michaels Garten" in Aglasterhausen-Daudenzell. Er verkauft seine Produkte im eigenen Hofladen und auf dem Bad Rappenauer Wochenmarkt. Diesen Sommer sei das Einkaufen tatsächlich etwas verhaltener gewesen als in anderen Jahren. Kunden würden ihm sagen, wegen der Inflation hätten sie weniger Geld und kauften darum auch im Supermarkt. "Dort bekommt man aber eine andere Qualität für den niedrigeren Preis", formuliert es Schütt zurückhaltend.

Immer mehr Kunden hätten mittlerweile auch wieder einen eigenen Garten. Er weiß das, denn er verkauft auch Jungpflanzen. Das Schwierige: Auch für seinen Demeter-Hof seien natürlich die Kosten für Saatgut, Bewässerung und Löhne gestiegen. Und aufgrund des ungünstigen Wetters im Frühjahr und der Schwüle danach musste er Verluste aus Ernteausfällen stemmen.
Im Hofladen von Spargelhof Schechter in Kirchardt-Bockschaft, in dem es das ganze Jahr über Gemüse und, wie bei einem Nahversorger, vieles mehr für den täglichen Bedarf gibt, wundern sich die Betreiber, wie bestimmte Discounter unerklärlich billig Obst und Gemüse anbieten können. Und diese so preisgünstigen Waren in oft täglichen und riesigen Anzeigen in der Presse und auf verschiedenen Internetseiten anbieten können. Dies sei natürlich Anreiz für manch einen. "Die Leute gucken gerade oft genauer auf Preise als vorher", erkennt Renate Schechter. Aber sie betont, dass die Preise in ihrem Laden "gar nicht so signifikant gestiegen" seien, "gar nicht, um genau zu sein". Eigentlich müssten sie das aber, denn auch für die Landwirte steigen die Kosten.
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Aber sie erhöhen die Preise nicht, aus der Befürchtung heraus, dass dann noch mehr Kunden wegbleiben. Renate Schechter ist sicher, um den Geldbeutel zu schonen, sei es klüger, öfter und dafür kleinere Mengen einzukaufen. Dann habe man auch immer frisches Gemüse daheim, anstatt Produkte, bei denen man nicht sicher sein könnte, dass sie der gewünschten Qualität entsprechen.
Gabriele Walch, Landwirtin mit Hofladen in Gemmingen, weiß: "Im Sommer kommen immer weniger Kunden, als in anderen Jahreszeiten." Weil sie im Urlaub seien oder fänden, dass es "zu heiß zum Kochen" ist. Andere würden ihr Geld aber auch lieber "für Summervibes ausgeben", denn ein Aperol für sechs Euro scheine ihnen ein angemessener Preis, drei Euro für ein Kilo neuer Äpfel aus der Region aber nicht.
Was aber extrem zu schaffen mache, sei eine Jubiläumskampagne von Discounter Lidl, "die jeden Morgen über sämtliche Medien Preise für drei saisonale Produkte raushaut, die jedem ins Bewusstsein gehen", erklärt sie beunruhigt. Die tatsächliche Herkunft der Produkte stehe nur in den Printmedien-Anzeigen, fügt sie hinzu. Erst bei genauem Lesen erkenne man, dass "vermeintlich inländische Tomaten halt aus Spanien oder Tunesien und die Beeren aus Südamerika" kämen, und was hängenbleibe, seien leider einzig die billigen Preise.