Polizei ermittelt nach rassistischem Vorfall in Sinsheimer Betrieb (Update)
Mitarbeiter machte sich über den dunkelhäutigen Auszubildenden rassistisch lustig und filmte dies. Der Firmenchef verurteilte den Mitarbeiter und mahnte ihn ab. Nun tobt der Shitstorm.

Sinsheim. (dpa-lsw) Die Polizei ermittelt wegen eines Videos mit rassistischen Aussagen aus einem Handwerksbetrieb aus Sinsheim. Das bestätigte eine Sprecherin der Mannheimer Polizei am Donnerstag. In dem im Internet kursierenden Clip filmt ein Mann seinen dunkelhäutigen Kollegen bei der Arbeit und geht ihn mit diskriminierenden Sprüchen an. Er bezeichnet ihn unter anderem als "Buschmann" und spricht davon, Paddel kaufen zu wollen. "Irgendwie musst du ja von Italien zurück nach Afrika", sagt er.
Das Video sorgte für viel Empörung und Kritik im Netz. Über die sozialen Medien wurde auch die Polizei darauf aufmerksam. "Wir ermitteln in alle Richtungen", sagte die Sprecherin. Der Sachverhalt werde an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
"Wir distanzieren uns in aller Form von den Inhalten dieses Videos", teilte das Sinsheimer Unternehmen auf seiner Homepage mit. "Das Video gibt in keiner Weise die Unternehmenskultur wieder, die in unserem Unternehmen seit Unternehmensgründung gelebt wird." Medienberichten zufolge wurde der Mitarbeiter abgemahnt.
"Ein weiteres Beispiel dafür, wie die digitale Verrohung Hass und Rassismus befeuert", kommentierte der Antisemitismusbeauftragte von Baden-Württemberg, Michael Blume, das Video. Der Filmer beleidige den Kollegen ja nicht nur, sondern filme und teile das auch noch, sagte Blume der "Schwäbischen Zeitung".
Update: Donnerstag, 26. September 2019, 14.45 Uhr
Von Alexander Albrecht
Sinsheim. Ein Mitarbeiter filmt seinen dunkelhäutigen Kollegen an der Werkbank und macht sich offen rassistisch über ihn lustig. So geschehen in einen Sinsheimer Unternehmen. Und seit Kurzem in einem 45-sekündigen Internet-Clip auf Twitter zu sehen.
Die Aufnahme deutet stark darauf hin, dass der junge Afrikaner die Beleidigungen nicht richtig versteht. Der Filmer will den Auszubildenden mit zu einem Sportbekleidungsunternehmen nehmen. "Nein", sagt der Lehrling immer wieder. "Ich will nicht." Doch der Kollege lässt nicht locker und schlägt vor, in dem Geschäft zwei Paddel für ihn zu kaufen. "Irgendwie musst du ja von Italien zurück nach Afrika, Schlauchboote findest du da unten bestimmt genug." Und: "Ich gebe dir noch einen Zettel in die Hand, auf dem ,Ready to go’ steht".
Der Auszubildende scheint das nicht witzig zu finden. Er schmunzelt kurz, meint "Alles gut" und will einfach seine Arbeit machen. Damit endet das Video. Firmenchef Thomas Hammer bestätigt den Vorfall in dem Sinsheimer Handwerksbetrieb für Edelstahlverarbeitung. Und verurteilt ihn. "Ich distanziere mich ganz klar von dem Video. Was hier zu sehen ist, entspricht nicht unserer Unternehmenskultur", sagt Hammer auf RNZ-Anfrage.
Den filmenden Mitarbeiter habe er inzwischen abgemahnt. Dieser sei am Boden zerstört, wie Hammer berichtet. Zumal der Angestellte und der Azubi sich mögen und schätzen würden. Der Firmenchef weiß nicht, wann genau die Aufnahmen entstanden sind. "Es war aber offenbar so, dass der ,Filmer’ das Video einem Bekannten geschickt und dieser es im Internet verbreitet hat." Ob der Auszubildende mit der Veröffentlichung einverstanden war, weiß Hammer nicht. "Ich gehe aber mal nicht davon aus."
Hammers Telefon steht nicht mehr still. "Es ist krass, was hier abgeht." Dabei sei es auch im Interesse des Azubis, dass der Betrieb in geordneten Bahnen weiterläuft. Hammer verweist darauf, dass er schon häufig junge Menschen mit Migrationshintergrund ausgebildet hat. "Da hat es nie Probleme gegeben", erklärt er. "Hätten wir eine andere, rassistische Haltung, wäre der Lehrling doch niemals eingestellt worden", betont Hammer.
Eine Twitter-Nutzerin hat mittlerweile eine differenzierte Standardnachricht an die Firmenleitung formuliert. "Sicherlich wählen Sie ihre Mitarbeitenden mit Bedacht aus, und es könnte eine persönliche Enttäuschung darstellen, dass einer Ihrer Angestellten zu derartigen Anfeindungen fähig ist", heißt es darin. Umso wichtiger sei es, "dass Sie Verantwortung für sein Handeln übernehmen und sich hinter den von Rassismus betroffenen Mitarbeiter stellen. Das Verhalten wäre ein löblicher und vorbildlicher Umgang mit diesem Vorfall, zu dem leider viel zu wenige Firmen tatsächlich gewillt sind."
Außerdem sei es sinnvoll, der Belegschaft eine "qualifizierte antirassistische Schulung" anzubieten. Hierzu gebe es viele gute Coaches, die auch große Firmen beraten würden.